Am Mittwoch empfing der Bundesrat die kosovarische Staatspräsidentin Vjosa Osmani und ihren Gatten Prindon Sadriu zu einem offiziellen Staatsbesuch. Damit sollen «die engen und vielfältigen Beziehungen» zwischen der Schweiz und dem Kosovo gewürdigt und weiter vertieft werden, wie die Landesregierung in einer Medienmitteilung schrieb.
An einer gemeinsamen Medienkonferenz von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Vjosa Osmani betonten beide Staatsoberhäupter die positive Beziehung zwischen den beiden Ländern. Vor allem wirtschaftliche Themen seien auf der Traktandenliste gestanden, aber auch der Swisscoy-Einsatz der Armee.
Keller-Sutter sagte, die Geschichte der beiden Länder reiche bis in die 60er-Jahre zurück: Früh seien kosovarische Arbeitskräfte in die Schweiz gekommen, später Flüchtlinge. «Heute sind sie Lehrer, Ärzte, Politiker und aussergewöhnliche Torschützen», ergänzte Osmani mit einem augenzwinkernden Verweis auf Topscorer Xherdan Shaqiri.
Prominente Gäste am Staatsbankett
FCB-Spieler und Nati-Star Shaqiri ist gemäss «Tages-Anzeiger» neben zahlreichen Vertretern der kosovarischen Diaspora in der Schweiz am abendlichen Staatsbankett zugegen. Auch Wissenschaftlerinnen, Unternehmer oder Politiker wie SP-Nationalrat Islam Alijaj, die Wurzeln im Kosovo haben, sind eingeladen worden.
Am Donnerstag besuchen Keller-Sutter und Osmani gemeinsam den Produktionsstandort des Zugbauers Stadler Rail in Bussnang TG. Die kosovarische Regierung plant laut «Tages-Anzeiger» millionenschwere Investitionen in das marode Eisenbahnnetz. Unter anderem hat sie den Bau einer Zugverbindung zwischen der Hauptstadt Pristina und der Hafenstadt Durrës in Albanien angekündigt. Auch ein Besuch an der Universität St. Gallen steht am Donnerstag auf dem Programm.
Ein Zeichen enger Verbundenheit
Zu offiziellen Staatsbesuchen in der Schweiz lädt der Bundesrat pro Jahr in der Regel nur eines oder zwei ausländische Staatsoberhäupter ein. Dass diese besondere Ehre der kosovarischen Staatspräsidentin zuteilwird, ist kein Zufall: Die Schweiz und Kosovo sind eng miteinander verbunden, nicht zuletzt wegen der zahlenmässig grossen kosovarischen Diaspora in der Schweiz. Diese umfasst gemäss Bundesrat 160’000 Personen, die zweitgrösste nach jener in Deutschland. Die Einwohnerzahl Kosovos liegt bei 1,8 Millionen.
Die ersten Kosovo-Albaner kamen in den 1960er-Jahren in die Schweiz, als der Bauernverband im damaligen Jugoslawien Arbeitskräfte für die Landwirtschaft rekrutierte. In den folgenden Jahrzehnten, in denen die Schweizer Wirtschaft über weite Strecken florierte, kamen viele weitere Menschen aus dem Kosovo zur Arbeit auf dem Bau oder in der Gastronomie in die Schweiz. Aber auch zahlreiche politische Flüchtlinge fanden hierzulande Asyl.
Im Zuge des Kosovo-Kriegs zwischen März 1998 und Sommer 1999 flohen rund 50’000 Menschen in die Schweiz. Die Schweiz leistete humanitäre Hilfe und engagiert sich seither im Wiederaufbau. Mit der Swisscoy beteiligt sie sich seit 1999 an der KFOR-Mission. Es ist der bislang grösste friedensfördernde Auslandeinsatz der Schweizer Armee. 2008 erkannte die Schweiz die Unabhängigkeit des Kosovo als einer der ersten Staaten an.
Von der Ablehnung zur Erfolgsgeschichte
In den 1990er- und 2000er-Jahren erlebte die kosovarische Bevölkerung in der Schweiz verschiedentlich grosse Ablehnung. Kriminelle Handlungen von Einzelpersonen wurden teilweise politisch ausgeschlachtet, etwa durch das «Kosovaren schlitzen Schweizer auf»-Inserat der SVP. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Integration der kosovarischen Gemeinschaft in der Schweiz zunehmend zu einer Erfolgsgeschichte gemausert.
Heute sind Menschen mit Wurzeln im Kosovo in der Forschung, im Sport, in der Wirtschaft und in der Politik erfolgreich. Allein in der Deutschschweiz gibt es laut «Tages-Anzeiger» schätzungsweise über 6000 Firmen von albanischstämmigen Personen. Die Schweiz wiederum ist die zweitgrösste Direktinvestorin im Kosovo.