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Pro & Contra

Braucht die Schweiz ein neues Stromgesetz? Priska Wismer-Felder und Franz Grüter sind geteilter Meinung

Am 9. Juni stimmt die Schweiz ab über eine neue Stromversorgung: Bundesrat und Parlament möchten den Ausbau der Erneuerbaren vorantreiben, Umweltkreise haben dagegen das Referendum ergriffen. Mitte-Nationalrätin Priska Wismer-Felder stimmt Ja zur Vorlage, SVP-Nationalrat Franz Grüter lehnt sie ab. 

PRO: Endlich verlässliche Rahmenbedingungen

Priska Wismer-Felder, Mitte LU
Bild: Alessandro Della Valle / PARLAMENTSDIENSTE

Das Gesetz für eine sicher Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, das sogenannte Stromgesetz, schafft endlich verlässliche Rahmenbedingungen, damit rasch mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen produziert werden kann. Heute nutzen wir für einen grossen Teil der Energiegewinnung fossile Energieträger. Diese sind teuer, umweltschädigend und müssen praktisch vollständig aus dem Ausland importiert werden, was für die Schweiz eine gefährliche Auslandabhängigkeit bedeutet. Um diese fossilen Energieträger ersetzen zu können, werden wir in Zukunft mehr Strom aus inländischen Quellen brauchen, vor allem im Winter. Genau daran orientiert sich das Stromgesetz. Es setzt auf einen breiten Strommix mit den Hauptpfeilern Wasser und Sonne, ergänzt mit Wind und Biomasse. Mit dem Gesetz wird verlangt, dass für den Bau von erneuerbaren Energieanlagen klare Eignungsgebiete bezeichnet werden. Genauso werden aber auch Gebiete definiert, wo die Stromproduktion ausgeschlossen ist und die Natur Vorrang hat. Das stärkt den Umwelt- und Landschaftsschutz.

Das Gesetz setzt den Fokus aber nicht einzig auf die Produktion, nein, es adressiert auch die Effizienz. Noch immer wird ein bedeutender Teil des Stromes verschwendet. Nun werden die Energielieferanten erstmals zu Energieeffizienzmassnahmen verpflichtet. Zudem werden neue Instrumente wie zum Beispiel die gleitende Marktprämie oder lokale Energiegemeinschaften ermöglicht, die mehr Markt und mehr Eigeninitiative zulassen und begünstigen.

Das Stromgesetz wurde im Parlament sorgfältig während zwei Jahren erarbeitet. Es berücksichtigt die Anliegen diverser Anspruchsgruppen und ist das Resultat eines breiten Kompromisses. Dies belegt auch die praktisch einhellige Zustimmung in der Schlussabstimmung über sämtliche Parteigrenzen hinweg: Einstimmigkeit im Ständerat und nur vereinzelte ablehnende Stimmen im Nationalrat.

Zusammenfassend darf gesagt werden, dass das Gesetz eine zentrale Bedeutung für die Versorgungssicherheit und das Erreichen der Klimaziele hat und daher unser klares Ja verdient!

CONTRA: Die Schweiz ist kein Windland

Franz Grueter, SVP LU
Bild: Alessandro Della Valle / PARLAMENTSDIENSTE

Nun stimmen wir also am 9. Juni über das «Stromgesetz» ab. Dieses Gesetz hiess in der Beratung noch «Mantel-Erlass». Wie unter einem grossen Regenmantel hat das Parlament verschiedene Beschlüsse eingepackt. Und hier liegt das Problem. Man kann Wind- und Solar-Projekte nicht gleich behandeln wie die Wasserkraft. Warum?

Ganz einfach: Die Schweiz ist kein Windland. Wir können unser Land mit Tausenden von Windrädern zupflastern, das Grundproblem bleibt: Diese Windräder liefern viel zu wenig Strom, sie produzieren unzuverlässig Energie und viel zu teuer. Der unzuverlässige Flatterstrom löst unser Energieversorgungsproblem im Winter nicht.

Das Stromgesetz will den Ausbau der erneuerbaren Energie «beschleunigen». Das tönt gut. Aber meine Sorge gilt der demokratischen Mitbestimmung. Ich erinnere hier an die Gemeinde Rickenbach im Kanton Luzern, wo die Bevölkerung sich mehrfach gegen den Bau von Windrädern geäussert hat. Es kann nicht sein, dass gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung einfach Windräder aufgestellt werden. Es kann auch nicht sein, dass die Berge mit riesigen Solaranlagen verschandelt werden und sich die Gemeinden nicht mehr wehren können. Aber genau das droht uns mit diesem Stromgesetz. Bund und Kantone erhalten die Möglichkeit, die Bevölkerung aufgrund «nationaler Interessen» zu übersteuern.

Wir haben ein Strom-Problem in der Schweiz. Aber das ist eine Folge der gescheiterten linksgrünen «Energiestrategie». Man kann nicht einfach Kernkraftwerke abschalten, mittelfristig Öl und Benzin verbieten und dann behaupten, diese «Energiestrategie» koste nur 40 Franken pro Haushalt im Jahr.

Wir müssen ehrlich sein. Wenn wir genügend verlässlichen und bezahlbaren Strom in der Schweiz wollen, dann brauchen wir neue Kraftwerke die Bandenergie liefern. Das vorliegende «Stromgesetz» löst das Grundproblem nicht. Der Bau von Tausenden Windrädern ist eine reine Symbolpolitik, die viel kostet, wenig Flatterstrom bringt und die Landschaft verschandelt.