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Sonntagszeitungen

Afghaninnen erhalten Anrecht auf Asyl ++ Coop und Migros verkaufen Zuchtlachs zu Schleuderpreisen ++ Rösti gerät ins Visier

Das berichten die Sonntagszeitungen am 17. Dezember 2023: Die wichtigsten Themen in der Übersicht.

VBS-Staatssekretariat: Wichtige Mitarbeiter gehen von Bord

Zum Jahreswechsel startet das neue Staatssekretariat für Sicherheitspolitik (Sepos) im VBS. Ausgerechnet jetzt aber häufen sich die Abgänge. Im derzeit für Sicherheitspolitik zuständigen Bereich haben jüngst vier von zwölf Mitarbeitern gekündigt. Das VBS hat die Kündigungen auf Anfrage der « NZZ am Sonntag » bestätigt.

Die Abteilung wird von Pälvi Pulli geleitet und soll im neuen Staatssekretariat eigentlich eine wichtige Rolle spielen. Unklar ist, wem Verteidigungsministerin Viola Amherd dessen Leitung übertragen will. Die designierte Bundespräsidentin hat das wichtige Personalgeschäft kommende Woche in der Landesregierung traktandiert. Die Kritik an der Umstrukturierung des VBS nimmt zu.

Pälvi Pulli, Chefin Sicherheitspolitik VBS.
Bild: Bild: Peter Klaunzer/Keystone

«Die Abteilung von Frau Pulli ist zentral für das Staatssekretariat. Wenn da die Leute davonlaufen, ist dies ein deutlicher Hinweis, dass die Übung wohl falsch aufgegleist wurde», sagt der FDP-Ständerat Josef Dittli. Und der SVP-Sicherheitspolitiker Mauro Tuena kritisiert: «Wir wissen bis heute nicht, warum es dieses Staatssekretariat wirklich braucht. Es bringt uns keinen Mehrwert. Und dann kann man es auch bleiben lassen.»

Wer das Staatssekretariat leiten soll, ist weiterhin unklar. Viola Amherd hat das Personalgeschäft kommende Woche traktandiert. Dann trifft sich der Bundesrat zu seiner letzten Sitzung in diesem Jahr. Ein Grund dafür, dass der Posten noch nicht besetzt sei, könnte darin liegen, «dass die Struktur und die Art der Umsetzung halbherzig und nicht konsequent zu Ende gedacht wurden», sagt Dominik Knill, Oberst und Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft in der «NZZ am Sonntag».

EU-Abkommen: Arbeitgeber hoffen auf Beat Jans

Es tut sich was im EU-Dossier: Diese Woche hat der Bundesrat den Entwurf für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU verabschiedet. Bei den Arbeitgebern kommt das gut an. «Es ist ein erfreulicher Meilenstein», sagt Roland A. Müller, der Direktor des Arbeitgeberverbandes, im Interview mit der «NZZ am Sonntag» . Deutlich kritischer sind die Gewerkschaften, die auf einen harten Lohnschutz pochen.

Müller sagt, man sei bei diesem Thema bereits auf die Gewerkschaften zugegangen. «Es wäre schön, wenn sie das auch einmal anerkennen würden.» Bei Forderungen nach Mindestlöhnen und ausgeweiteten Gesamtarbeitsverträgen handle es sich aber um «ideologische Gewerkschaftspolitik», die sich nicht mit den EU-Verhandlungen begründen lasse. «Damit torpedieren sie den liberalen Arbeitsmarkt.»

Müller setzt auf den neuen und proeuropäischen SP-Bundesrat Beat Jans. «Ich hoffe, dass er die Sozialdemokraten und die Gewerkschaften überzeugen kann, dass wir auf einem guten Weg sind.» Im Vergleich zum Rahmenvertrag habe man Fortschritte erzielen können.

Brisanter Entscheid: Afghaninnen erhalten Anrecht auf Asyl

Das Bundesverwaltungsgericht platzt mit einem neuen Entscheid mitten in die politische Debatte um Asyl für verfolgte Frauen aus Afghanistan. Wie die « NZZ am Sonntag » berichtet, hält es fest, dass «ein selbstbestimmtes Leben für Frauen und Mädchen in Afghanistan unter dem aktuellen Regime nicht möglich ist». Wegen des unerträglichen psychischen Drucks, dem sie ausgesetzt würden, hätten sie in der Schweiz ein Anrecht auf Asyl.

