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SRF-Sendung

SP-Badran greift in der Wohn-«Arena» SVP-Bühler an: «Ein Aufruf zu illegalem Verhalten!»

In der SRF-«Arena» zur Wohnsituation in der Schweiz flogen die Fetzen. Besonders «zynisch» fanden zwei linke Nationalräte eine Aussage von SVP-Politiker Manfred Bühler, was sie ihm deutlich zu verstehen gaben.

Die schlechte Nachricht zuerst: Es sieht nicht danach aus, als würden die Politisierenden in Bern einen Kompromiss finden, damit die Mieten in den nächsten Jahren spürbar sinken.

Und die gute Nachricht (für Vermieter): Laut dem Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) könnten bis 2026 die Mieten schweizweit um weitere 15 Prozent steigen.

Manfred Bühler, Beat Walti, Moderator Sandro Brotz, Jacqueline Badran und Michael Töngi.
Bild: Screenshot SRF

Das sind nur zwei Erkenntnisse aus der «Arena» vom vergangenen Freitagabend. Für einige weitere Erkenntnisse gesorgt haben folgende Gäste:

Manfred Bühler , SVP-Nationalrat Bern, Vorstand Hauseigentümerverband (HEV) Biel (bezahltes Mandat)

Jacqueline Badran , SP-Nationalrätin Zürich, Vorstand Schweizerischer Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) Zürich (ehrenamtliches Mandat)

Beat Walti , FDP-Nationalrat Zürich, Präsident VIS Verband Immobilien Schweiz (bezahltes Mandat)

Michael Töngi , Grüne-Nationalrat Luzern, Vize-Präsident Schweizerischer Mieterinnen- und Mieterverband (bezahltes Mandat)

Wer im Nationalrat sitzt, hat finanziell betrachtet die besseren Aussichten, irgendwann Wohneigentum zu besitzen, als die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung. Es verwundert darum auch nicht, dass alle vier geladenen Nationalräte in ihren eigenen vier Wänden wohnen. Während die SP- und FDP-Vertretung ihr Eigentum selbst kauften, wie sie vor Beginn der Sendung erzählten, haben die anwesenden Grüne- und SVP-Politiker geerbt oder «von den Eltern übernommen».

Die Realität im Land ist aber eine andere: Die Mehrheit der Bevölkerung lebt in Mietwohnungen, die immer teurer werden. Lediglich «36 Prozent der dauernd bewohnten Wohnungen werden von ihren Eigentümern selbst besetzt. Das ist der geringste Anteil unter allen europäischen Ländern», schreibt das BWO.

Aber diese 36 Prozent machen das grosse Geld: Laut der Nationalbank steigt das Immobilienvermögen der Privathaushalte seit 2012 jedes Jahr um ganze 89 Milliarden Franken, und zwar ohne die Gewinne der Pensionskassen und Immobilienfonds. Und wie sieht es bei den Mietpreisen aus?

Der grosse Streit

Für die SP-Nationalrätin Jacqueline Badran sind die Mietenden die Milchkühe des Landes: «Eigentümer wollen die maximale Zahlungsfähigkeit ausschöpfen, ausser der Gesetzgeber sagt Nein zu dieser beliebigen Preisgestaltung.»

SP-Nationalrätin Jacqueline Badran.
Bild: Screenshot SRF

Die Sozialdemokratin verweist darauf, dass in der Schweiz das System der effektiven Kostenmiete gelte – mit einer gedeckelten Rendite. «Aber das wird nicht eingehalten!» Von 2008 bis 2021 habe sich die Leerwohnungsziffer verdoppelt, sagt sie. Es sei «auf Teufel komm raus» gebaut worden. Die Wohnkosten für Eigentümer seien um 16 Prozent gesunken, aber «bei den Mieten ging es nur nach oben», beschwert sich Badran mit wildem Gestikulieren.

Beat Walti, FDP-Nationalrat, antwortet ihr trocken: «Ihre Argumente werden nicht besser, weil Sie diese mit absoluter Geltung vortragen.» Laut dem Freisinnigen stimme es nicht, dass Angebot und Nachfrage im Wohnungsmarkt keine Rolle spielen würden.

Walti begründet das mit den Umzugszahlen des Bundesamtes für Statistik: Über 700’000 Menschen hätten vergangenes Jahr die Wohnung gewechselt. «Diese Menschen haben eine Wohnung gefunden, ohne dass hinter jedem Zügel-Vorgang eine staatliche Verfügung oder eine Einwilligung von Frau Badran stand.» Dass die 700’000 Menschen, die umgezogen sind, der tiefste Wert seit 10 Jahren ist, wie Moderator Sandro Brotz später erwähnt, lässt Walti ausser Acht.

