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Alimenteninkasso-Verein steht auf dünnem Eis

Zwei Monate nach dem grossen Zerwürfnis mit der Frauenzentrale kommt der neue Verein für das Alimenteninkasso nicht so richtig in Fahrt. Erst ein Dutzend Gemeinden hat der Frauenzentrale das Mandat entzogen.

Von Urs Moser

In der Ferienzeit sei halt nicht viel passiert, viele Gemeinden hätten noch nicht entschieden, sagt Markus Leimbacher, Präsident des Vereins Alimenteninkasso Mittelland. Geschäftsführerin Eliane Frey will auf Anfrage nicht bekannt geben, wie viele Gemeinden konkret für das Alimenteninkasso von der Frauenzentrale zum neuen Verein der Abtrünnigen gewechselt sind. Man habe nach der Sommerpause eben erst begonnen, die Gemeinden zu kontaktieren. Bereits erstaunlich viele hätten reagiert, es kämen täglich neue Mandate hinzu, und auch grössere Gemeinden hätten den Zuschlag gegeben.

Ob das Interesse am Alternativangebot tatsächlich so gross ist wie dargestellt, darf zumindest bezweifelt werden. Nach «Sonntag»-Recherchen fanden sich diese Woche nur eine knappe Handvoll Gemeindevertreter zu einer Informationsveranstaltung von Alimenteninkasso Mittelland in Bremgarten ein. Die Zahl der bis jetzt erhaltenen Mandate soll dort mit einem Dutzend angegeben worden sein. Zum Vergleich: Die Alimenteninkasso-Stelle der Frauenzentrale betreut im Auftrag von 120 Gemeinden 1200 Dossiers. Ob es da für die nach der fristlosen Kündigung von der Frauenzentrale zum Konkurrenzverein gewechselten Mitarbeiterinnen überhaupt etwas zu tun und ein Auskommen gibt? «Wir haben Anfragen von Fachleuten, die bei uns arbeiten möchten», sagt Eliane Frey auf die Frage.

Man ist auskunftskarg geworden bei Alimenteninkasso Mittelland. Man sei bewusst nicht mehr offensiv an die Öffentlichkeit getreten, nachdem so massiv Stimmung gegen den neuen Verein gemacht worden sei, so Präsident Leimbacher. Während nach dem grossen Eklat zwischen der Frauenzentrale und der ihr angegliederten Alimenteninkasso-Stelle in den letzten Wochen allmählich Ruhe einzukehren schien, gärt es hinter den Kulissen mächtig weiter. Die Frauenzentrale und der neue Verein für das Alimenteninkasso liefern sich einen erbitterten juristischen Streit. In einem zivilrechtlichen Verfahren wird demnächst das Handelsgericht des Kantons Aargau darüber zu befinden haben, ob die fristlosen Kündigungen des Alimenteninkasso-Personals, das Abtransportieren von Akten und das Abwerben des Personals für einen neuen Alimenteninkasso-Verein rechtmässig waren. Die Nerven liegen im Verfahren blank. «Die Herren Leimbacher, Nebel, Hunn und Hottiger offenbaren ein Rechtsverständnis, das ihrer beruflichen Ausbildung und politischen Stellung zum Hohn gereicht», heisst es in einer Replik der Anwälte der Frauenzentrale auf die Darlegungen der Gegenseite. Die hat nun wiederum in den nächsten Tagen eine letzte Stellungnahme zuhanden des Handelsgerichts einzureichen, die so genannte Duplik. Vereinspräsident Leimbacher will sich nicht zu den Akten äussern, in die der «Sonntag» Einblick hatte. Er sagt nur, die juristische Auseinandersetzung bewege sich laut seinem Anwalt «auf einem Niveau, dass dieser noch nie erlebt hat».

Die angesprochenen Herren, das sind die Gründungsmitglieder des neuen Alimenteninkasso-Vereins: Markus Leimbacher, Rechtsanwalt und ehemaliger Grossrat; Hansruedi Hottiger, Stadtammann von Zofingen und Grossrat; Jörg Hunn, Gemeindeschreiber von Riniken; Franz Nebel, Gemeindeammann von Bad Zurzach und Grossrat. Persönlichkeiten von Ruf also, denen es nicht eben gut ansteht, mit Straftatbeständen wie Einbruch, Diebstahl und Veruntreuung in Verbindung gebracht zu werden.

Und die Rechtslage scheint nicht gerade für sie zu sprechen. Noch entscheidender als im Verfahren vor Handelsgericht dürfte für die parallel laufende Strafuntersuchung die Frage sein, ob die Alimenteninkasso-Stelle glaubhaft machen kann, eine eigenständige Organisation und nicht bloss eine Abteilung der Frauenzentrale gewesen zu sein. In «vereinzelten Unterlagen» finde man «Hinweise auf die weitgehende Selbstständigkeit», führt der Verein dazu an. Und es sei «zumindest nicht offensichtlich, dass diese Alimenteninkasso-Stelle juristisch keine Rechtspersönlichkeit hat». Damit zeigt sich nun erstmals, auf welcher dünnen Basis man sich im Juni das Recht genommen hatte, ausgewechselte Schlösser in Büroräumlichkeiten aufzubrechen und Akten abzutransportieren. Sich mit den fristlosen Kündigungen auch gleich selber anteilsmässig den 13. Monatslohn auszuzahlen, schien den «zumindest nicht offensichtlich» unter der Herrschaft der Frauenzentrale stehenden Abtrünnigen ebenso in Ordnung wie ohne nähere Zahlungsbegründung 53 000 Franken vom Konto der Frauenzentrale auf dasjenige von Vereinsgründer Leimbachers Geschäftspartner zu zügeln.