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Automobilindustrie

Crashende Tesla-Verkäufe: Hätte Elon Musk besser auf Basketball-Star Michael Jordan gehört?

Tesla war ein Überflieger – jetzt droht ein zweites Jahr mit rückläufigen Verkäufen. Experten untersuchen, wie es so weit kommen konnte.
Was lief schief? Tesla-Chef Elon Musk muss das Rätsel lösen.
Bild: Shawn Thew / EPA

Im Jahr 2020 war Tesla noch der Überflieger: der am schnellsten wachsende Automobilhersteller in den USA und damit der Herausforderer der gesamten Automobilindustrie. Tesla war die Zukunft und sein Chef Elon Musk ihr Prophet. Doch fünf Jahre später droht die Auto-Zukunft ohne Tesla und Musk stattzufinden. Wie Ökonomen der Universität Yale in einer neuen Studie schreiben, durchlitt Tesla eine «dramatische Kehrtwende».

Im Juli 2025 war Tesla auf dem Boden angekommen: nicht länger der am schnellsten wachsende Autohersteller, und nicht einmal mehr ein langsam wachsender Hersteller. Die Verkäufe gingen zurück. Tesla stand vor einem ganzen Jahr mit rückläufigen Verkaufszahlen, dem zweiten in Folge.

Es ist eine abrupte Wende zum Schlechteren. Ein wenig wie in einem klassischen Krimi kann man jetzt fragen: Who’s done it? Wer hat das getan? Die Yale-Ökonomen prüfen die Verdächtigen.

Die möglichen Erklärungen wären: Tesla hat seit Jahren kein wirklich neues Modell vorgelegt; hat mehr Konkurrenz erhalten von etablierten oder neuen chinesischen Herstellern; oder leidet an Musks politischen Aktivitäten und dem damit einhergehenden Image-Schaden. Welche von diesen drei Erklärungen ist nun die Richtige? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Alle drei Trends könnten die sinkenden Tesla-Verkäufe theoretisch erklären.

An dieser Stelle haben die Ökonomen eine entscheidende Idee: Sie prüfen, ob sich Teslas vor allem bei Wählern der demokratischen Partei schlechter verkaufen und bei Republikanern gleich gut oder gar besser. Denn ein solcher Trend lässt sich nur mit Musk und seinen politischen Aktivitäten erklären. Warum schliesslich sollten Demokraten eher als Republikaner enttäuscht sein von Teslas fehlenden neuen Modellen und deshalb zur chinesischen Konkurrenz wechseln?

Also untersuchen die Ökonomen, ob tatsächlich vor allem Demokraten weniger Tesla gekauft haben. Zu ihrem Leidwesen fragen aber Autoverkäufer ihre Kunden nicht nach ihrem Wahlverhalten. Was tun? Die Ökonomen prüften stattdessen, ob demokratisch geprägte Gemeinden anfingen, weniger Teslas zu kaufen. Denn diese Daten waren vorhanden: zu jeder Gemeinde gab es die Teslaverkäufe und das Wahlverhalten.

Dramatischer Effekt auf die Verkäufe von Tesla

Und in diesen Daten zeigten sich nun «eindeutige Hinweise auf eine Trendwende um den Herbst 2022 herum, als Musk die Übernahme von Twitter abschloss». Davor hätten demokratisch geprägte Gemeinden noch eine zunehmende Neigung zum Kauf von Teslas gezeigt. Nach dem Herbst 2022 hätten sie jedoch begonnen, sich von Teslas abzuwenden und zur Konkurrenz zu wechseln. Das Fazit fällt so aus: «Musks parteiische und polarisierende Handlungen hatten einen dramatischen Einfluss auf die Verkaufszahlen von Tesla.»

Elon war es also. Aber was genau hat er getan beziehungsweise wie viel Schaden angerichtet? Die Ökonomen können aus ihren Zahlen abschätzen, wie viele Autos mehr Tesla hätte verkaufen können, wenn Musk nicht wie ein Kobold um Trump herum gehopst wäre und sich stattdessen mit Autoverkaufen begnügt hätte. In dieser fiktiven Welt hätte Tesla im ersten Quartal 2025 in den USA um 150 Prozent mehr Autos verkauft und hätte ab dem Herbst 2022 bis im April 2025 total 67 bis 83 Prozent mehr verkauft – also 1 bis 1,3 Millionen mehr Teslas.

Diese «dramatischen» Zahlen erklären die Ökonomen unter anderem damit, dass Musk gegen das Diktum des Basketball-Stars Michael Jordan verstossen habe. Demnach hat politisch neutral zu bleiben, wer Konsumwaren verkaufen will wie Jordan seine Basketballschuhe. Sonst vergrault er in den USA entweder die Republikaner oder die Demokraten.

Jordan lehnte es 1990 ab, einen demokratischen Kandidaten öffentlich zu unterstützen, der gegen einen als Rassisten berüchtigten Republikaner antrat. Jordan damals: «Republikaner kaufen auch Schuhe». Dieses Zitat begleitete ihn während seiner gesamten Karriere. 2020 sagte Jordan allerdings, es sei bloss ein Witz gewesen, gemacht unter Spieler-Kollegen in einem Mannschaftsbus. Und er habe 1990 den Demokraten zwar nicht öffentlich, aber doch finanziell unterstützt.

Mitschuld an Millionen von Toten?

Wie auch immer: Musk hat jedenfalls die demokratischen Autokäufer sehr gründlich vergrault. Im Jahr 2022 kaufte Musk den Nachrichtendienst Twitter. Feuerte sogleich an die 8000 Personen, ungefähr 80 Prozent aller Angestellten. Lockerte auf der Plattform die Regeln für rechtsextreme und extremistische Stimmen. Ergriff bei den Wahlen von 2024 offen Partei für Donald Trump. Spendete etwa 300 Millionen Dollar an republikanische Kandidaten.

Streckte an einer Kundgebung den rechten Arm in die Höhe, was weit herum als Hitler-Gruss verstanden wurde. Amtete de facto als Leiter des umstrittenen Ministeriums für Regierungseffizienz (DOGE). Strich in dieser Funktion ungefähr 80 Prozent aller Programme von US-AID, eine Organisation zur Entwicklungshilfe. In einer Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift «The Lancet», wurden die Folgen angeschaut: bis 2030 mehr als 14 Millionen zusätzliche Todesfälle.

Damit hat Musk sein Image unter demokratisch wählenden Amerikaner schwer beschädigt. In Befragungen des TV-Senders NBC hatten im Sommer  2021 erst 28 Prozent der Demokraten eine negative Meinung von ihm. Im März 2025 waren es 92 Prozent. Damit Musk noch mehr getan, als bloss gegen das Jordan-Diktum zu verstossen. Er hat nicht nur die Wähler von einer der beiden Parteien vergrault. Er hat mit den Demokraten genau jene Autokäufer vertrieben, welche zuvor deutlich mehr Teslas kauften. In Europa dürfte Musk eine ähnliche negative Dynamik angestossen haben – dort gingen die Tesla-Verkäufe noch stärker zurück.

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