Und damit auch auf Familiennachzug. Am kommenden Dienstag debattieren die Räte über zwei Vorstösse, die eine Korrektur der gegenwärtigen Asylpraxis des Staatssekretariats für Migration (SEM) fordern. Diesen Sommer hat das Amt unter der Leitung von Elisabeth Baume-Schneider entschieden, dass Afghaninnen Asyl erhalten sollen, weil sie aufgrund ihres Geschlechts verfolgt werden. Seither ist der Familiennachzug einfacher möglich.

Bürgerliche Politikerinnen und Politiker wollen dies nun rückgängig machen. Alberto Achermann, Professor für Migrationsrecht an der Universität Bern, sagt in der «NZZ am Sonntag»: «Flüchtlingsrechtlich war das schon immer ein ziemlich klarer Fall. Die Situation der Frauen in Afghanistan ist sehr gut dokumentiert.» Das Urteil bestätige nun das Staatssekretariat für Migration (SEM) bei seiner Auslegung des Flüchtlingsbegriffs. Afghaninnen könnten sich in Zukunft darauf berufen – und bleiben.

Vorwürfe von Greenpeace: Coop und Migros werben mit Nachhaltigkeit, verkaufen aber Zuchtlachs zu Schleuderpreisen

In der Schweiz wird kein anderer Fisch so stark mit Rabatten beworben wie der Atlantische Lachs, wie die « NZZ am Sonntag » berichtet. Die Umweltorganisation Greenpeace hat während dreier Monate des laufenden Jahres die Aktionen von Fischprodukten bei Coop und Migros untersucht.

Gemäss den noch unveröffentlichten Zahlen dominieren Zuchtlachsprodukte bei beiden Unternehmen die Top 3 der am stärksten preisreduzierten Fischprodukte. Insgesamt macht Lachs 24 Prozent der Fischaktionen bei Coop und 13 Prozent der Fischaktionen bei Migros aus. In allen Fällen handelt es sich um Lachse, die in Norwegen, Schottland oder Irland in Aquakulturen gezüchtet wurden.

Atlantischer Lachs.
Bild: Bild: mago Images

Daran stösst sich Greenpeace: «Diese Aktionen stimmen nicht mit den Versprechen überein, die Migros und Coop immer wieder abgeben», sagt die Meeresbiologin Iris Menn, die für die Umweltorganisation arbeitet, der «NZZ am Sonntag».

«Die Unternehmen preisen sich als besonders nachhaltig. Gleichzeitig kurbeln sie mit Schleuderpreisen aber den Verkauf eines Fischproduktes an, dessen Erzeugung der Umwelt und dem Tierwohl schadet.»

Die Produktion von Zuchtlachs gilt als problematisch, weil die Zuchtfische wegen Parasiten eine hohe Mortalität aufweisen und weil Fischkot sowie Pestizide ungefiltert ins Wasser gelangen.

Berset und die Kampfjets: «Ich dachte nur: Autsch»

Nach 12 Jahren als Bundesrat tritt Alain Berset Ende Jahr von der Politbühne ab. Im grossen Abschiedsinterview mit der SonntagsZeitung zieht er Bilanz: Das Amt sei vor allem für sein Privatleben «nicht immer einfach» gewesen. Aber eigentlich sei es ein normaler Job: «Ich stehe morgens auf und gehe alleine zur Arbeit, und wenn Feierabend ist, gehe ich wieder heim.»

Bundespräsident Alain Berset bei seiner Abschiedsrede, vor den Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates durch die Vereinigte Bundesversammlung, am Mittwoch, 13. Dezember 2023 im Nationalratssaal in Bern.
Bild: Bild: Marcel Bieri/Keystone

Berset bedauert, dass der Politbetrieb immer schneller geworden ist – vor allem durch die sozialen Medien. Er sagt, was er in der Zeit als Bundesrat gelernt hat, ob er als Gesundheitsminister selber zu einer billigeren Krankenkasse gewechselt ist, wie er sich seine grosse Popularität erklärt – und was er gedacht hat, als neben dem von ihm pilotierten Flugzeug über französischem Sperrgebiet plötzlich zwei Rafale-Kampfjets auftauchten.

