Anfang März reiste die ukrainische Parlamentarierin Lesia Vasylenko als Berichterstatterin des Europarats in die Schweiz. Sie befand sich auf einer sogenannten «Fact Finding Mission», denn die Schweiz soll auf dem Weg einer Resolution durch die parlamentarische Versammlung des Europarats verurteilt werden. Vasylenkos Erkenntnisse sollen als Grundlage dienen. Hintergrund der Untersuchung ist der Fall Magnitski. Allerdings belässt es die Ukrainerin im Vorbericht nicht bei einem Fazit zu den Ereignissen rund um die Affäre Magnitski, sondern fällt ein pauschales Urteil gegen die Schweiz: Die Informationen würden Anlass zur Sorge geben «dass es ein grosses Risiko gibt, dass das Schweizer Bankensystem ein attraktives Ziel für russisches Schwarzgeld wird». Das berichtet der «Sonntagsblick. »
Die happigen Vorwürfe stossen unter Schweizer Politikern teils auf Kritik. SVP-Nationalrat Alfred Heer stellt die Schweizer Ukraine-Hilfen infrage. Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller sagt, dass man «die komplett pauschalisierende Vorwürfe an die Schweiz» nicht akzeptieren könne. FDP-Ständerat Damien Cottier will den Bericht mit Verweis auf das Amtsgeheimnis nicht kommentieren und hofft auf eine finale Fassung, die ausgewogen ist. SP-Ständerätin Franziska Roth findet hingegen, dass es richtig sei, wenn andere europäische Länder die Schweiz beim Thema Sanktionen anprangern.
Umweltskandal Blausee: 140 Lastwagenladungen Abfall illegal entsorgt
Der «NZZ am Sonntag» liegt exklusiv ein Entwurf der Anklageschrift im Fall Blausee vor. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern wirft einem Transportunternehmer vor, im Steinbruch oberhalb der weltweit bekannten Touristenattraktion 140 Lastwagenladungen Abfall illegal entsorgt zu haben. Der betreffende Steinbruch liegt in einer Gewässerschutzzone, hier darf nur absolut sauberes Material abgelagert werden. Der Transportunternehmer soll insgesamt 4050 Tonnen Abfall wissentlich falsch deklariert und widerrechtlich in den Steinbruch gekippt haben. Er hat so Entsorgungskosten gespart. Besonders brisant: Ein Teil des Materials war mit Giftstoffen belastet. So haben die Behörden unter anderem Arsen, Ammonium, Antimon und PAK gefunden. Für den Unternehmer gilt die Unschuldsvermutung. Der Prozess wird in den kommenden Monaten stattfinden. Der Blausee sorgte schweizweit für Schlagzeilen, weil es ab 2018 zu mehreren mysteriösen Fischsterben kam.
Ex-Oberbefehlshaber der US-Army in Europa rät der Schweiz, sich auf einen Krieg vorzubereiten
Der ehemalige Dreisternegeneral Ben Hodges erwartet, dass der US-Präsident Donald Trump amerikanische Soldaten aus Europa abzieht. «Die Frage ist nur, wann und wie viele», sagt er im Interview mit «SonntagsBlick.» Hodges war von 2014 bis Ende 2017 Oberbefehlshaber der U.S. Army in Europa. Ein US-Abzug würde das Risiko erhöhen, dass Putin den Krieg auf andere europäische Länder ausweitet, warnt Hodges. Sollte Russland in der Ukraine Erfolg haben, könnten als Nächstes Moldau oder die baltischen Staaten ins Visier geraten. Auch die Schweiz müsse sich wappnen: «Der beste Weg, einen Krieg zu verhindern, ist, sich darauf vorzubereiten.» Hodges bezweifelt, dass Russland die Schweizer Neutralität respektiert. Das müsse nicht gleich heissen, dass russische Panzer in die Schweiz rollen. Doch Russland störe bereits den Freihandel als Teil einer hybriden Kriegsführung. Und die Schweiz sei dagegen nicht immun, so Hodges. Als Lehre aus dem Ukraine-Krieg empfiehlt er der Schweizer Armee, «massiv in Luftabwehr zu investieren». Zudem müsse das Schweizer Militär in gross angelegten Manövern trainieren, wie einst im Kalten Krieg, als es darum ging, eine hochgerüstete russische Armee bekämpfen zu können.
