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«Äusserst zweifelhaft und problematisch»: Rote Karte für den Fussball-Sponsor des FC Schaffhausen

Alarm bei Berformance, Hauptsponsor des FC Schaffhausen: Zahlungsprobleme und eine Warnung der deutschen Finanzaufsicht. Und dann taucht auch noch ein möglicher neuer Klubinvestor auf: der Banker Boris Collardi.
Die Berformance ist Hauptsponsor des FC Schaffhausen und wird zur Hypothek für den Club.
Bild: Bild: Alexander Wagner / Foto Wagner

Kurz vor Weihnachten 2023 erhielten Investoren bei der Firma Berformance eine schlechte Nachricht: Nur ein Viertel des Geldes wird ihnen ausbezahlt, das ihnen bei Vertragsunterzeichnung vorgerechnet worden war. «Zunächst für mindestens 2 Monate, gegebenenfalls auch 3 Monate» soll die Reduktion gelten, heisst es in einer E-Mail, die an die Kundinnen und Kunden von Berformance ging.

Die Berformance versteht sich zwar als blosse «Vertriebsgesellschaft». Sie sei deshalb nicht verantwortlich sei für die Erfüllung der vermittelten Verträge, glaubt Geschäftsführer Christian Lux. In einer internen Videoschaltung begründete Gerrit Kössling, Topmann bei Berformance, die Zahlungsprobleme allerdings mit «konjunkturellen Dingen», mit «Stromkosten und gewissen anderen Preiserhöhungen». Ausserdem seien «im Buchhaltungsbereich Personen krankheitsbedingt ausgefallen». Dann kämen ja noch die Feiertage hinzu und es gebe eben «immer wirtschaftliche Risiken».

Berformance ist auch umstrittener Hauptsponsor des FC Schaffhausen (FCS). Die Partnerschaft kam im Sommer 2023 über das Umfeld des früheren FCS-Coachs Murat Yakin, dem heutigen Nationaltrainer, zustande. Yakin wird seit Jahren nachgesagt, am FCS beteiligt zu sein, was er jedoch dementiert.

Traumhafte Rendite auf zweifelhafter Basis

Eine verdeckte Recherche hatte die «Schaffhauser AZ» (AZ) Ende September in die VIP-Lounge von Berformance im FCS-Stadion geführt und Einblick ins Innere des Systems offenbart: Berformance verspricht, das investierte Geld verdreifache sich innert dreier Jahre. Wo investiert wird und wie die hohen Renditen zustandekommen sollen, blieb unklar. In den Verträgen, die Berformance vorlegte, fanden sich keine konkreten Angaben. Bei Auftritten der Geschäftsleitung fielen dafür Schlagworte wie Blockchain, künstliche Intelligenz oder Hochleistungscomputer.

Dennoch mögen zahlreiche Menschen an die grossen Versprechungen glauben. Eine Kundin, nennen wir sie Petra Klopfer, kündigte ihren Job, liess sich 100’000 Franken aus ihrer Pensionskasse auszahlen, investierte das Geld bei Berformance und bekam einige Monate lang eine Rendite ausbezahlt.

Ein Juristenteam der Stiftung für Konsumentenschutz hatte sich auf Anfrage die Verträge angeschaut, die Berformance ihren Investoren vorlegt. Verträge, wie sie auch Petra Klopfer unterzeichnet hat. Sie seien «äusserst zweifelhaft und problematisch», meinte das Juristenteam. «Die Kalkulation (der zu erwartenden Gewinne) ist intransparent, und es werden absolut unrealistische Renditeerwartungen geweckt.» Das Fazit: «Betroffenen Personen raten wir, die involvierten Unternehmen der Finanzmarktaufsicht Finma und der Polizei zu melden.»

Nicht anders sieht es die deutsche Finanzaufsicht Bafin, die am 20. Dezember 2023 eine Warnmeldung zu Berformance veröffentlicht hat. Die Bafin warnt regelmässig vor unerlaubten Geschäften, unseriösen Praktiken oder Betrugsversuchen und informiert über entsprechende Ermittlungen. Im Fall von Berformance geht es um Transparenz. Die Behörde überprüft dabei, ob die vom Gesetz vorgeschriebenen Mindestangaben zur Transparenz erfüllt sind und ein entsprechendes Verkaufsprospekt vorliegt. Auf dieser Basis soll ein potenzieller Kunde entscheiden können, ob er investiert oder nicht.

