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Bilanz

«Die beste EM aller Zeiten»: So bilanzieren Turnierdirektorin Doris Keller, die SBB und das Baspo den Event

Zwei Tage, nachdem die Europameisterschaft in der Schweiz mit der Titelverteidigung Englands endete, ziehen das Baspo, die SBB und Schweiz Tourismus ein erstes Fazit.

«Danke für die beste EM aller Zeiten.» Das schrieb Schweizer Nati-Trainerin Pia Sundhage am Montagabend an EM-Turnierdirektorin Doris Keller. Sie sei auf dem Weg zurück nach Schweden, um dort Ferien zu machen, und höre alle sagen: «Danke Schweiz.» Diese Aussage passt in die Bilanz, die zwei Tage nach dem Ende des Heim-Turniers gezogen wird.

Von links: Robert Breiter, Generalsekretär SFV, Doris Keller, Turnierdirektorin Weuro, Reto Liechti, Leiter Produktion Personenverkehr SBB, Martin Nydegger, Direktor Schweiz Tourismus, und Sandra Felix, Direktorin Baspo.
Bild: Peter Schneider/Keystone

Eine Rekord-EM in allen Bereichen

«Wir haben uns 820 Tage lang auf dieses Turnier vorbereitet und als Beatrice Egli dann die Hymne angestimmt hat, hatte ich Tränen in den Augen», sagt beispielsweise SFV-Generalsekretär Robert Breiter. «Es waren tolle Emotionen. Ich würde heute gerne wieder an ein Spiel im Stadion gehen oder an einem Fanmarsch teilnehmen.» Alle zusammen hätten an dieser «fantastischen EM» beste Werbung für die Schweiz und für den Frauenfussball gemacht. Ausserdem bedankt sich Breiter ganz explizit bei Turnierdirektorin Doris Keller.

Diese erinnert sich in ihrem Fazit an einen Moment von vor zwei Jahren. «Als wir unsere Turnierziele präsentierten und sagten, wir möchten ein ausverkauftes Turnier, habe ich in viele fragende Gesichter geblickt», sagt Keller lächelnd. Doch das Ziel wurde beinahe erreicht. Mit 657’291 Zuschauenden war die EM zu 97 Prozent ausverkauft.

Das ist aber nicht die einzige Zahl, die es nach dem Grossanlass zu nennen gibt. 50 Prozent Frauenanteil im Stadion, 35 Prozent internationale Fans, sogar aus den USA. Hinzu kommen mehr als 100’000 Teilnehmende an Fanmärschen und 500 Millionen TV-Zuschauende. Es sind eindrückliche Zahlen nach einem eindrücklichen Turnier.

Während der EM wurden laufend Rekorde gebrochen. Hier zum Beispiel die Gesamtzuschauerzahl während des Turniers.
Bild: Jean-Christophe Bott/Keystone

Nun geht es darum, die Euphorie am Leben zu erhalten

Martin Nydegger, der Direktor von Schweiz Tourismus, erwähnt die 35-Prozent der ausländischen Zuschauenden ganz explizit. An der Euro 2022 waren es denn noch 15 Prozent weniger, das Ziel von ihrer Kampagne sei also erreicht worden.

Um gleich mit eindrücklichen Zahlen weiterzumachen: Die SBB stellte während der EM 400 Extrazüge zur Verfügung und brachte 534’000 Matchbesucherinnen in die Stadien. Reto Liechti, der Leiter Produktion Personenverkehr SBB, sagt: «Wir haben nach den Spielen zwei von drei Fans wieder heimgebracht und damit insgesamt 2,5 Millionen Liter Diesel eingespart.» Auch aus seiner Sicht sei die EM deswegen ein Erfolg gewesen.

Ein nicht geöffneter Bahnhof in Genf und Probleme in Basel

Kritik an der EM gab es kaum. In zwei Fällen traf sie allerdings die SBB. Ausgerechnet beim Eröffnungsspiel der Schweiz gegen Norwegen in Basel sorgte eine Störung in Frenkendorf dafür, dass die Züge verspätet beim Stadion St. Jakob-Park eintrafen. «Zwar kamen zwar alle nach Hause, aber leider ein wenig verspätet», sagt Reto Liechti, Leiter Produktion Personenverkehr SBB.

Der zweite Fall betraf das Halbfinalspiel zwischen Italien und England in Genf. Da die Partie in die Verlängerung ging, kam es wegen des parallel stattfindenden Paléo Festivals in Nyon zu einem Engpass auf der Strecke von Lancy Pont-Rouge nach Genf. Die Züge blieben vorübergehend stehen, für viele war unklar, ob sie die Züge Richtung Deutschschweiz in Genf erreiche würden. Ein SBB-Mitarbeiter musste deswegen in Lausanne übernachten. «Das waren unnötige Verspätungen», sagt Liechti. «Wir werden das analysieren.»

Für Kritik hinter den Kulissen sorgte zudem die Tatsache, dass Genf den Bahnhof direkt beim Stade de Genève, der 2008 für die Männer-EM gebaut worden war, nicht öffnete. Die Zuschauenden wären so viel schneller direkt nach Genf gelangt. «Der Bahnhof entsprach den Ansprüchen dieser Euro nicht», sagt Cindy Reymond, Generalsekretärin des Vereins Frauen-Euro 2025 in Genf. «Deshalb wählten wir den grösseren Bahnhof Lancy Pont-Rouge aus.»

Nachhaltigkeit ist das Ziel

Für Sandra Felix, Direktorin des Bundesamts für Sport, war die Women’s Euro ein Meilenstein für den Frauenfussball, der nur dank Teamgeist auf höchstem Niveau möglich gewesen sei. Nun gehe es darum, sagt sie, die Euphorie rund um den Frauenfussball mit gezielter Förderung und dem Ausbau von Infrastrukturen am Leben erhalten.

Die ausgelöste landesweite Begeisterung habe gezeigt, dass die Schweiz überzeugende Ausrichterin von Sportanlässen mit nationaler wie internationaler Strahlkraft sein könne. Das sei laut Baspo auch ein Zeichen im Hinblick auf die Durchführung möglicher weiterer Sportgrossanlässe, wie beispielsweise die Eishockey WM 2026. Für solche wolle man die Erfahrungen aus der EM nutzen, mit dem Fokus darauf, die wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln.

SFV-Generalsekretär Breiter warnt nach Abschluss der EM aber auch: «Wir sind wieder in der Realität angekommen. Nun sind wir erst recht gefordert.» Denn nun müsse man dafür sorgen, dass der Erfolg des Turniers nachhaltig in die Zukunft gezogen werden könne. «Wir haben stets betont, dass wir nicht nur ein erfolgreiches Turnier haben wollen, sondern wir möchten den Frauenfussball nachhaltig auf ein neues Level hieven und für eine bessere Stellung der Frauen im Fussball sorgen. Wir haben uns dafür von England inspirieren lassen, die genau das mit ihrer EM erreichten.»