Zwei Priester einer konservativen Pfadi-Gruppe unter Verdacht

In der katholischen Pfadigruppe «Feuerkreis Niklaus von Flüe» waren bis vor kurzem zwei Priester aktiv, gegen die es aktuell Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs gibt. Wie die SonntagsZeitung berichtet, fand die Polizei bei einem davon Videoaufnahmen. Er hatte an einem Pfadianlass über längere Zeit die Brust eines Mädchens gefilmt. Der Kleriker steht auf der Schwarzen Liste der Eidgenössischen Konferenz der Erziehungsdirektorinnen und -direktoren.

Gegen den zweiten Priester ermittelt derzeit die Bündner Staatsanwaltschaft. Stefan Loppacher, Präventionsbeauftragter der Bischofskonferenz, kritisiert die Passivität der katholischen Kirche: Nach solchen Vorwürfen müsste man bei der Pfadi Schutzkonzepte überprüfen und klären, welche Anforderungen es für die Priester gebe, um Zugang zu den Minderjährigen zu erhalten. «Doch für eine private Pfadi-Gruppe, in der Priester aktiv sind, fühlt sich in der Kirche niemand zuständig.»

Die problematischen Priester würden in der Regel von konservativen kirchlichen Kreisen gedeckt. «Und mit denen will sich kein Bischof anlegen, weshalb sie lieber die Augen schliessen», sagt Loppacher in der SonntagsZeitung. Der «Feuerkreis» sagt auf Anfrage, man toleriere keine Art von Missbrauch. Der Priester mit den Videos sei nicht mehr Mitglied. Der zweite Pater, gegen den es erst seit November 2023 Vorwürfe gebe, werde dem «Feuerkreis» bis zur Klärung der Sachlage fern bleiben.

Portmann-Absetzung stösst in der FDP auf Kritik

Der Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann plante schon Reisen in den Gazastreifen und nach Kabul. Das Präsidium der aussenpolitischen Kommission hätte sein Höhepunkt werden sollen. Selbst die Fraktion hatte die Nomination bereits durchgewunken. Doch dann hat ihm die Fraktionsspitze nach einer unvorsichtigen Bemerkung zu den Bundesratswahlen das Prestigeamt im letzten Moment verweigert.

Hans-Peter Portmann, FDP-Nationalrat Zürich.
Bild: Bild: Alessandro Della Valle/Keystone

Parteikollegen sagen hinter vorgehaltener Hand, wiederholte Sololäufe seien Portmann zum Verhängnis geworden. Die ehemalige FDP-Nationalrätin Doris Fiala hingegen nimmt ihn in Schutz: «Das hat Portmann nicht verdient», sagt sie in der SonntagsZeitung. Er sei ein «sehr kompetenter» Aussenpolitiker. Die Geschichte helfe auch der FDP nicht. «Eine gewisse Nervosität ist nicht von der Hand zu weisen.»

Wermuth droht SVP, FDP und Mitte mit Retourkutsche

SP-Co-Chef Cédric Wermuth ärgert sich darüber, dass bei den Bundesratswahlen Daniel Jositsch 70 Stimmen erhalten hat. Trotz anderslautenden Versprechen von Partei- und Fraktionsspitzen habe im rechten Lager «rund die Hälfte» nicht einen der offiziellen SP-Kandidaten gewählt. Dieses Verhalten könnte Auswirkungen auf eine künftige Bundesratswahl haben.

Cedric Wermuth, Co-Präsident SP Schweiz.
Bild: Bild: Peter Klaunzer/Keystone

Wermuth sagt dazu in der SonntagsZeitung: «Ein grosser Teil unserer Fraktion wird sich daran erinnern, wenn es dereinst um die Nachfolge der amtierenden Bundesrätinnen und Bundesräte von Mitte, FDP und SVP geht.» Was das konkret heisst, lässt Wermuth offen. Denkbar wäre, dass sich die SP nicht mehr verpflichtet fühlen könnte, sich an ein Ticket einer anderen Partei zu halten und deshalb eine wilde Kandidatur unterstützen würde.

