BDP-Präsident Martin Landolt hat die Angriffe aus den Reihen der FDP gegen seine Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf satt: «Meine Parteikollegen beginnen mich zu fragen, warum ich mit einer Partei zusammenarbeite, die keinen guten Faden an der Arbeit unserer Bundesrätin lässt», sagt Landolt. Verschiedene FDP-Politiker werfen der Finanzministerin vor, gegenüber dem Ausland das Bankgeheimnis zu wenig entschlossen zu verteidigen.
Kommentar: Ausdruck der Hilflosigkeit
Die Schweiz hatte eine gute Idee, die alle bürgerlichen Parteien begeisterte: Das Konzept der Abgeltungssteuer sollte langfristig als Alternative zum automatischen Informationsaustausch etabliert werden. Die Schweiz verhandelte mit einzelnen Ländern, um die EU auseinanderzuvidieren. Der Plan war gut, nur machte Deutschland der Schweiz mit der Ablehnung des Abkommens einen Strich durch die Rechnung. Zu den Deutschen gesellten sich die Amerikaner, welche der Schweiz mit Fatca eine Art automatischen Informationsaustausch aufzwingen und die Luxemburger zur Aufgabe des Bankgeheimnisses brachten. Österreich wird bald folgen.
Die internationale Entwicklung stürzt die bürgerlichen Parteien in eine Sinnkrise. Der Streit zwischen FDP und BDP ist letztlich Ausdruck dieser Hilflosigkeit: Wie können sich die nationalen Parlamentarier gegen internationale Entwicklungen stemmen? Denn letztlich nickte das Parlament immer ab: den UBS-Staatsvertrag, den Artikel 26 des OECD-Musterabkommens und bald wohl den Fatca-Vertrag mit den USA. Dabei: Das Thema des Informationsautausches mag politisch brisant sein. Die volkswirtschaftliche Bedeutung hält sich indes in Grenzen genauso wie der Aktionsradius des Parlamentes. Noch ist unklar, mit welchen Forderungen die EU auf die Schweiz zukommen wird. Die Schweiz hat also Zeit, ihre Position neu zu finden und dabei eine Strategie zu entwickeln, wie sie die verschiedenen Problemdossiers mit der EU verknüpfen kann. Weshalb die Bürgerlichen ihre Energie statt in eine konstruktive Diskussion in die gegenseitige Zermürbung investieren, bleibt ihr Geheimnis. (Doris Kleck)
Die Bündnerin hat Ende Jahr eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Wirtschaftsprofessor Aymo Brunetti und unter Ausschluss der Banken eingesetzt, die Szenarien für die Zukunft des Finanzplatzes erarbeiten soll. Bis im Juni sollen Resultate vorliegen. Erwartet werden Vorschläge, wie sich die Schweiz den automatischen Informationsaustausch vorstellt.
Welche Haltung indes die Finanzministerin einnimmt, ist bis heute nicht ganz klar. Sie verteidigt zwar die bisherige Strategie mit der Abgeltungssteuer, lässt aber immer wieder durchblicken, dass es Gespräche zum Informationsaustausch und damit zur Aufhebung des Bankgeheimnisses brauche.
FDP verlangt Linientreue
Jetzt, wo Luxemburg den Widerstand gegen die Abschaffung des Bankgeheimnisses aufgegeben hat und mit Österreich bald der letzte Verbündete folgen wird, spitzt sich die Situation für die Schweiz zu. «Die FDP moniert einerseits eine fehlende Gesamtstrategie des Bundesrats und hackt andererseits systematisch auf Bundesrätin Widmer-Schlumpf herum», sagt Landolt. «Eigentlich müsste sie sich aber den Spiegel hinhalten und die Lösungsbeiträge ihrer Bundesräte kritisch hinterfragen.»
Insbesondere von Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann erwartet Landolt mehr Unterstützung für Widmer-Schlumpf. Schliesslich gehe es um den Standort Schweiz. Der BDP-Chef vermutet aber, dass sich die FDP-Magistraten zurückhalten, weil sie sich die Finger in diesem undankbaren Dossier nicht verbrennen wollen.
Im Gespräch mit der «Nordwestschweiz» warf Landolt zunächst auch Aussenminister Didier Burkhalter Untätigkeit vor. Doch nach Rücksprache mit Widmer-Schlumpf krebste der BDP-Chef gestern Nachmittag zurück. Dies zeigt, dass zumindest die Bundesrätin nicht an einer weiteren Eskalation des Streites mit der FDP interessiert ist.
Dass der Konflikt in der bürgerlichen Mitte dennoch nicht so rasch beigelegt sein wird, legen Äusserungen von FDP-Fraktionschefin Gabi Huber nahe: «Bundesrätin Widmer-Schlumpf vertritt in der Öffentlichkeit nicht immer die Position des Gesamtbundesrates und verwendet ihre Parteiexponenten als Speerspitzen.»
SP: Initiative soll Auswüchse stoppen
Die SP Schweiz will den aus ihrer Sicht schlimmsten Auswüchsen im interkantonalen Steuerwettbewerb einen Riegel schieben. Die Partei hat gestern Mittwoch in Bern ein Initiativprojekt für eine gerechtere Unternehmensbesteuerung vorgestellt. Das Initiativprojekt soll in den nächsten Wochen und Monaten zusammen mit weiteren Initiativideen parteiintern eingehend geprüft werden. Die Parteibasis soll anschliessend entscheiden, welches Projekt realisiert und als Volksinitiative lanciert werden soll. Das Hauptziel besteht aus der Sicht der SP darin, die Einnahmen der öffentlichen Hand zumindest auf demselben Niveau wie heute zu halten. Es dürfe nicht geschehen, dass gewisse Kantone finanziell ruiniert würden, während andere im Geld schwämmen, schreibt die SP. Auch einen Imageschaden für das Land könne man so vermeiden. (SDA)
So habe im Dezember, einen Tag nachdem der Bundesrat seine Finanzplatzstrategie mit der Abgeltungssteuer beschloss, BDP-Vizepräsident Lorenz Hess Verhandlungen über den automatischen Informationsaustausch verlangt. Im März habe BDP-Präsident Landolt vom Bundesrat einen Strategiewechsel beim Austausch von Steuerdaten gefordert. «Und jüngst propagierte er, dass die Banken die Steuerdaten direkt dem Staat übermitteln sollen.»
Für Gabi Huber ist klar: «Der Volkswirtschafts- und der Aussenminister vertreten die Politik des Gesamtbundesrates, und zwar vehement. Wenn immer die Finanzministerin die Politik des Bundesrates vertritt, wird sie sehr wohl unterstützt.»