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Untersuchung

Verwaltete die Credit Suisse Nazi-Gelder? Die Bank sieht sich entlastet – dennoch bleiben Fragen offen

Die Credit Suisse entkräftet mit einer Untersuchung Vorwürfe des amerikanischen Wiesenthal-Zentrums. Doch bei der Aufarbeitung lief nicht alles glatt - deshalb übt der US-Senat weiter Druck aus.

Untersuchung abgeschlossen: Die Credit Suisse hat keine verdächtigen Kundenbeziehungen in ihren Büchern entdeckt.
Bild: Bild: Keystone

Die Vorwürfe wiegen schwer: Die Schweizerische Kreditanstalt, die Vorläuferbank der Credit Suisse, habe Gelder von Nazis verwaltet, die sich in Argentinien aufhielten. Dies behauptete im März 2020 das Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles, nachdem es in den Besitz einer Liste mit 12 000 Namen gelangt war.

Die Credit Suisse erklärte sich daraufhin bereit, die Anschuldigungen zu untersuchen. Das unabhängige Institut Alix Partners habe nach zweijähriger Recherche in den Archiven die Konten von acht Personen auf der Liste gefunden, teilte die Credit Suisse am Dienstagabend mit. Sieben seien vor 1937 bereits geschlossen worden. Das achte bestand weiter, aber der Inhaber habe nie auf einer Liste der US-Regierung von Nazi-Mitgliedern in Argentinien gestanden. Weitere 70 Konten seien erst Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eröffnet worden.

Das Wiesenthal-Zentrum wollte auch Aufklärung darüber, ob auf bestimmten, lange geschlossenen Konten Vermögenswerte von Holocaust-Opfern lagen. Auch darauf habe es keine Hinweise gegeben, so die Credit Suisse.

Vergleich mit Holocaust-Überlebenden und Angehörigen

Ende der 1990er-Jahre haben Schweizer Historiker Vorwürfe untersucht, wonach auf Schweizer Konten grosse Beträge von Holocaust-Opfern gelegen hätten, die Überlebenden und Angehörigen mangels Nachweis über den Besitz nicht ausgezahlt worden seien. Die Banken schlossen anschliessend einen Vergleich mit Holocaust-Überlebenden und Angehörigen. Sie zahlten zusammen 1,25 Milliarden Franken aus. Mit dem Vergleich seien damals alle Ansprüche aus Fehlverhalten im Zweiten Weltkrieg abgegolten worden, wie die CS am Dienstag in einer Mitteilung betonte.

Dennoch bleiben einige der Fragen offen, die das Wiesenthal-Zentrum aufgeworfen hatte. Die Credit Suisse hatte den Anwalt Neil M. Barofsky mit der Untersuchung betraut, als dieser jedoch auch den Zeitraum seiner Recherche ausweitete und auf Bankkonten von Nazis hinwies, die in den 1990er-Jahren nicht geklärt worden waren, entliess ihn die Bank.

Wie Barofsky gegenüber der «New York Times» sagte, unterhielt die CS beispielsweise eine Geschäftsbeziehung mit einem SS-Offizier, der über Nazi-Firmen Jüdinnen und Juden wirtschaftlich ausbeutete. Zudem habe die Bank einem Geschäftsmann mit Nazi-Verbindungen geholfen, eine heute Hunderte Millionen Dollar schwere Firma zu restrukturieren. Die Credit Suisse weist Barofskys Erkenntnisse als «faktisch falsch» und «ungestützte Anschuldigungen» zurück. Das Wiesenthal-Zentrum seinerseits kritisiert, dass die Credit Suisse mit ihrem Vorgehen das Vertrauen in eine «faire, unabhängige und transparente Aufarbeitung» beschädigt habe.

Der Druck bleibt hoch

Trotz einiger entlastender Ergebnisse bleibt der Druck auf die Credit Suisse bestehen: Das Budget-Komitee des US-Senats war in einer eigenen Untersuchung an Barofskys Bericht gelangt, den es am Dienstag veröffentlichte. Das Komitee fordert von der Schweizer Bank nun, ihre Anstrengungen zu intensivieren und auch Konten von Nazis einzubeziehen, die nach dem Zweiten Weltkrieg vor der Justiz ins Ausland geflohen waren.

Mit der Fusion zwischen Credit Suisse und UBS muss die neue Superbank solche Altlasten der Konkurrentin übernehmen. Wie wird die UBS die Verstrickungen zum Nazi-Regime der CS aufarbeiten? Auf Anfrage gibt sich die neue Superbank wortkarg. Ein UBS-Sprecher betont, CS und UBS seien noch separate Entitäten.

Zumindest finanziell ist die UBS abgesichert: Für die Übernahme der Konkurrentin sicherte der Bund der UBS eine Verlustgarantie von
9 Milliarden Franken zu, sollten teure Rechtsfälle auftauchen. (dpa/mpa)