Expertin ruft die Schweiz auf, «absurdes EU-Gesetz» zu ignorieren

Der Bundesrat hat die Verhandlungen mit der EU am Freitag neu gestartet. Christa Tobler, Professorin für EU-Recht, ist grundsätzlich zuversichtlich. Ein bei den Verhandlungen zwischen der Schweiz und Brüssel entscheidendes EU-Gesetz bezeichnet sie in der SonntagsZeitung allerdings als «absurd».

Christa Tobler, Professorin für EU-Recht an der Uni Basel.
Bild: Bild: zvg

Sie rät der Schweiz, dieses bei den Verhandlungen notfalls anzunehmen und später einfach zu ignorieren, sprich: nicht anzuwenden. Bei dem Gesetz geht es um die Spesenregelung für EU-Bürger, die in der Schweiz arbeiten wollen. Die Regelung der EU würde Schweizer Firmen diskriminieren.

Ansonsten lobt Tobler aber: Der Bundesrat habe der EU bei den Vorverhandlungen viele erstaunliche Zugeständnisse abgerungen. Bemerkenswert sei insbesondere, dass die EU der Schweiz Ausnahmen bei den Migrationsgesetzen gewähren wolle. So soll die Schweiz nicht verpflichtet werden, EU-Bürgern, die nicht arbeiten, ein Daueraufenthaltsrecht zu geben.

EU-Debatte: Gruppe Kompass/Europa plant Volksinitiative gegen «fremde Richter»

Die EU-Pläne des Bundesrats rufen die Allianz Kompass/Europa auf den Plan, die Organisation um Partners-Group-Gründer Alfred Gantner. «Die Architektur ist wieder dieselbe: Dynamische Rechtsübernahme», kritisiert Gantner gegenüber SonntagsBlick das Verhandlungsmandat mit der Europäischen Union.

Alfred Gantner, schwerreich und EU-kritisch.
Bild: Bild: zvg

Er lehne diese definierte Ausgangslage «fundamental ab» und sei überzeugt, «dass es wieder scheitern wird». Anders als vor drei Jahren allerdings will es die Truppe nicht bei blosser Verhinderung belassen. Gantner: «Man kann nicht immer nur Nein sagen, sondern muss eine neue rationale, erfolgsorientierte Richtung vorlegen.»

Gantner & Co. planen eine Volksinitiative. «Wir werden mit einem neuen Weg ans Volk gelangen», bestätigt er gegenüber der Zeitung. Die Stossrichtung: Sektorielle Abkommen mit Brüssel unter Beibehaltung der Souveränität, wie von Kompass/- Europa bereits mehrfach gefordert.

Die Vorbereitungen stehen noch am Anfang. Kommende Woche wird sich die Spitze von Kompass/Europa mit der Agentur Farner treffen. Die Kommunikationsfirma stand Gantner beim Widerstand gegen das erste Rahmenabkommen beratend zur Seite.

SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard: «Verhandelt mit Brüssel hart!»

Der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Pierre-Yves Maillard, fordert vom Bundesrat harte Verhandlungen mit Brüssel: «Verhandelt mit Brüssel hart und holt das Beste für die Menschen in der Schweiz raus!», sagte Maillard im SonntagsBlick-Interview. Nachbesserungen sieht er beim Lohnschutz notwendig, bei der Spesenregelung und beim Service public.

Pierre-Yves Maillard, Präsident SGB.
Bild: Bild: Anthony Anex/Keystone

Mit einem hohen Tempo rechnet Maillard nicht: «Wir haben keine Eile. Wenn der Bundesrat liefert und Brüssel sich kompromissbereit zeigt, dann können wir gerne vorwärts machen. Es würde mich aber doch sehr überraschen, wenn die vielen Probleme in einigen Monaten gelöst werden könnten.»

Auch zeigt sich der Gewerkschaftsboss zuversichtlich, die Abstimmung über die 13. AHV-Rente am 3. März zu gewinnen. «Die Profite boomen, Banken werden gerettet – aber die Renten und Löhne reichen nicht mehr aus, weil alles teurer wird: die Mieten, die Gesundheitsprämien, die Lebensmittel. Doch wer soll das bezahlen, zumal im Alter? Wir brauchen eine 13. AHV-Rente», sagt Maillard. Da sich die Genfer SVP für die Initiative der Gewerkschaften ausgesprochen habe, erwartet er nun von der stellvertretenden SVP-Parteichefin Céline Amaudruz, dass sie auf die Basis hört und sich für die 13. AHV-Rente stark macht.

