Flavio Fuoli
Vor einem Jahr hatte sich Thomas Hächler (FDP), der langjährige Finanzvorstand, eine Kandidatur als Gemeindepräsident für den Wahlgang vom 7. März 2010 ernsthaft überlegt. Er war so was wie ein Kronprinz. Er hätte seinen Parteikollegen Werner Gutknecht beerbt, der nach zwei Amtszeiten, wie schon bei Amtsbeginn vorausgesagt, zurücktritt. Thomas Hächler kann aus beruflichen Gründen nicht. Der ZKB-Direktor hat ein für ihn einmaliges Jobangebot erhalten (siehe unten).
Bahn frei für eine Frau
Hächler hätte die Wahl aufgrund seiner Reputation zweifellos gewonnen. Nun tritt an seine Stelle eine Frau: Sandra Rottensteiner (45) von der EVP. Rottensteiner ist zwar erst seit März 2008 im Rat, hat sich aber durch ihre erfrischende Art und unter anderem durch die Abwicklung der Alterszentrumsvorlage mit Kosten von 29 Millionen Franken einen Namen gemacht.
«Ich habe im Verlaufe meiner Amtszeit gesehen, was es heisst, ein Präsidium zu führen. Das spricht mich an. Ich kann meine Begabungen hineingeben. Ich habe Freude am aktiven Mitgestalten und an der Öffentlichkeitsarbeit. Das Präsidium wird sehr stark nach aussen wahrgenommen. Das finde ich spannend. Ich mag die Nähe zum Bürger», erklärt sie gegenüber der Limmattaler Zeitung.
Dass sie als Frau antritt, das sei für sie kein Thema. Viel lieber spricht sie von der möglichen und angenehmen Zusammenarbeit mit der Verwaltung, mit der sie unter anderem im Verwaltungs- und dem Finanzausschuss des Gemeinderats zusammenarbeitet.
Visionen für Dorfentwicklung
Würde sie gewählt, wäre für Sandra Rottensteiner die Dorfentwicklung ein erstes Thema. «Wir müssen in unserem Dorf Visionen entwickeln, welche die Bürger teilen. Deshalb ist der Leitbildprozess im Gemeinderat wichtig. Die Dorfentwicklung soll man mit den Bürgern erreichen. Der Gemeinderat hat in den letzten Jahren gezogen, doch das Volk hat nein gesagt, zum Beispiel bei den Einzonungen. Es braucht eine Gesamtvision, welche das Volk mitträgt. Gleich nach der Konstituierung soll der Gemeinderat sich vorab an die Erarbeitung des Leitbilds machen», blickt Rottensteiner voraus. Und: «Man muss die Interessengemeinschaften abholen und einen Konsens finden. Wenn man die Leute abholt, kommt man weiter.»
«Mitdenken und mitreden»
Sandra Rottensteiner ist beruflich flexibel. Sie hat ihren Job bereits nach der Wahl in den Gemeinderat reduziert. Zeit hätte sie also, aber was ist mit den Führungseigenschaften? «Ich traue mir das absolut zu», erklärt sie bestimmt, «ich bin im Gemeinderat jetzt schon sehr aktiv im Mitdenken und Mitreden. Ich kann auch mit Kritik umgehen. Ich habe schon Führungserfahrung gesammelt, unter anderem mit dem Vorsitz der Baukommission fürs Alterszentrum.»
Wie die EVP Urdorf mitteilt, portiere sie Sandra Rottensteiner nach einem Beschluss der Generalversammlung fürs Gemeindepräsidium. Sie sei aufgrund der ausgewiesenen Qualitäten für Wähler sämtlicher Couleur wählbar. Bei den anderen Ortsparteien habe die EVP nach Sondierungen erste positive Signale empfangen.
Sandra Rottensteiner
Sandra Rottensteiner (EVP) ist am 10. Juni 1964 geboren. Sie ist verheiratet und Mutter zweier erwachsener Kinder im Alter von 18 und 20 Jahren. Von Beruf ist sie Kauffrau. Im Gemeinderat ist sie seit März 2008. Ihre Hobbys sind lesen, laufen und ihr Hund. (fuo)
Thomas Hächler, der wiederum als Gemeinderat kandidiert, hatte sich intensiv mit dem Amt des Gemeindepräsidenten auseinandergesetzt. «Ich habe ein Programm entwickelt, das ich gerne ausgelöst hätte. Nun bringe ich es so in die neue Amtszeit ein», erklärte er auf Anfrage. Hächler ist bei der ZKB verantwortlich für die Informationssicherheit, was Daten, Personen, Objekte und Informationen umfasst.
Er hätte einen Teil dieser Führungsaufgabe abgegeben. Dann aber habe er «ein sensationelles Angebot der ZKB» erhalten, die Umsetzung der strategischen Projekte im Bereich Logistik. «Das habe ich annehmen müssen», gesteht er. «Eine einmalige Chance im Berufsleben.» Damit hätte er das Amt des Präsidenten nicht mehr «seriös und in guter Qualität und zum Wohle der Gemeinde, so wie ich es verstehe, ausführen können».