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Credit Suisse mit erneutem Milliarden-Verlust ++ 2700 Stellen fallen weg ++ Kapital wird um 4 Milliarden erhöht

Die ins Strudeln geratene Grossbank hat am Donnerstag ihren Rettungsplan präsentiert. Dieser fällt drastisch aus: Die Credit Suisse baut kurzfristig 2700 Stellen ab, langfristig fallen durch die neue Strategie gar 9000 weg. Und die CS kommt auch nicht um eine milliardenschwere Kapitalerhöhung umhin. Zudem schreibt sie das vierte Quartal in Folge tiefrote Zahlen.

Dank Umbau ins richtige Fahrwasser: Präsident Axel Lehmann verpasst der Credit Suisse eine neue Strategie und hofft auf den Turnaround.
Bild: Stefan Kaiser

Am Donnerstagfrüh hat die Credit Suisse endlich Klarheit geschaffen. Der Verwaltungsrat der international wie auch in der Schweiz tätigen Grossbank machte seine Pläne publik, wie er den ins Strudeln geratenen Konzern wieder ins richtige Fahrwasser manövrieren will.

Doch zuerst einmal räumte Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann Fehler ein:

«Wir haben erkannt, dass wir in den letzten Jahren unkonzentriert geworden sind.»

In den vergangenen Wochen und Monaten seien der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung jedoch über die Bücher gegangen. Nun könnten sie sagen, dass mit der «neuen, radikale Strategie» das Fundament geschaffen werde für eine «stärkere, widerstandsfähigere und effizientere Bank», wird Lehmann in eine Mitteilung vom Donnerstag zitiert. «Kern» davon soll auch eine starke «Schweizer Bank» sein.

Grössere Eingriffe als im Vorfeld befürchtet

Erleichtert sein dürfte über diese Strategie auch die neue Führungsspitze um CEO Ulrich Körner. Damit hofft sie der brodelnden Gerüchteküche ein Ende zu bereiten. Seit der Ankündigung Ende Juli, die Strategie des Unternehmens auf den Prüfstand zu stellen, waren fast im Tagesrhythmus neue Spekulationen zur Zukunft der CS aufgekommen.

Damit ist klar: Die Restrukturierung bei der Credit Suisse fällt radikaler aus als von vielen Beobachtern befürchtet. Denn die Bank zeigt sich gewillt, die Kosten wesentlich stärker zu senken als im Vorfeld angekündigt. Andererseits plant sie eine massive Erhöhung des Aktienkapitals. Zudem fährt sie das Investmentbanking massiv herunter respektive lagert einen Teil dieses Geschäfts aus.

Fokus auf Vermögen, Schweiz und Anlagen

Ulrich Körner, Chef der Credit Suisse, will die Grossbank auf Kunden und Aktionäre neu ausrichten.
Bild: HO

«Unser neues integriertes Geschäftsmodell legt den Fokus auf das Wealth Management, die Swiss Bank und das Asset Management», wird Ulrich Körner in der Mitteilung zitiert. Sprich: Die CS setzt in Zukunft aufs Vermögensverwaltungsgeschäft, den Heimmarkt Schweiz und das Anlagengeschäft.

«Zudem werden wir die Investment Bank tiefgreifend umstrukturieren, die Kapitalbasis stärken und unsere Kostentransformation beschleunigen»

... sagt Ulrich Körner. Die Bank sei überzeugt, dass die Credit Suisse «mithilfe dieser Massnahmen eine stabilere Performance erzielen und bleibende Werte für unsere Stakeholder schaffen wird.»

9000 Stellen fallen weg – 2,5 Milliarden Franken werden eingespart

Bei der Strategieüberprüfung hatte die CS angekündigt, die absolute Kostenbasis der Bank mittelfristig auf unter 15,5 Milliarden Franken zu senken. Das wären Einsparungen von rund 10 Prozent.

Wie die Bank nun mitteilt, wird die Kostensenkung «beschleunigt» und soll noch grösser ausfallen als angekündigt. Konkret sollen die Kosten im Jahr 2025 noch 14,5 Milliarden Franken betragen, wie die CS am Donnerstag schreibt. Auf dem Weg dorthin sollen im kommenden Jahr bereits 1,2 Milliarden eingespart werden. Bereits in der zweiten Hälfe des laufenden Jahres sollen erste Massnahmen dazu umgesetzt werden.

Bereits im Juli war deshalb klar, dass das Unternehmen auch beim Personal den Rotstift ansetzen wird. Allerdings fällt der Stellenabbau höher aus als befürchtet. Gemäss Mitteilung baut die Credit Suisse 9000 Stellen ab und will Ende 2025 so noch auf 43'000 Vollzeitstellen kommen. Bereits angelaufen sei der Abbau von 2700 Stellen bis Ende diesen Jahres.