Stopp von Wolfsjagd: Bundesamt für Umwelt versucht, Versäumnisse zu korrigieren

Mehrere Umweltschutzorganisationen haben das Bundesamt für Umwelt (Bafu) auf dem komplett falschen Fuss erwischt: Vor rund einer Woche haben sie im Wallis und in Graubünden Beschwerden am Bundesverwaltungsgericht den proaktiven Abschuss von fünf Wolfsrudeln erwirkt. Kaum hatte die grosse Wolfsregulierung Anfang Dezember begonnen, wurde sie bereits jäh wieder ausgebremst. Dass das überhaupt so schnell möglich war, liegt an einem Versäumnis im Bafu, wie der SonntagsBlick berichtet.

Ein Wolf im Wildnispark Langenberg, aufgenommen am Freitag, 8. Dezember 2023 in Langnau am Albis.Die Woelfe im Wildnispark Zuerich Langenberg stammen urspruenglich von Wildfaengen in den Karpaten ab und entsprechen jenen Woelfen, die auch bei uns heimisch waren. (KEYSTONE/Michael Buholzer)
Bild: Bild: Michael Buholzer/Keystone

Anders als die Kantone, hat der Bund möglichen Beschwerden gegen seine Abschussbewilligungen nicht die aufschiebende Wirkung entzogen. Dies, weil man beim Bafu davon ausgeht, dass die Umweltschützer gar nicht zur Beschwerde berechtigt sind. Jetzt versucht der Bund, das Versäumte nachzuholen: Das Bafu hat beim Bundesverwaltungsgericht ein Gesuch gestellt, um den Beschwerden nachträglich die aufschiebende Wirkung zu entziehen. Dadurch sollen die Wölfe der fünf Rudel doch noch in der Jagdsaison bis Ende Januar 2024 geschossen werden können.

SP-Nationalrätin kritisiert Albert Rösti und kündigt Interpellation an

SP-Nationalrätin Martina Munz (67) ist «entsetzt darüber», was Albert Rösti entschieden hat. «Die Änderungen der Jagdverordnung verstossen gegen die Verfassung, das Gesetz und die Berner Konvention», schreibt Munz in einer Interpellation, die SonntagsBlick vorliegt und die sie nächste Woche einreichen will. Munz kritisiert, dass Rösti auf eine ordentliche Vernehmlassung verzichtet hat.

Martina Munz, SP-SH, beantwortet eine Frage, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 2. Juni 2022 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Bild: Bild: Alessandro Della Valle/Keystone

«Mit einer skandalös kurzen Frist von neun Tagen wurden nur wenige Verbände zu einer Stellungnahme eingeladen», schreibt Munz in ihrer Interpellation. Sie wirft Umweltminister Albert Rösti vor, gegen das Vernehmlassungsgesetz verstossen zu haben. Röstis Anti-Wolf-Politik verstosse auch gegen die Berner Konvention, wonach der Wolf zu den streng geschützten Tierarten gehöre.

Bundesrat Albert Roesti beantwortet eine Frage an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 11. Dezember 2023 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Bild: Bild: Alessandro Della Valle/Keystone

Auch Christine Steiner (59) ist stinksauer auf Albert Rösti. Die Präsidentin der Wolfslobby CHWolf wirft dem SVP-Bundesrat vor, mit falschen Zahlen zu arbeiten. «Die Zahlen von September 2023 zeigen: Dank besserem Herdenschutz geht die Zahl der Risse zurück, obwohl es mehr Wölfe gibt.» Auch ist Steiner überzeugt: Nicht der Wolf ist das Problem, sondern ein zu laxer Herdenschutz. Mit besseren Zäunen und mehr Hunden könne man den Wolf davon abhalten, Schafe zu reissen.

Gegen eigene Partei: SVP-Bundesrat Albert Rösti muss das CO2-Gesetz verteidigen

Nächste Woche diskutiert der Nationalrat die Revision des CO2-Gesetzes. Darin enthalten: Ein Artikel, der steigende Benzinpreise zur Folge hätte. Ausgerechnet SVP-Bundesrat Rösti muss die Vorlage verteidigen. Vor seiner Wahl in die Regierung war der Frutiger Präsident der Vereinigung Schweizer Automobilimporteure «Auto Schweiz».

