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Monikas Garten

So gestalten Sie einen Garten, in dem sich Mensch und Tier wohl fühlen

Der April war immer wieder frostig, der Mai brachte viel Regen. Jetzt ist der Garten von Landschaftsarchitektin Monika Pearson in Rehetobel erwacht. Wir machen einen Besuch und holen uns Tipps für die Gartengestaltung.
Monika Pearson und Hund Babar geniessen ein paar rare Mai-Sonnenstrahlen.

Das Thermometer zeigt gerade einmal 4 Grad an diesem Samstagmorgen im Mai. Monika Pearson zieht sich eine warme Jacke und ihre Gummistiefel an. Hund Babar steht schon am Fenster, bereit für einen Spaziergang durch den Garten. Sie habe draussen noch nicht viel machen können diese Saison, erzählt die leidenschaftliche Gärtnerin. «Hier oben im Appenzellerland ist der Frühling immer eine langwierige Sache. Mal wird es wieder eisig kalt, mal kommt nochmals eine Ladung Schnee.» Es brauche viel mehr Geduld als beispielsweise unten im Thurgau, wo längst die Apfelbäume blühen. «Dafür ist das Licht-Schatten-Spiel über den Appenzeller Hügeln zu dieser Jahreszeit einzigartig. Das macht wieder einiges wett.»

In der ersten Folge von «Monikas Garten» hatten wir – kaum war der Schnee weg – das Beet umgestochen und Zwiebeln und Salate gesetzt. Die sind inzwischen kräftig gewachsen. «Aber nur, weil ich sie mit einer Abdeckung vor dem Schnee geschützt habe», sagt Monika Pearson. Auf die neu angelegten Beete legt sie alte Rosenzweige und Äste. Zum Schutz, die Katzen würden sonst ihr Geschäft in der frischen Erde vergraben.

Im März zusammen angepflanzt: Reporter Martin Oswald und Monika Pearson erfreuen sich an den gewachsenen Zwiebeln und Salate.

Es bläst eine zügige Bise, während wir durch den Garten schlendern. Pearson weiss über jede Pflanze eine Geschichte zu erzählen. Über ihre Herkunft, über ihre Wirkung und insbesondere über ihre wichtige Rolle zu Gunsten der Biodiversität. Die liegt ihr ganz besonders am Herzen: «Wir müssen die Natur nicht bekämpfen, um einen schönen Garten zu haben, sondern mit ihr zusammenarbeiten.» Immer wieder betont sie, wie wichtig es sei, dass Mensch und Natur wieder in Verbindung miteinander kommen.

«Wir leben heute in einer derartigen Künstlichkeit und von der Natur getrennt, dass wir vergessen haben, dass wir ein Teil davon sind.»

Gerade jetzt im Frühling würden viele Hobbygärtner dem Aktionismus verfallen, Unkraut entfernen, überdüngen, Gift spritzen, Rasen pflegen und mähen. Monika Pearson ist da zurückhaltend. Nicht zu viel schneiden, ausreissen oder gar nicht spritzen ist ihre Haltung. Gerade beim Thema Rasen zeigten sich die unterschiedlichen Philosophien. Gottlob gehe auch da der Trend langsam in Richtung Biodiversität: Ein steriler «Golfrasen» könne man sich heute fast nicht mehr leisten. «Anstatt einen endlosen Giftkampf gegen die Natur zu führen, den man sowieso nicht gewinnen kann, ist es doch grandios, wenn man von Jahr zu Jahr mehr Vielfalt und Lebendigkeit im Garten feststellen und beobachten kann.»

Der Mai ist die Jahreszeit, in der Wildbienen, Honigbienen und Hummeln wieder ausschwärmen, ständig auf der Suche nach Nahrung sind. Die Landschaftsarchitektin hat darum zahlreiche Wildgehölze und -blumen gepflanzt, die zu dieser Jahreszeit blühen und viel Nektar und Pollen für die Insekten bieten. Zum Beispiel Weidenarten bieten eine gute Futterquelle im Frühjahr. Ausserdem sind sie:

absolut pflegeleicht

sehr schnittverträglich (kann man gut zurückschneiden)

überstehen Staunässe ohne Probleme

bieten auch Nahrung für viele Schmetterlingsraupen

Weitere Wildgehölze, die von Bienen gerne besucht werden, sind der Liguster, die Kupfer-Felsenbirne, der Weissdorn, die Schneebeere, die Berberitzen, die Kornelkirsche, Wildrosen, Schlehe und viele mehr.

Unentbehrlich in jedem Garten: ein sonniger und windgeschützter Sitzplatz. 

Schwerpunktthema Gartengestaltung: Wie schaffe ich Räume im Garten?

Ein liebevoll gestalteter Garten wird für seine Bewohner zum Outdoor-Wohnraum und bedeutet Lebensqualität. Eine gemütliche Ecke zum Sitzen und mit Gästen verweilen, eine Ecke zum Spielen, ein Gewässer für die Tiere, ein Gemüsebeet für eigenes Essen, vielleicht eine verwunschene Ecke zum Lesen, Sinnieren, Beobachten.

