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Schweiz

Im Iran verhaftet: Geheimdienst-Affäre rehabilitiert Schweizer Crypto-Mitarbeiter

1992 wurde der ehemalige Crypto-Mitarbeiter Hans Bühler in Teheran verhaftet. Seither gibt es Gerüchte um die Zusammenarbeit zwischen der Zuger Firma und den Geheimdiensten. Die Affäre Bühler war die schwerste Krise der Operation Rubikon – und verunsicherte die Deutschen nachhaltig.
Hans Bühler (links) bei seiner Ankunft am Flughafen Zürich am 5. Januar 1993. (Str / KEYSTONE)

Doris Kleck

Auch die Affäre um den Schweizer Hans Bühler brauchte einen Codenamen: «Hydra» steht für die schwerste Krise der Operation Rubikon. Sie ist verantwortlich dafür, dass es seit den 90er-Jahren Gerüchte um die Crypto AG gab. Und sie war mit ein Grund, weshalb die Partnerschaft des amerikanischen und des deutschen Geheimdienstes 1993 ein rasches Ende nahm.

Was war passiert? Die iranische Führung hegte schon länger einen Verdacht, als sie 1992 den besten Verkäufer der Crypto AG festnahm. Hans Bühler, damals 51-jährig, farsi-sprechend und unwissend. Bühler führte in einer Teheraner Privatwohnung Gespräche mit zwei Offizieren der iranischen Armee, als er verhaftet und der Spionage beschuldigt wurde. 292 Tage sass er fest; dank einer Kautionszahlung kam er frei. Bis anhin dachte man, die Crypto habe die Summe von einer Million Franken bezahlt. Doch von der «Washington Post» publizierte Dokumente zeigen, dass das Geld vom deutschen Bundesnachrichtendienst stammte. Der CIA wollte sich nicht beteiligen, weil er keine Lösegelder für Geiseln bezahlt. Dem Präsidenten des BND war die Freilassung aber zu wichtig, deshalb griffen die Deutschen in die Staatskasse.

Bühler brachte die Crypto AG in Bedrängnis

Bühler kam als traumatisierter Mann zurück. Von seinen Arbeitskollegen wurde er zwar im Januar 1993 mit Ballonen empfangen, doch bereits einen Monat später entliess ihn die Crypto AG. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass die Festnahme in keinerlei Zusammenhang mit seiner Verkaufstätigkeit stand. Bühler musste noch im Teheraner Gefängnis ein Dokument unterschreiben, dass die Firma keine rechtliche Verantwortung trage. Bühler wurde misstrauisch. Er begann zu recherchieren und äusserte sich in hiesigen Medien. Zunächst im März 1994 in der «Rundschau». Im Beitrag trat anonym auch ein weiterer ehemaliger Mitarbeiter der Zuger Chiffriergerätefirma auf, der behauptete: «Ich weiss, dass deutsche und amerikanische Geheimdienste Crypto-Geräte so manipulieren, dass sie für diese Dienste abhörbar wurden.»

Kurz darauf sagte Bühler in der «Schweizer Illustrierten»: «Ich habe neue Erkenntnisse, dass mein ehemaliger Arbeitgeber jahrelang Nachrichtendienst betrieben hat.» Die Crypto AG ging wegen Rufschädigung gegen Bühler vor. Das Zürcher Bezirksgericht untersagte Bühler, sich weiter so zu äussern. Später einigten sich die beiden Parteien aussergerichtlich und Bühler schwieg fortan. Der CIA verfolgte die Geschehnisse genau und schaute auch Schweizer Fernsehen. Dort trat Crypto-Geschäftsführer Michael Grupe auf und bestritt die Vorwürfe. «Seine Leistung war glaubwürdig und hat wohl das Programm gerettet», heisst es in einem gestern veröffentlichten Dokument der CIA-Historiker. Sie beschreiben die Affäre Bühler als die schwierigste Krise des Programms, «aber sie war nicht tödlich. Wir kamen knapp davon».

Gemäss der «Washington Post» hatte Hydra die Deutschen aber verunsichert. Mit dem Ende des Kalten Krieges und der deutschen Wiedervereinigung präsentierte sich die Lage neu. Sie fürchteten, dass das Auffliegen der Spionageaktion Empörung bei den europäischen Partnern auslösen und zu enormen politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen führen würde.

Hans Bühler kann sich nicht mehr zu den neuesten Enthüllungen äussern. Er verstarb 2018.