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Popkultur-Glosse

Trash-TV will einfach nicht sterben

Diese Woche kam raus, wer die neue «Bachelorette» ist. Aber ganz ehrlich: Wen interessiert’s? Warum gibt es diese Sendung noch? Warum rege ich mich dermassen darüber auf? Und kann es eigentlich noch schlimmer werden? Leider ja. Und wie.

Wenn ich noch einmal höre, dass jemand «die grosse Liebe und das Abenteuer» sucht, bekomme ich einen Schreikrampf. Aber wetten, dass wir genau diesen Mist zu hören bekommen, wenn die neue «Bachelorette»-Staffel am 17. April startet? Zum neunten Mal übrigens! Weil irgendwelche Menschen immer noch das Bedürfnis haben, sich vor versammelter TV-Nation zum Affen zu machen.

Diesmal sucht die 25-jährige Yara ihre 15 Minuten im Rampenlicht – äh, ich meine, ihren Seelenverwandten. Die TikTokerin glaubt an Heilkristalle und hat eine Ausbildung zum energetischen Coach gemacht. Laut Google ist das übrigens jemand, der «mit dem energetischen Lichtkörper des Kunden arbeitet und belastende Energien lösen kann». Na, dann …

Yara ist die mittlerweile 9. «Bachelorette».
Bild: Bild: 3+

Aber gut, ich kenne die Dame nicht und habe keine Ahnung, warum sie sich das antut, auch wenn ich die starke Vermutung habe, dass es genau derselbe Grund ist wie bei allen anderen. Vielleicht ist sie ganz nett und vielleicht sind es die Kandidaten auch. Aber Schnitt und/oder Alkohol sei Dank weiss vorher niemand, ob er nach der Ausstrahlung als Vollpfosten der Nation da steht.

Genau wie keines der «Määädchen» bei «Germany’s Next Topmodel» weiss, wer diesmal als böse Zicke herhalten muss. Und ja, diese Show gibt’s auch immer noch. Genau wie das Dschungelcamp, wobei man doch meinen sollte, dass wir oft genug gesehen haben, wie jemand Tierhoden heruntergewürgt.

Ganz im Ernst: Wer schaut sich «Die Bachelorette» überhaupt noch an? Abgesehen von all jenen, die sich das «nur ironisch» reinziehen oder all die Journalisten, die das beruflich machen «müssen». Und ja, ich habe dafür auch schon meine Seele verkauft.

Apropos, ich fände es so toll, wenn mal jemand bei dieser Show hinstehen und sagen würde: «Ich mache mit, weil es Geld gibt und ich scharf aufs Promi-Dasein bin.» Ich würde applaudieren! Aber so viel Ehrlichkeit ist wohl nicht unterhaltsam. Doch sie könnte es sein.

In der US-Serie «UnReal» geht es auch um eine «Bachelor»-Show, aber hier stehen die Macher im Fokus, die für Einschaltquoten alles tun. Zitat der fiktiven Regisseurin an ihr Team: «Ihr bekommt Barprämien für nackte Haut, Notrufe und Zickenkriege! Wir verkaufen hier wahre Liebe!»

Trotzdem ist Trash-TV nicht totzukriegen. Auch wenn es längst nicht mehr Reality-TV ist. Vielleicht war es das auch nie. Der bisherige Tiefpunkt ist wohl «Reality Shore», wo das letzte bisschen Würde stirbt. Wer jetzt aber über «die heutige Generation» motzen will, macht es sich zu einfach.

Wir Schweizer haben sogar eine kleine Tradition darin, vor Kameras jegliche Hemmungen zu verlieren. Während es in den Anfängen des Reality-TV vor gefühlt hundert Jahren in diversen Ländern «Big Brother»-Staffeln voller Zickenkriege gab, glänzten die Teilnehmer der ersten Schweizer Staffel vor allem damit … sich näher kennen zu lernen. Zur Not auch mal auf dem WC.

Das würde heute nicht mal mehr schockieren. Darum müssen sich die Macher ganz schön was einfallen lassen – oder in die unterste Schublade greifen. Heraus kommt dabei «Milf Manor». In dieser US-Show tummeln sich junge Männer und ihre Mütter, um jeweils die Söhne beziehungsweise deren Mütter abzuschleppen.

Und ja, so habe ich auch geschaut, als ich das zum ersten Mal gehört habe. Man stelle sich nur vor, wenn es Väter und Töchter wären. Nein, lieber nicht. In diesem Sinne: Ein Hoch auf die TV-Liebe. Möge sie irgendjemanden glücklich machen. Auch wenn es nur die Macher und Zuschauer sind.

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