Gemäss der Warnmeldung verdächtigt die Finanzaufsicht Bafin den Dienstleister Berformance, sein Produkt ohne Verkaufsprospekt anzubieten. In der Mitteilung heisst es, «die Bafin rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, Investitionen in Vermögensanlagen immer nur auf der Grundlage aller erforderlichen Informationen zu tätigen.» Berformance-Mann Lux bezeichnet die Warnung als «ungerechtfertigt».

Im Berformance-System spielt der FC Schaffhausen eine wichtige Rolle. Er mag bloss ein Provinzklub sein, dennoch ist er der bislang prominenteste Partner. Die Zusammenarbeit zelebriert Berformance in zahlreichen Beiträgen in den sozialen Medien. «Wir wollen bekannter werden. Wenn sich unser Name etwas einprägt, dann haben wir schon eine ganze Menge erreicht», sagte etwa Berformance-CEO Lux über das Sponsoring des Clubs.

Boris Collardi bestätigt Gespräche mit dem Club

Für die Anlegerinnen sind die Zahlungsprobleme von Berformance zwar schlechte Nachrichten. Sie bangen um ihr Geld. Im Umfeld des FC Schaffhausen könnten die Zahlungsprobleme paradoxerweise durchaus aber auch als positives Zeichen interpretiert werden. Denn der Club braucht einen neuen Investor und dieser steht theoretisch auch bereit. Auf Anfrage bestätigt der Ex-Julius-Bär Banker Boris Collardi sein Interesse und bereits bestehende Gespräche mit Exponenten der FCS.

Collardi ist ein Fussball-Fan. Mit Yakin steht er seit längerem in Kontakt. So sind beide etwa Investoren beim Start-up Footbao.world, auf dem sich Fussballtalente in Tik-Tok-Manier präsentieren können. Collardi hat sich im Mai 2022 zudem beim süditalienischen Fussballclub US Lecce eingekauft. Er sagt: «Wie es meine Engagements dokumentieren, bin ich grundsätzlich am Fussball auch unter Investitionsaspekten interessiert.» Ein Engagement in Schaffhausen sei deshalb denkbar. Er sagt allerdings auch: «Vorausgesetzt, dass verschiedene Bedingungen erfüllt sind.» Und zu diesen Voraussetzungen, so heisst es, gehört die Auflösung des Sponsoring-Vertrags mit dem Reputationsrisiko Beformance.

Steigende Investments auf indexiertem Produkt

Bislang konnte man über die Dimension des Berformance-Systems bloss rätseln. Nun jedoch liegen interne Dokumente mit den neusten Geschäftszahlen vor. Daraus lassen sich drei Schlüsse ziehen: Das Geschäft wächst stark, die Schweiz wird immer wichtiger und Tausende von Personen sind betroffen.

2021 erzielte das Berformance-Anlageprodukt «More» einen Umsatz von 15,8 Millionen Euro, davon 4,4 Millionen in der Schweiz. «More» ist die Standard-Investition, vor der die deutsche Finanzaufsicht Bafin auch explizit warnt. Auch die Kundin Petra Klopfer hat ihr Geld aus der Pensionskasse in «More» investiert. 2022 verdoppelte sich der Umsatz auf 30,1 Millionen, davon 11,5 Millionen in der Schweiz. 2023 waren es 72,1 Millionen (31 Millionen in der Schweiz).

Zusammengezählt: 118 Millionen Euro. Allein im Jahr 2023 waren es 2251 Personen, die Geld ins Produkt «More» investierten. Sie alle dürften vor Weihnachten die schlechte Nachricht mit den um drei Viertel gesenkten Ausschüttungen erhalten haben.

Zahlungsprobleme scheint es nicht nur bei den Renditeauszahlungen zu geben. Gemäss einem deutschen Dienst für Bonitätsauskünfte über Unternehmen läuft ein Inkassoverfahren gegen Berformance. Die Firma schulde einen Betrag von 287’532.92 Euro (Stand Ende Oktober 2023). Wem das Geld geschuldet ist, ist nicht bekannt.

Ob der FC Schaffhausen das vereinbarte Geld, das der Club für den Betrieb benötigt, bislang erhalten hat, ist unklar. Über Inhalte von Sponsoringverträgen gebe man generell keine Auskunft, teilt FCS-Mediensprecher Stefan Bernhard mit. Auf Fragen zur Warnung der deutschen Finanzaufsicht und zu den massiv reduzierten Ausschüttungen antwortet der Klub mit einem Satz: «Der FC Schaffhausen verzichtet auf eine Stellungnahme.»

Dieser Artikel erscheint in Zusammenarbeit mit der «Schaffhauser AZ»