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Deutsch-türkische Beziehungen

«Als ob wir zuhause spielten»: In Berlin sind die Anhänger der türkischen Mannschaft eindeutig in der Überzahl

Am Samstag traf Deutschland auf die Türkei. Der Fussball-Match zeigte nicht nur die sportlichen Defizite der deutschen Elf, sondern auch, wie wenig sich manche Zuwanderer und ihre Nachkommen mit der Bundesrepublik identifizieren. 
In Feierlaune: Anhänger der türkischen Nationalmannschaft am Samstag im Berliner Olympiastadion. 
Bild: Bild: Filip Singer/EPA

Das Schlimmste hat Recep Tayyip Erdogan seinen Gastgebern erspart: Am Freitag im Berliner Kanzleramt schimpfte der türkische Präsident zwar einmal mehr auf Israel, doch auf Genozid-Vorwürfe und absurde historische Vergleiche verzichtete er. Und als am Samstagabend im Olympiastadion das Fussball-Länderspiel zwischen Deutschland und der Türkei angepfiffen wurde, befand er sich bereits wieder in Ankara.

Dabei wäre Erdogan dem Vernehmen nach gern mit Kanzler Scholz auf der Ehrentribüne gesessen, doch sein Gastgeber lehnte offenbar ab. Das letzte Aufeinandertreffen der beiden Teams in Berlin hatte der damalige türkische Ministerpräsident vor Ort verfolgt: 2010 siegten die Deutschen 3:0 – angeführt von einem glänzend aufgelegten Mesut Özil, der mittlerweile als glühender Anhänger des islamistischen Präsidenten gilt.

Der Test-Match vom Samstag, der mit einem 3:2-Sieg der Türken endete, führte dem Publikum nicht nur die sportlichen Defizite der DFB-Elf vor Augen, sondern auch, wie wenig sich manche Zuwanderer und ihre Nachkommen mit der Bundesrepublik identifizieren. Ähnlich wie beim Spiel der Schweiz gegen Kosovo, das am selben Abend in Basel stattfand, befanden sich auch unter den 72’000 Zuschauern in Berlin die Unterstützer der Gastmannschaft eindeutig in der Überzahl. Nicht wenige Türkei-Fans dürften deutsche Staatsbürger gewesen sein.

Es sei, «als ob wir zu Hause spielten», freute sich Vincenzo Montella, der italienische Coach der Türken. Ilkay Gündogan, der deutsche Kapitän, wurde von den Zuschauern ausgepfiffen. Dass er für das Land seiner Geburt antritt anstatt für jenes seiner Vorfahren, nahm ihm ein Teil des Berliner Publikums offenbar übel. Mochte die Stimmung im Stadion auch streckenweise aggressiv sein, endete der Abend doch mit einem Lichtblick: Die türkischen Freudenfeiern auf dem Kurfürstendamm und andernorts in der Stadt blieben laut Angaben der Berliner Polizei friedlich.