Was der Stellenabbau für die Schweiz bedeutet, dazu äussert sich die Bank bislang nicht im Detail. Klar ist bislang nur: Nebst Entlassungen soll der Stellenabbau laut CS auch durch natürliche Abgänge umgesetzt werden.

Bank zieht Lehren aus Archegos-Debakel

Ins Visier nimmt die Konzernspitze auch das Investmentbanking. Zwar will sie in Zukunft nicht ganz auf diese Sparte verzichten, die ihr zuletzt grosse Verluste eingebrockt hatte. Allerdings wird die Vermögensverwaltung zurückgebaut respektive ein Teil davon an die Credit Suisse First Boston ausgelagert. So sollen die Risiken minimiert werden.

Damit feiert die bis 2006 bestehende, einstige Investmentbanking-Division der Credit Suisse, ein Revival. Die CS First Boston war damals im Zuge einer Reorganisation der Credit Suisse aufgegeben worden, um gegenüber Kundinnen und Kunden neu einheitlich als Credit Suisse aufzutreten. Nun soll sie neu belebt werden und das Vermögensverwaltungsgeschäft nach «einer Übergangszeit» teilweise darin ausgelagert werden.

Nach zahlreichen Pleiten, Pech und Pannen justiert die Schweizer Grossbank Credit Suisse ihre Unternehmensstrategie.
Bild: Andrea Zahler

Gegenüber SRF führte Verwaltungsratspräsident Lehmann mit Blick auf die Schweiz aus, man werde die Anzahl Mitarbeitenden hierzulande «über die nächsten drei Jahre reduzieren, auf etwa 14'000». Sprich: In der Schweiz-Bank sollen in den kommenden drei Jahren etwa 2000 Vollzeitstellen abgebaut werden. Das soll nach Möglichkeit durch natürliche Fluktuation geschehen oder indem Mitarbeitenden nach Möglichkeit interne Alternativen angeboten werden.

Bad Bank zur Abwicklung problematischer Bereiche

Damit zieht die Bank auch einen Schlussstrich unter das Debakel mit dem Hedgefund Archegos im März 2021, bei dem die Investmentbanker sich verspekulierten und 5 Milliarden Franken in den Sand setzten. Damit nicht genug: Im gleichen Monat folgte der Kollaps des Lieferkettenfinanzierers Greensill, der für die CS ebenfalls im Debakel endete.

Zudem richtet die Credit Suisse als Teil des Umbaus der Investmentbank eine sogenannte Bad Bank ein. In dieser Einheit sollen nicht-strategische, renditeschwache oder risikoreiche Geschäfte abgewickelt werden, wie es heisst. Durch die Auslagerung steht das bisher dafür eingesetzte Eigenkapital der Bank anderweitig zur Verfügung.

CS braucht frisches Geld – Saudis stehen bereit

Zudem will die Credit Suisse ihr Aktienkapital um 4 Milliarden Franken erhöhen um an neues Geld zu kommen. Wie die CS schreibt, hat die Saudi National Bank, die grösste Bank Saudi Arabiens, bereits zugesichert, bis zu 1,5 Milliarden Franken einzuschiessen. Sie könnte damit bis zu 9,9 Prozent Anteile erreichen.

Beobachter hatten sich im Vorfeld kritisch geäussert zu einer Aktienkapitalerhöhung. Beim aktuell sehr tiefen Aktienkurs muss die CS nämlich sehr viele neue Aktien unter die Leute bringen um an Geld frisches Kapital zu kommen. Die bestehenden Aktionäre verlieren dadurch übermässig viel von ihrem Eigentum an dem Unternehmen.

Die Kapitalerhöhung muss noch an einer ausserordentlichen Generalversammlung der Credit Suisse am 23. November abgesegnet werden.

Bereits seit 2008 ist Saudi-Arabiens Nachbarland Katar stark engagiert bei der CS. In der Finanzkrise sprang dessen Staatsfonds der Schweizer Grossbank via eine Tochtergesellschaft mit einer Finanzspritze zur Seite. Seither hat der Wüstenstaat seinen Einfluss stetig ausgebaut.

Reicht dieser Befreiungsschlag?

Fraglich ist, ob die CS mit diesem Befreiungsschlag endlich zur Ruhe kommt. Bei der zweitgrössten Bank der Schweiz rumort es schon seit längerer Zeit gehörig. Die Liste der Pleiten, Pech und Pannen in den letzten Jahren ist lang . Ende Juli musste dann Konzernchef Thomas Gottstein zurücktreten, nachdem die Grossbank fürs zweite Quartal einen Vorsteuerverlust von 1,2 Milliarden Franken vermeldete.

Auch der Aktienkurs der Credit Suisse ist seit Monaten gehörig unter Druck. Eine Aktie der Grossbank war beim Börsenschluss am Donnerstag weniger wert als 5 Franken. Der Börsenwert der zweitgrössten Schweizer Bank hat sich damit seit Jahresanfang halbiert und ist nun mit rund zehn Milliarden Franken kaum mehr höher als jener von mittelständischen Banken.