Seine Homepage hat er noch nicht angepasst, dort lächelt Jon Pult immer noch im blauen Hemd, den obersten Knopf geöffnet. Sonst aber begegnet uns der 39-Jährige auf allen Kanälen nur noch mit Anzug und Krawatte. Es ist nicht zu übersehen: Aus dem Ex-Juso ist ein Bundesratskandidat geworden.
Ganz geheuer scheint ihm diese Selbstverpuppung nicht zu sein. Als Pult in «TalkTäglich» gefragt wurde, was der grösste Unterschied zu Alain Berset sei, antwortete dessen Möchtegern-Nachfolger nicht etwa politisch. Sondern stilistisch: «Das Modebewusstsein – nicht meine Welt.»
Vielleicht ist es ein Fortschritt, dass inzwischen mehr über Äusserlichkeiten von Männern als von Frauen gesprochen wird. In den Feuilletons sind seitenlange Abhandlungen über die Frisuren von Rechtspopulisten zu lesen, anlässlich der Wahlerfolge von Geert Wilders in Holland und von Javier Milei in Argentinien. Für den «Tages-Anzeiger» symbolisiert deren Mähne den «Anschein harmloser Verspieltheit», die NZZ erkennt darin ein «Zeichen von Manneskraft». Für diese wilden Theorien müssen auch gleich noch Trump und Boris Johnson ihren Kopf hinhalten.
Wir wollen Jon Pults Krawatte nicht allzu hoch hängen. Doch kombiniert mit den Diagnosen zu Wilders & Co. könnte man folgende These ableiten: Um Erfolg zu haben, müssen Rechte bürgerliche Konventionen brechen – und Linke diese übernehmen. Kulturelle Aneignung übers Kreuz also.
Jean Ziegler, der ewige Jungsozialist, trägt oft edle Dreiteiler. Er sagte einst, im Gewand des Klassenfeindes aufzutreten, verleihe seinen Anliegen mehr Wirkungskraft. Für diese Erkenntnis brauchte Ziegler keine Bundesratskandidatur.