FDP-Nationalrat Beat Walti.
Bild: Screenshot SRF

Badran holt nochmals aus: Walti solle ihr doch erklären, warum die Mieten so gestiegen seien, obwohl sie hätten sinken müssen. Doch sie wird unterbrochen von SRF-Dompteur Brotz, der eine Statistik zeigt, wie sehr die Mieten in den letzten 20 Jahren gestiegen sind – schweizweit etwas weniger stark als in den Städten.

Das nimmt der Berner SVP-Nationalrat Manfred Bühler zum Anlass, Folgendes zu sagen: «Es wird niemand mit einer Pistole gezwungen, einen Mietvertrag zu unterschreiben.» Es gebe teurere und billigere Standorte. Wer in Zug oder Zürich wohnen wolle, müsse diesen hohen Preis halt zahlen können. «Es ist Angebot und Nachfrage», sagt Bühler, während Badran den Kopf schüttelt.

SVP-Nationalrat Manfred Bühler.
Bild: Screenshot SRF

Der SVP-Politiker betrachtet die Situation so: «Wenn die Zinsen zurückgehen, ist es ein freiwilliger Entscheid der Mieter, eine Mietzinsreduktion zu verlangen. Viele wollen kein Büro aufmachen, um 3 Prozent weniger Miete zu bezahlen.»

Diese Betrachtungsweise sei «zynisch», kommt es sofort aus Michael Töngi geschossen, dem Grüne-Nationalrat aus Luzern. Er verweist auf eine Umfrage des Mieterverbands, dessen Vizepräsident er ist: «Mieter haben Hemmungen, eine Reduktion zu verlangen, weil sie keinen Streit mit den Vermietern wollen.»

Grünen-Nationalrat Michael Töngi.
Bild: Screenshot SRF

Auch Jacqueline Badran wirft dem SVP-Politiker Zynismus vor. «Du bist Nationalrat», sagt sie ihm gleich zweimal. Es gebe das Gesetz, dass es keine Marktmiete beim Wohnen geben dürfe. Dann holt Badran erst richtig aus: «Wenn du nun von Angebot und Nachfrage sprichst, wäre das ein Aufruf zu illegalem Verhalten! Das geht einfach nicht!»

Manfred Bühler schüttelt nur den Kopf und findet dann: «Wenn ich sage, es gibt ein Angebot und eine Nachfrage, heisst das nicht, dass man die Regeln nicht einhalten soll, die im Mietrecht stehen.» Es gebe grössere und kleinere Wohnungen, die seien je nach Lage teurer oder weniger teuer. Genau dort spiele der Markt eine Rolle: «Will ich an einen teureren Ort ziehen oder nicht?» Badran kauft ihm das nicht ab und sagt nochmals: «Genau das ist der Aufruf zu illegalem Verhalten.»

«Kein Grund» oder «Milliarden zu viel»?

Die geladenen «Arena»-Gladiatoren werden sich an diesem Abend nicht einig, ob die Mieten zu hoch und die Renditen überrissen sind. FDP-Nationalrat Beat Walti hält lieber eine Ode darauf, dass «eine gewisse Rendite normal» und wichtig für Investitionen sei. Grüne-Nationalrat Michael Töngi will aber von ihm wissen, warum er nicht für eine staatliche Kontrolle von Mietzinsen sei – was Jacqueline Badran vehement fordert.

Walti begründet es damit, dass es auf dem Wohnungsmarkt «Alternativen» brauche. «Es gibt keinen Grund, mit einer bürokratischen Übung alles zuzudecken», sagt der FDP-Politiker. Er wolle keine Friede-Freude-Eierkuchen-Predigt abhalten, aber seiner Sicht nach hätten Vermieter ein Interesse an guten Mietverhältnissen. «Wenn dann jeder zweite Mieter auf der Matte steht wegen einem aggressiven Mietzins, haben wir etwas falsch gemacht und das wird sich in den Kosten niederschlagen», sagt Walti.

Daraufhin schauen sich die zwei linken Politiker nur kopfschüttelnd in die Augen. Und Badran sagt: «Ich stelle fest, die beiden Herren (SVP-Bühler und FDP-Walti) wollen nicht erklären, warum die Mieten so massiv gestiegen sind, obwohl sie hätten sinken müssen. Es sind Milliarden, die wir zu viel bezahlen. Deshalb brauchen wir systematische Kontrollen bei den Mietzinsen.»

Nach dieser «Arena» ist klar: Es sieht nicht danach aus, als würden die Politisierenden in Bern einen Kompromiss finden (wollen), damit die Mieten in den nächsten Jahren spürbar sinken. Und das, während das Immobilienvermögen der Privathaushalte weiter ansteigt.