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Wahlen 2023

Tessiner Regierungsrat: Der Weg für Marina Carobbio ist geebnet

Die Tessiner SP-Ständerätin Marina Carobbio ist offiziell als Kandidatin für die Staatsratswahlen 2023 auf einer rot-grünen Liste nominiert. Doch das Auswahlverfahren hinterlässt Wunden.

Die Tessiner Ständerätin Marina Carobbio kandidiert für die Kantonsregierung.
Bild: Keystone

Ganze acht Stunden dauerte der Kongress der Tessiner SP-Kantonalpartei am gestrigen Sonntag in Bellinzona. Am Ende stand dann fest, womit zu rechnen war: Die 56-jährige SP-Ständerätin Marina Carobbio wird im April 2023 für einen Sitz in der Tessiner Kantonsregierung kandidieren. Sie wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Erbe von Staatsrat Manuele Bertoli antreten, der nach 12 Jahren als Erziehungsdirektor nicht mehr antritt.

Die SP stellt im Tessin einen von fünf Staatsräten. Neben Carobbio hat die Kantonalpartei den erst 21-jährigen Studenten Yannick Demaria – ein Vertreter der Jungsozialisten und Aktivist der Klimajugend - als «begleitenden» Nachwuchskandidaten nominiert.

Heftiger Knatsch im Vorfeld

Die Kandidatur von Carobbio wurde zwar mit überwältigendem Mehr beschlossen, hat aber doch einige Risse und Wunden in der Partei hinterlassen. Bereits im Vorfeld gab es heftigen Knatsch, weil sich der sozialdemokratisch-gemässigte Flügel gewünscht hätte, die Ökonomin Amalia Mirante (44) aufzustellen, die schon 2019 kandidiert hatte. Doch dieses Mal wurde ihr ein Platz auf der Liste verwehrt.

Der Kongress unterstützte die Strategie der Parteileitung, nur zwei Kandidaten für die gemeinsame rot-grüne Fünfer-Liste aufzustellen, wovon ein Platz an die Jungsozialisten ging. Die Grünen haben ihrerseits Anspruch auf zwei Kandidierende und eine fünfte Person soll aus der Zivilgesellschaft rekrutiert werden. Die Rede ist vom ehemaligen Rektor der Universität der italienischen Schweiz, Boas Erez. Bestätigt ist diese Kandidatur aber nicht.

Vizepräsident trat aus Protest zurück

Die Strategie der Parteileitung war kritisiert worden, weil so die Kandidatur Carobbio de facto abgeschirmt wurde von möglichen innerparteilichen Konkurrentinnen, die sie hätten bedrängen können. Gemeint damit war immer Amalia Mirante, die weniger links positioniert ist als Marina Carobbio und ausserhalb der SP viele Sympathien geniesst. Vizepräsident Evaristo Roncelli war aus Protest gegen das «linke Einheitsdenken» zurückgetreten, das eine Vielfalt von sozialdemokratischen Positionen verunmögliche.

Die jungen Co-Parteipräsidentinnen Laura Riget und Fabrizio Sirica wiesen die Vorwürfe zurück, machten am Kongress aber unmissverständlich klar, dass Marina Carobbio inhaltlich-politisch das Denken der Partei verkörpere, während Amalia Mirante «in unserem Projekt keine Funktion erfüllt.»

Krönung der politischen Karriere

Für Marina Carobbio ist der Weg in den Staatsrat nun geebnet. Die Tochter von Werner Carobbio, der von 1977 bis 1999 im Nationalrat sass, kann mit ihrer Wahl eine lange und erfolgreiche politische Karriere krönen. 1991 wurde sie erstmals in den Grossen Rat gewählt, arbeitete sich bis zur Fraktionschefin hoch. Ab Juni 2007 gehörte sie dem Nationalrat an und war im Amtsjahr 2018/2019 dessen Präsidentin.

Ihr grösster Coup gelang ihr dann bei den Ständeratswahlen 2019 mit dem Einzug in die kleine Kammer. Bei der Stichwahl lag sie 45 Stimmen vor dem altgedienten Filippo Lombardi (Mitte). Erstmals konnte damit die SP Tessin eine Ständerätin stellen. Im Falle einer Wahl in den Staatsrat wird dieser Sitz bis zu den nationalen Wahlen im Herbst 2023 vakant bleiben.