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Kommentar

Den Erdbebenopfern helfen, selbst wenn Assads Regime zulangt

In der Katastrophe zeigt sich, welch verheerende Auswirkungen die jahrelange Selbstbedienung bei der UN-Hilfe durch das syrische Regime hat. Die EU muss trotzdem handeln, damit nicht wieder das Volk als Leidtragender auf der Strecke bleibt.

UN-Lastwagen mit Hilfsgütern für die Erdbebenopfer in Syrien warten am Grenzübergang Bab al-Hawa in der Provinz Idlib auf die Abfertigung. 
Bild: Ghaith Alsayed / AP

Nur ein Bruchteil der internationalen Hilfe für das Erdbeben in Südostanatolien kommt bisher in den Unglücksgebieten auf der syrischen Seite der Grenze an. Millionen Menschen dort leiden seit Jahren unter Krieg und Verfolgung durch das Assad-Regime in Damaskus – jetzt sterben viele, weil es an Räumgerät zur Rettung von Opfern aus zerstörten Gebäuden und an Medikamenten zur Versorgung der Überlebenden fehlt.

Die EU und andere Geldgeber wollen vermeiden, dass ihre Erdbebenhilfe für Syrien dem Machthaber Assad nützt. Die Spaltung Syriens in Herrschaftsgebiete der Regierung und islamistischer Rebellen nach dem langen Bürgerkrieg seit 2011, die westlichen Sanktionen und Assads Entschlossenheit, die Erdbebenhilfe als Hebel gegen seine Gegner zu benutzen, machen dies schwierig.

Warten und verhandeln ist jedoch keine Alternative: Wie in der Türkei brauchen auch die Erdbebenopfer in Syrien so schnell wie möglich Unterstützung von aussen.

Deshalb ist es richtig, dass Europa jetzt Millionensummen für Syrien bereitstellt und bei der geplanten Geberkonferenz im März wahrscheinlich noch mehr Geld freigeben wird.

Zwar ist schon jetzt absehbar, dass nicht alle Gelder und Hilfsgüter an Assad vorbei an die Opfer gehen wird. Die Regierung in Damaskus zweigt seit Jahren einen Teil der UN-Hilfe für die Bevölkerung für sich selbst ab. Schützlinge des Regimes profitieren von Aufträgen der UNO im Land.

In der Provinz Idlib im Nordwesten des Landes spült der UN-genutzte Grenzübergang für Hilfslieferungen Geld in die Kasse der dort herrschenden Islamisten-Miliz HTS aus dem Dunstkreis des Terrornetzwerkes Al-Kaida. Auch bei der Verteilung der neuen Erdbebenhilfe sind in beiden Landesteilen sind solche Missstände unausweichlich.

Trotzdem muss es diese Hilfe geben. Die Erdbebenopfer können nichts dafür, dass sie vom Gewaltherrscher Assad oder Islamisten regiert werden. Die Europäer werden sich wahrscheinlich die Hände schmutzig machen müssen, um über eine – wenn auch nur indirekte – Kooperation mit einem Diktator und einer Dschihadisten-Gruppe an die Hilfsbedürftigen heranzukommen. Aber sie müssen es tun.