Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Gespräch mit dem ungarischen Portal «Partizán» erklärt, Polen und die baltischen Staaten hätten eine Annäherung zwischen der Europäischen Union und Russland verhindert. Nach ihrer Darstellung habe sie 2021 vorgeschlagen, ein neues Dialogformat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu schaffen, um die Beziehungen zu stabilisieren.
Dieser Vorschlag sei von mehreren osteuropäischen Ländern abgelehnt worden – aus Sorge, die EU könne keine einheitliche Russlandpolitik finden. Somit trügen die Länder eine gewisse Mitschuld an Putins Krieg gegen die Ukraine.
Merkel: Auch Corona-Pandemie begünstigte Krieg
Merkel verwies darauf, dass das 2015 ausgehandelte Minsker Abkommen eine «Beruhigung» geschaffen und der Ukraine Zeit gegeben habe, sich zu entwickeln. Das Scheitern eines neuen Dialogs habe jedoch zur weiteren Eskalation geführt. «Dann bin ich aus dem Amt geschieden, und dann hat die Aggression Putins begonnen.» Angela Merkel
Zugleich machte die ehemalige Kanzlerin auch die Corona-Pandemie mitverantwortlich für die zunehmende Entfremdung zwischen Russland und dem Westen. Durch ausgefallene persönliche Treffen mit Putin sei eine politische Verständigung schwieriger geworden. Videokonferenzen hätten nach Merkels Einschätzung nicht ausgereicht, um Kompromisse zu erzielen.
Kritik aus Polen
Polens Präsident Andrzej Duda wies die Aussagen entschieden zurück. Sein Land sei nicht Mitschuldiger, sondern potenzielles Ziel russischer Aggression. Es dürfe keine Verhandlungen geben, die den Kreml politisch legitimierten, betonte Duda.
Merkel erwähnte in dem Interview nicht, dass Russland bereits seit 2014 militärisch in der Ukraine aktiv ist und die grossangelegte Invasion im Februar 2022 begann – lange nach dem Ende ihrer Amtszeit. (watson)