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Ukraine-Krieg

Biden warnt Putin in scharfen Worten

Washington hat die Ukraine seit Kriegsbeginn mit Waffen und Ausrüstungsgegenständen im Wert von 15 Milliarden Dollar unterstützt. Kiew aber will mehr. Und US-Präsident Joe Biden zögert.

Die ukrainischen Streitkräfte befinden sich im Osten des Landes auf dem Vormarsch. Nun fordert Präsident Wolodimir Selenski neue Waffensysteme von den Verbündeten.
Bild: Anastasia Vlasova / EPA

Der amerikanische Präsident hält zur Ukraine. «Solange es nötig ist» werde Washington den Verbündeten im Kampf gegen die russische Invasionsarmee unterstützen, sagte Joe Biden in einem am Sonntag ausgestrahlten Fernseh-Interview auf dem Sender CBS. Dieses Versprechen sei hieb- und stichfest, auch wenn der Demokrat im Weissen Haus in der Sendung «60 Minutes» einmal mehr bekräftigte, dass der Einsatz von US-Truppen in der Ukraine nicht zur Debatte stehe. (Ganz im Gegensatz zum Verbündeten Taiwan: Der asiatischen Inselrepublik würden die US-Streitkräfte militärisch beistehen, falls China das Land überfallen würde, sagte Biden.)

Dem ukrainischen Präsidenten scheint diese Zusicherung Bidens nicht weit genug zu gehen. Wolodimir Selenski strebt eine schnellere Aufrüstung seiner Streitkräfte an. So bekniet er die USA um ballistische Kurzstreckenraketen, die der Ukraine helfen könnten, bisher besetztes Territorium im Süden des Landes zurückzuerobern – darunter auch die seit 2014 besetze und annektierte Halbinsel Krim.

Amerikas Präsident aber zögert, wie die «New York Times» berichtet. Denn Biden und seine Berater im Verteidigungsministerium haben Angst, dass die Lieferung des Waffensystems ATACMS (Army Tactical Missile System), dessen Raketen eine Reichweite von 300 Kilometer besitzen, den russischen Herrscher Wladimir Putin unnötig provozieren könnten. «Der Erfolg der Ukraine auf dem Schlachtfeld könnte dazu führen, dass sich Russland in eine Ecke gedrängt fühlt, und das müssen wir im Auge behalten», zitierte die «Times» Colin Kahl, im Pentagon zuständig für strategische Fragen.

Hinzu kommt: Die Ukraine ist nicht auf die ATACMS-Kurzstreckenraketen angewiesen, um Ziele zu treffen, die «unmittelbar relevant» für die aktuelle Offensive sind, wie Kahl sagt. Die bereits gelieferten Raketenwerfer des Typus HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System) erfüllen diesen Zweck bereits.

Bereits Waffen im Wert von 15 Milliarden Dollar geliefert

Dieser Positionsbezug stösst nicht nur in der Ukraine, sondern auch unter amerikanischen Politikern auf Widerspruch. Eine Reihe von Abgeordneten sagt seit Beginn der Invasion, dass Kiew das Recht besitze, sich zu verteidigen und Biden zu zögerlich vorgehe – trotz der Lieferung von Waffen und Ausrüstungsgegenständen im Wert von mehr als 15 Milliarden Dollar. Demokraten und Republikaner fordern die Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte mit Kampfflugzeugen und Raketen mit grösserer Reichweite – besonders jetzt, wo sich die Ukraine auf dem Vormarsch befindet. und besetztes Territorium zurückgewinnt.

Biden wiederum scheint die Meinung zu vertreten, dass ein blamierter Putin bis zum äussersten gehen könnte. Das Pentagon fürchtet eine weitere Eskalation der brutalen Vergeltungsschläge gegen zivile Ziele oder gezielte Attacken gegen die politische Spitze der Ukraine.

Auch scheint Washington der Meinung zu sein, dass der russische Präsident nötigenfalls auf nukleare Waffen zurückgreifen könnte. In der Fernsehsendung «60 Minutes» sprach Biden deshalb eine deutliche Warnung an Putin aus. «Unterlassen Sie es», sagte er mehrmals an den russischen Präsidenten gerichtet. Putin würde «das Gesicht des Kriegs» wie nie zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg verändern, setzte er Nuklearwaffen ein, sagte Biden. Und obwohl der US-Präsident sich weigerte, über mögliche Vergeltungsschläge der Amerikaner zu spekulieren, sagte er: «Es wird folgenreich sein.»