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Bern

Beuchat will Wohnwagen-Puff

Strassen-Prostituierte sollen nicht mehr in Stadtberner Wohngebieten Sex verkaufen, sondern in Wohnwagen ausserhalb. Die CVP fordert Zonen, wo «Parkplatz-Sex» legal möglich ist.

Bruno Utz

«Berns-Lustmeilen bewegen sich auf dünnem Eis. Der Strassenstrich ist menschenunwürdig», ist CVP-Stadtrat Henri-Charles Beuchat überzeugt. Per Motion fordert er eine Alternative zum Strassenstrich, wo die Prostituierten abseits von Menschenhandel und Gewalt die Sexarbeit betreiben können. Er gesteht im Vorstoss zu, dass die Prostitution grundsätzlich zulässig ist, stört sich aber an den «Auswüchsen und negativen Begleiterscheinungen, welche den öffentlichen Raum betreffen».

Konkret fordert die CVP «Puff-Zonen». Auf vom Gemeinderat bezeichneten Strassenabschnitten «ausserhalb der Wohnzone» sollen die Prostituierten in Wohnwagen oder Wohnmobilen legal ihr Gewerbe ausüben können. Die Wohnwagen-Puff-Zone sei durch die Fremdenpolizei zu kontrollieren. Und wie bisher sei zur Prävention mit den Fachstellen Contact-Netz und Xenia zusammenzuarbeiten. Der illegale Strassenstrich, etwa an der Rainmattstrasse/Taubenstrasse, sei aufzulösen.

Anwohner wehren sich

Die CVP-Motion hat Beuchat bereits Ende April eingereicht. Die Antwort des Gemeinderates liegt noch nicht vor. Jetzt erhält der Stadtrat Rückendeckung von Betroffenen. In einem der Redaktion vorliegenden Brief appellieren 16 Anwohner der Rainmattstrasse an Stadtpräsident Alexander Tschäppät, der Gemeinderat solle die Motion zügig behandeln und rasch im Parlament traktandieren. «In der Rainmattstrasse wurden in den vergangenen zehn Jahren alle Bürohäuser wieder zu Wohnhäusern umgebaut. Die Wohnungen und Häuser würden zum Teil von Familien bewohnt. Der Tummelplatz für Freier, Prostituierte, Voyeure und Dealer gehört nicht in eine Wohnzone und erst recht nicht vor eine Kirche», heisst es im Brief.

«La Strada» relativiert

Karin Würsch attestiert Beuchat «guten Willen». Die Projektleiterin von «La Strada, dem Bus der mobilen Anlaufstelle für drogenkonsumierende Sexarbeiterinnen von Contact-Netz, relativiert dessen Darstellungen jedoch: Der Strassenstrich im Gebiet Ecke Schwanengasse-Bundesgasse sei gemäss der geltenden Verordnung über die Strassenprostitution legal. «Frauen, die ihre Dienste in einer illegalen Zone anbieten, werden gebüsst. Die Sexarbeiterinnen werden im ‹Strada›-Bus von uns darüber informiert. Und die Polizei führt regelmässig Kontrollen durch.» Würsch fragt sich schliesslich, mit was für Geld sich Frauen vom Drogenstrich ein Wohnmobil kaufen sollten.

Nause will nicht auf Kanton warten

Für Beuchats Anliegen ist Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) zuständig: «Das Problem ist erkannt. Ich habe bereits mit Anwohnern der Rainmattstrasse/Taubenstrasse gesprochen.» Die Polizei sei angewiesen, die Strichszene von der Dreifaltigkeitskirche weg wieder in die legale Zone zurückzudrängen. Auf das vom Grossen Rat verlangte kantonale Gesetz möchte Nause aber nicht warten (vergleiche Artikel links). «Die Leute haben ihre Sorgen heute.» Es sei vorgesehen, dass die gemeinderätliche Antwort bis nach den Herbstferien vorliegt. Eine Wohnwagen-Puff-Zone zu schaffen, erachtet er als politisch schwer durchsetzbar. «Wo sollten wir eine solche einrichten können?»

Der Berner Strassenstrich war bereits 2003 ein Thema. Damals wurden Sex-Boxen nach dem holländischen «Utrechter-Modell» evaluiert. Als Standort war auch ein Parkplatz auf dem Gaswerkareal im Marziliquartier vorgesehen. Willkommen waren die Sex-Boxen aber nirgends.