On foutiert sich um Klagedrohung der Swissness-Aufseher
Die Schuhfirma On produziert ihre Schuhe in Südostasien, wirbt aber in vielen Ländern mit dem Schweizerkreuz. Das ist dem Verein Swissness Enforcement, der das nationale Swissness-Gesetz weltweit durchsetzen soll, ein Dorn im Auge. Dessen Geschäftsführer David Stärkle hatte On deshalb vor rund einem Jahr mit juristischen Schritten gedroht, falls der Konzern seine Praxis nicht überdenke. Seither haben sich die Juristen der beiden Lager mehrfach ausgetauscht. Zu einer Annäherung kam es aber nicht. Auf Anfrage der «NZZ am Sonntag» stellt On unmissverständlich klar, dass man nicht gewillt ist, wie im Heimmarkt auch im Ausland auf die Verwendung des Schweizerkreuzes zu verzichten. Das Unternehmen sieht «keine Grundlage» für die rechtliche Kritik des Vereins. Eine Sprecherin schreibt: «Wir sind der festen Überzeugung, dass wir in allen Ländern, in denen wir unsere Produkte vermarkten, einschliesslich der Schweiz, alle relevanten Marketingvorschriften einhalten.» Swissness Enforcement, getragen von wichtigen Vertretern der Schweizer Wirtschaft, wird nun Ende März an der Jahresversammlung darüber beraten, ob man On vor Gericht bringen will – oder still und leise einen Rückzieher macht.
Die Administration Trump prüft, ob die ETH Zürich auf ihrer Linie forscht
Nun erreicht die amerikanische Disruption der Wissenschaft auch die Schweiz: Wie die ETH Zürich gegenüber der «NZZ am Sonntag» bestätigt, hat sie von der US-Administration einen Fragebogen erhalten. «Es geht hauptsächlich um Fragen zur Einhaltung politischer Vorgaben der neuen US-Regierung», schreibt die Medienstelle. Konkret betreffen die Fragen ein Forschungsprojekt, das mit US-Geldern finanziert wird. Da der Fragebogen als «vertraulich» klassifiziert ist, will ihn die ETH nicht herausgeben. Aus dem Ausland ist aber bekannt, was die US-Behörden von den Hochschulen wissen wollen. Es geht etwa um Gender- und Klimathemen, die beim US-Präsidenten auf der roten Liste stehen. Ein Insider erwartet, dass alle Projekte in der Schweiz, welche US-Gelder erhalten, so hinterfragt werden.
Die amerikanische Intervention bei der ETH Zürich wird von der Politik kritisch aufgenommen. «In unserem Land herrschen Forschungsfreiheit und das Gebot der gleichen Rechte für alle. Wenn die USA diese hier beschneiden wollen, können und dürfen wir das nicht akzeptieren», sagt die FDP-Nationalrätin Simone de Montmollin, Präsidentin der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur, in der «NZZ am Sonntag». Und: «Wenn diese Praxis grössere Dimensionen annimmt, dann muss die Politik einschreiten.» Für die grüne Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber kommt die US-Intervention nicht überraschend: «Es ist klar, dass Donald Trump seine diktatorische Politik überall durchziehen will.» Nun zeige es sich, wie heikel die Abhängigkeit der Forschung von Drittmitteln sei. Von der ETH erwarte sie, dass sie gegenüber Druckversuchen standhaft bleibe. Noch ist offen, wie die ETH reagiert. Sie will sich mit anderen Schweizer Hochschulen absprechen. (has)