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Forschungsfinanzierung

Keine neuen Forschungs-Flaggschiffe mehr

Sechs grosse Forschungsprogramme hatten gehofft, sich in die Flotte der "Flaggschiffe" der EU einzureihen. Allerdings soll es in Zukunft offenbar keine neuen Megaprojekte nach diesem Konzept mehr geben. Betroffen ist auch das Projekt "TimeMachine" der EPFL.
Ein Rückschlag für mehrere grosse Projektvorhaben aus verschiedenen Forschungsfeldern: Die EU will künftig keine neuen Forschungs-Flaggschiffe mehr lancieren. (Symbolbild)
Bild: KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Drei Flaggschiffe hat die EU im Laufe der letzten Jahre bereits vom Stapel gelassen, eines über das "Wundermaterial" Graphen, das "Human Brain Project" über das menschliche Gehirn und das jüngste über Quantentechnologien. Zehn Jahre Laufzeit und eine Milliarde Euro Budget machen diese Megaprojekte aus. Doch mit den Flaggschiff-Programmen soll zumindest in der bisherigen Form Schluss sein, wie das Fachmagazin "Science" in einem Online-Artikel berichtet.

EU-Kommission und EU-Parlament beraten zwar noch über die Details zu "Horizon Europe", dem Nachfolger des Forschungsförderungsprogramms "Horizon 2020", jedoch habe man sich bereits auf eine Programmstruktur geeinigt, berichtet "Science". Darin fehlen die zwei bis drei neuen Flaggschiffe, welche die EU-Forschungskommission ursprünglich 2020 auswählen wollte.

Projekt unter EPFL-Leitung betroffen

Auf der auf sechs Kandidaten geschrumpften Shortlist für die Auswahl stand unter anderem das Projekt "TimeMachine" unter Leitung der EPFL. Ziel ist, das kulturelle Erbe Europas zu digitalisieren, das in Archiven und Museen schlummert.

Die EPFL will "TimeMachine" trotzdem weiterführen und eine neue Finanzierung suchen, wie sie am Mittwoch auf Anfrage mitteilte. Das Projekt habe Anfang Jahr von der Jury die beste Bewertung erhalten, so Andreas Mortensen, der Vizepräsident für Forschung an der EPFL.

Als Grund für die Abkehr von der Flaggschiffen nannte Kurt Vandenberghe von der EU-Kommission, dass man das Gefühl gehabt habe, "Horizon Europe" habe zu viele verschiedene Finanzierungsinstrumente und -ansätze. Man habe versucht, diese zu "streamlinen".

Womöglich werden diese Projekte irgendwie anders unter dem Schirm von "Horizon Europe" unterkommen, liess sich Vandenberghe zitieren. Die Projektteams hätten die Neuigkeit bereits im März erfahren. Zuvor hatte man sie laut "Science" bereits gebeten, nicht mehr von "Flaggschiffen", sondern von "grossskalierten Forschungsinitiativen" zu sprechen. Die drei bisherigen Flaggschiffe sind von den Änderungen nicht betroffen.

Sorge um Zukunft der Projekte

Christian Ehler, der die Verhandlungen zu "Horizon Europe" für das EU-Parlament anführt, betonte, das Parlament sei sehr besorgt um die Zukunft der sechs Kandidaten-Projekte. Er wolle sich bei der Kommission dafür einsetzen, dass sie unter "Horizon Europe" doch verwirklicht werden.

Derweil arbeiten die Projektteams weiter an detaillierten Umsetzungsplänen für ihre "grossen Forschungsinitiativen", die sie bis Mai 2020 vorlegen müssen. Die Unklarheiten über die zukünftigen Strukturen der Forschungsförderung unter "Horizon Europe" machen einige Aspekte der Planung jedoch schwierig. Auch in welchem Rahmen die Schweiz sich an dem Forschungsrahmenprogramm beteiligen kann, ist noch nicht abschliessend geklärt. (sda)