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Schweiz [News Service]

So reagiert die Wirtschaft auf die Entscheide des Bundesrates

Während die Verlängerung des Teillockdowns auf Verständnis stösst, hagelt es von der Wirtschaft Kritik an den Verschärfungen. Die Appelle der Gastrobranche auf mehr Hilfen wurden aber erhört.
Casimir Platzer äusserte sich am Mittwoch zu den Entscheiden des Bundesrates.  (Keystone)

(agl) Die Lage für das Gastgewerbe sei nach wie vor alarmierend, führte Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer an einer Medienkonferenz vom Mittwoch aus. Der verlängerte Lockdown komme gerade zu einer Zeit, die für viele Betriebe Hochsaison sei. Man habe jedoch damit rechnen müssen, so der Gastrosuisse-Präsident weiter. Der Verband begrüsst die Lockerung der Härtefallregelung: «Der Bundesrat hat unseren Appell gehört, der heutige Entscheid ist ein wichtiger Schritt.»

Die Lösung helfe vielen, vor allem stark betroffenen Betrieben, einen wichtigen Teil der Fixkosten zu decken. «Die Kantone sind nun gefordert, die Gesuche schnell zu behandeln, dass den Betrieben geholfen werden kann», so Platzer weiter. Es sei klar, dass eine Wiedereröffnung erst dann wieder möglich ist, wenn die epidemiologische Situation es erlaubt. Dieser Entscheid müsse jedoch auf wissenschaftlicher Basis geschehen und nicht aufgrund des «unzuverlässigen R-Werts», sagt Platzer. Trotz der ausgebauten Hilfen will Gastrosuisse weiter für die Branche kämpfen.

Swiss Retail Federation fordert Beteiligung an den Fixkosten

Weniger versöhnlich klingen die Reaktionen des Detailhandels und der anderen Wirtschaftsverbände. Für die Swiss Retail Federation sowie Handel Schweiz ist die Schliessung der Läden «unverhältnismässig», wie die Verbände mitteilen. Sie verweisen auf funktionierende Schutzkonzepte und darauf, dass es keine Hinweise auf Ansteckungen in Läden gebe. «Aufgrund des Lockdowns und den anderen Massnahmen, wie Home-Office Pflicht, die die Frequenzen weiter stark zurückbinden, fordern wir vom Bund eine Fixkosten-Beteiligung», schreibt die Swiss Retail Federation. Das «Polster» sei nach dem ersten Lockdown weg und die Non-Food-Detailhändler nicht mehr in der Lage, die Fixkosten erneut zu stemmen.

Ebenfalls wenig Verständnis für die Verschärfungen haben der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) und der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Der Bundesrat habe die Entscheide entgegen den Empfehlungen der Wirtschaftskommission und der Kantone getroffen, schreibt der SGV. «Dies, ohne den Nachweis zu erbringen, dass im Gastro-, Detailhandel und auch im allgemeinen Arbeitsumfeld eine erhöhte Ansteckungsgefahr herrscht.»

Für Economiesuisse ist auch die verhängte Homeoffice-Pflicht «nicht verhältnismässig». Die betrieblichen Schutzkonzepte hätten sich weitgehend bewährt, zudem würden aktuell bereits viele im Homeoffice arbeiten und eine Pflicht «keinen signifikanten Unterschied machen». Auch der Arbeitgeberverband hinterfragt, ob die Verschärfungen beim Homeoffice wirksam sind. Dies sei lediglich bei einem geringen Anteil der Arbeitsplätze überhaupt möglich, gibt er zu bedenken. Auch Lehrlinge litten darunter, wenn ihre Ausbildung am Arbeitsplatz unterbrochen würde.

Arbeitnehmer sollen Homeoffice-Kosten tragen

Positiver auf die Verschärfungen reagieren dagegen die Gewerkschaften. Die Massnahmen seien unausweichlich, schreibt Travail Suisse. Die Arbeitnehmervertreter fordern jetzt aber vermehrte soziale Abfederungen. Der erleichterte Zugang zu den Härtefallgeldern sei ein wichtiger Schritt, schreibt der Schweizerische Gewerkschaftsbund in einer Mitteilung. «Es bleibt aber fraglich, ob es über die Härtefallfonds gelingt, den Firmen rechtzeitig die erfor­derlichen Mittel zukommen zu lassen.»

Weitere wichtige Punkte hat der Bundesrat laut den Gewerkschaften jedoch ausgelassen. So fordern sie, dass die Kosten für die Heimarbeit vom Arbeitgeber getragen werden müssen. Ebenso brauche es bessere Sicherheitsvorkehrungen für Mitarbeitende und Bewohner von Alters und Pflegeheimen sowie eine Verlängerung der Anzahl Taggelder für Arbeitslose, um Aussteuerungen zu verhindern.