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Kommentar

Das tun, was möglich ist: Selenskis Rede ist ein Fingerzeig an die Schweiz

Wolodimir Selenski beweist ein gutes Gespür für die Schweizer Befindlichkeiten: Er verzichtet auf Kritik und erinnert an die Stärken der Schweiz. Nun sollte nur noch Bern begreifen, was zu tun ist.
Der ukrainische Präsident hielt am Donnerstagnachmittag eine Rede vor dem Schweizer Parlament.
Bild: Bild: Peter Klaunzer / EPA

Die neue ukrainische Botschafterin in Bern und ihr Team haben die Schweiz gut begriffen. Sie bereiteten ihrem Präsidenten eine Rede vor, massgeschneidert auf die Schweizer Befindlichkeiten. Eine geschickte Rede, die den Ton traf, mit dem man im Bundeshaus die Leute erreicht. (Man wünschte sich so viel Fingerspitzengefühl mitunter von der EU.)

Selenski erwähnte den Streit über die Waffenlieferungen sowie er auch die Oligarchengelder erwähnte. Und selbstverständlich liess er durchblicken, dass ihm ein Kurswechsel lieb wäre. Doch er unterliess es, die zögerliche Schweiz zu kritisieren und konkrete Forderungen zu stellen.

Vielmehr dankte er der Schweiz, dass sie die EU-Sanktionen mitträgt. Und er lud sie ein, sich nun vorerst dort zu engagieren, wo sie aufgrund ihrer Geschichte und ihres bisherigen Engagements über Expertise verfügt: bei der Friedensförderung und beim Wiederaufbau.

Selenski, dessen Land Tausende Tote zu beklagen hat, dessen Städte nach der Zerstörung eines Staudamms unter Wasser stehen und von Raketen getroffen werden, dieser Kriegspräsident schaffte es, der Schweiz einen Perspektivenwechsel aufzuzeigen, der hier bisher nicht gelungen ist: Statt im Kreis herum über Probleme zu streiten, die sich kaum rasch lösen lassen, soll sich die Schweiz endlich darauf konzentrieren, ihr Möglichstes zu tun, dort, wo sie das kann - mit einem Hilfspaket in Milliardenhöhe und friedensfördernden Massnahmen wie etwa der Suche nach Vermissten.