Im Wahlkampf 2019 lautete Röstis Motto: «Wenn du höhere Benzinpreise verhindern willst, dann wähle die SVP.» Röstis Partei läuft gegen die Benzinpreiserhöhung Sturm. Streitpunkt ist die neu geplante Überführungspflicht. Sie verpflichtet die Automobilbranche dazu, Benzin und Diesel künftig einen höheren Anteil erneuerbarer Treibstoffe beizumischen.

Christian Imark, neuer Präsident der Urek.
Bild: Bild: Hanspeter Bärtschi

SVP-Nationalrat Christian Imark will diesen Passus komplett streichen. Der neue Präsident der Urek sagt gegenüber SonntagsBlick: «Die Überführungspflicht sowie die Änderungen der Kompensationspflicht werden die Preise an der Zapfsäule um circa zehn Rappen pro Liter verteuern.»

Imark hofft, dass sein Streichungsantrag im Nationalrat auf offene Ohren stösst. Auch Albert Rösti habe sich gegen die Überführungspflicht ausgesprochen. Schliesslich sei die Erhöhung des Benzinpreises der Hauptgrund dafür gewesen, dass die Stimmberechtigten im Sommer 2021 der Totalrevision des CO2-Gesetzes eine Abfuhr erteilt hätten. «Jetzt riskiert der Bundesrat, dass erneut das Referendum ergriffen wird.» Gegen eine Streichung ist SP-Nationalrätin Gabriela Suter: «Setzen wir jetzt bloss halbherzige Massnahmen um, müssen wir in ein paar Jahren viel stärker eingreifen.»

Illegale Russland-Exporte: Seco stellt acht Strafbescheide aus

Kurz nach Beginn von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine schloss sich die Schweiz den Russland-Sanktionen an. Seitdem dürfen keine Luxusgüter mehr nach Russland exportiert werden – erst recht keine Luxusuhr im Wert von 297’000 Franken, wie sie der Schweizer Zoll in einer Sendung nach Moskau entdeckte.

Seit Gültigkeit der Sanktionen sind dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco 200 Verdachtsfälle wegen mutmasslichen Verstosses gegen die Ukraine- und Belarus-Verordnung gemeldet worden, erfuhr SonntagsBlick. Diese mündeten in bislang 40 Verwaltungsstrafverfahren. Davon wurden 28 Verfahren rechtskräftig abgeschlossen mit 20 Einstellungsverfügungen und acht Strafbescheiden.

Post: Neue Logistik-App sorgt bei Paketboten für Ärger

Im laufenden Jahr hat die Post die «dynamische Laufroutenplanung» eingeführt, Dyla genannt. Dyla soll die Paketzustellung optimieren. Viele langjährige Mitarbeitende empfinden die Umstellung jedoch als deutliche Verschlechterung ihres Arbeitsalltags, vor allem in der stressigen Vorweihnachtszeit.

Ein Pöstler verteilt die Post.
Bild: Bild: Christian Beutler/Keystone

Gegenüber SonntagsBlick beklagen sich Paketboten, dass das neue System und die dazugehörige App unbe­rechenbar, unökologisch und sogar potenziell gefährlich sei. Die Verantwortlichen bei der Post wissen vom Unmut des Personals: «Wir sind uns bewusst, dass es gerade für langjährige Pöstlerinnen und Pöstler eine grössere Umstellung ist, ‹nach Plan› zu fahren», sagt eine Sprecherin. Gleichzeitig betont das Unternehmen, die Tourenplanung sei inzwischen so komplex geworden, dass man für die ­Sortierung der Pakete technologische Unterstützung benötige.

«Die Post kann durch die dynamische Planung viel schneller und flexibler auf Mengenschwankungen oder besondere Anforderungen der Zustellung reagieren.» Insgesamt sieht der Konzern die Einführung von Dyla «auf Kurs». Bei den Arbeitnehmervertretern klingt es anders. «Wir haben die Bedenken im Zusammenhang mit dem neuen System wiederholt vorgetragen», sagt ein Sprecher der Gewerkschaft Syndicom. Die Post habe versprochen, die Probleme anzugehen. Bisher jedoch nicht mit dem gewünschten Ergebnis.