Eine starke Grundstruktur, ein sorgfältig, wohlüberlegtes Konzept ist die Grundlage für eine gute Gestaltung. Diese werden zum einen aus dem Ort heraus entwickelt, zum andern aus den Bedürfnissen der Menschen, die den Freiraum nutzen werden. Die sogenannten raumbildenden Elemente müssen richtig platziert sein, also Bäume, Hecken, Mauern und Wege. Und zwar so, dass die Pflanzen auch in ihre Form wachsen und alt werden dürfen.

Ein fröhlicher Moment auf der Schaukel an der grossen Linde.

«Was ist Gutes vorhanden? Worin liegt das Potenzial eines Ortes?» Das seien für Monika Pearson wichtige Fragen, die sich die Landschaftsarchitektin nicht nur in der Gestaltung eines privaten Gartens, sondern auch bei öffentlichen Freiraumgestaltungen stellt. Darauf wird aufgebaut. Die grosse, alte Linde in ihrem Garten in Rehetobel oder die atemberaubende Aussicht waren solch zentrale Ausgangspunkte, welche sie in die Gestaltung miteinbezog. «Die umliegende Landschaft ist hier Teil des Gartens geworden.»

«Viele machen den Fehler, dass sie hier etwas pflanzen und dort etwas pflanzen, reihen konzeptlos lauter kleine Einzelaktionen aneinander, lassen sich von Gartenbildern in Magazinen beeinflussen, die überhaupt nicht an ihren Ort passen.» Es fehle dann die Verbundenheit mit dem Ort, die Harmonie, der rote Faden, sagt Monika Pearson.

«Zwischen der Qualität eines Freiraums und dem Wohlbefinden der Menschen besteht eine grosse Wechselwirkung.»

Auch das Klima gelte es bei der Planung zu berücksichtigen. «Wo bläst der Wind, wo ist Wärme, wo gibt es Schatten?» Und schliesslich sei auch Privatsphäre wichtig in einem Garten, wie dieses Beispiel vom geschützten Sitzplatz für den Abend zeigt.

An diesem Holztisch geniesst Monika Pearson im Sommer ihr Abendessen. Die Aussicht auf den Bodensee ist herrlich und eine Hecke auf der linken Seite schütze vor neugierigen Blicken.

Bei der Gestaltung von Freiräumen spricht auch das Gesetz ein Wörtchen mit. Grenzabstände müssen eingehalten werden, oder hier in der Landwirtschaftszone dürfen nur beschränkt befestigte Flächen angebracht werden. Zurückhaltung sei hier besonders gefragt, gegenüber der Landschaft und der Natur.

Kritische Gedanken zu Verdichtung, Renditeobjekten und Bauzonen

«Einen Garten zu haben, ist ein enormes Privileg», sagt Monika Pearson. Die meisten Leute seien heutzutage leider in einer immer verdichteteren Umgebung zu Hause und hätten keinen Platz, um einen herkömmlichen Garten anzulegen. Die meisten Freiräume setzten sich in solchen neu entwickelten Einfamilienhausquartieren aus folgenden Elementen zusammen:

Einer überdachten Garage mit 30 Zentimeter Humus. Das reicht nicht, um einen Baum zu pflanzen.

Ein grüner «Verlegenheitsstreifen» in der Breite des Grenzabstandes. Das reicht weder für einen Baum noch für einen Busch oder eine Wildhecke, ausser man spricht sich mit dem Nachbarn ab.

Einem abfallenden, steilen Gelände, damit auch noch Teile des Untergeschosses belichtet sind und das für eine hohe Rendite orientierte Objekt somit noch etwas teurer verkauft werden kann. Das kommt meistens einem unnutzbaren Schattenloch gleich, oft dann in einem Steingarten endend.

Auf dem perfekten Rasen sausen die Rasenroboter wie wild kreuz und quer den ganzen Tag umher. Beinahe wie Haustiere.

Ein Trampolin ist auch in fast jedem Garten aufzufinden und Plastikspielzeug für Kinder.

Monika Pearson sagt: «Das sind alles Gärten, die fast keine Natur zulassen. Auch keine Biodiversität, geschweige denn eine Beziehung zwischen Mensch und Natur.»

«Das ist eine Katastrophe.»

Landschaftsarchitektin Monika Pearson in ihrem Atelier. 

Sie befürchte auch, sagt Monika Pearson, dass die «Verdichtung» oder «Entwicklung nach innen» von den wichtigen Akteuren falsch verstanden und als Freipass interpretiert werde, die ohnehin schon intensive Bauerei noch mehr voranzutreiben. Zwingend müsse die Verdichtung im Zusammenspiel mit einer qualitätsvollen und sorgfältigen Entwicklung von Freiräumen erfolgen.

In Zukunft müssten Freiräume viel bewusster reserviert und gestaltet werden, um die Lebensqualität eines Quartiers, eines Dorfzentrums oder in einer Siedlung zu gewährleisten. «Dazu müssen wir uns bis zu einem gewissen Grad neu erfinden», sagt die Landschaftsarchitektin. Gemeinden müssten mutiger werden gegenüber den Bauherren, Grünkonzepte erstellen und entsprechende Massnahmen in die Ortsplanrevisionen und Revisionen der Baugesetze miteinfliessen lassen.

Video-Interview: Wie man einen guten Garten anlegt?

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