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Tipps der Woche: Rain Man gibt es nicht

Ein Konzert besuchen, ein spannendes Buch lesen, ein Game spielen oder einfach nur ein Album hören. In unsere Tipps der Woche ist für jeden etwas dabei.  

Wenn jemand von der Bestellung im Restaurant und Smalltalk überfordert ist, aber Telefonbücher auswendig lernen und die kompliziertesten Rechenaufgaben im Kopf lösen kann, ist das Autismus. «Rain Man» eben. Dustin Hoffman hat als Raymond Babbitt im Film von 1988 das Bild des Autisten geprägt.

Die Zürcher Künstlerin Maria Zimmermann stellt dem ein neues Bild entgegen: eine junge Frau mit langen Zöpfen und Sonnenbrille. In einer bunten Graphic Novel lässt sie ihr Alter Ego mit Vorurteilen und Klischees aufräumen. Sie erzählt aus ihrer Welt, in der Geräusche, Gerüche und Berührungen nahezu ungefiltert wie durch ein Nudelsieb auf sie einprasseln. Von ihrer Liebe zu Sprachen und dem Bedürfnis nach Ehrlichkeit. Ihr Autismus sei unsichtbar, schreibt Zimmermann. Nach aussen kann sie funktionieren, es koste sie nur viel mehr Energie als anderen.

Die Diagnose bekam die Künstlerin erst als Erwachsene, sie selbst schreibt lieber von «Entdeckung». Sie sei nicht auf, sondern im autistischen Spektrum, sie schildert «Merkmale», nicht Symptome. In ihrem Buch erhebt sie keinen Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit, vielmehr ist es ein Fenster in einen «anderen» Alltag. Zimmermann schildert dies in eingängigen Bildern und klarer Sprache – und macht damit Lust darauf, die Normalität zu hinterfragen.

Maria Zimmermann, Anders nicht falsch. 2023 Kommode-Verlag. 220 Seiten.

Klassik: Schweizer Flötenvirtuose

In Arlesheim ist Isaac Makhdoomi in einer indisch-schweizerischen Familie aufgewachsen, in Rheinfelden ist er zu Hause und von dort trägt er seine Musik in alle Himmel: zugespitzt, virtuos und farbenprächtig. Der Flötenmeister triumphiert mit Schätzen Antonio Vivaldis (1678–1741), mit im Boot sitzt Countertenor Arnaud Gluck, begleitet wird man bravourös vom Basler Ensemble Piccante. (Christian Berzins)

Isaac Makhdoomi: Vivaldi, Prospero 2023. Konzerte: 25. 3., Sissach und Wettingen.

Rock: Gute Wut

Das ist ganz schön wütend. Algiers lassen kräftig Dampf ab. Ihr hypnotisch-treibender Sound vermischt sich mit bissigen Texten. Gegen Rassismus, gegen Gewalt, gegen Unterdrückung. Mit viel Sog. Die Band wird dabei Teil eines Kollektivs. Zack de la Rocha (Rage Against the Machine) darf mitschreien, aber auch mehrere Rapper. Dazu walzt der intensive elektronisch gefärbte Sound voran, der auch mal in den Punk wuchert. Wut hat auch ihre schönen Seiten. ( Michael Graber)

Algiers: Shook (Matador)

Game: Mehr vom Gleichen, aber doch anders

Seit sechs Jahren zieht das Action-Online-Spiel «Destiny 2» Millionen in seinen Bann. In der jüngsten Erweiterung «Lightfall» stossen die Guardians nicht nur auf eine unbekannte, leider etwas seelenlose Stadt auf dem Planeten Neptun, sondern den Oberbösewicht The Witness, von dem bis dato nur gemunkelt wurde. Dieser hat den Kaiser Calus und dessen Armee umgarnt und in einen vernichtenden Kampf losgeschickt. (Marc Bodmer)

Destiny 2 – Lightfall, Bungie, PS 4 & 5 / Xbox Series X & One / PC.

Thriller: Killer als Nachfolger eines Killers

Grausam und mitunter scheusslich ist der neue Thriller des schwedischen Paares, das unter dem Pseudonym Lars Kepler schreibt. Die aus früheren Fällen bekannten Fahnder Saga Bauer und Joona Linna kriegen es mit einem Serienkiller zu tun, der sich auf den Megaschurken Jurek Walter beruft. Der ist zwar tot, aber noch in den Köpfen vieler Menschen drin. 650 Seiten sind nötig, weil Kepler Figuren und Szenen filmisch detailliert beschreibt. Die Spannung indes lässt nie nach. (Arno Renggli)

Lars Kepler: Spinnennetz. Lübbe, 650 Seiten.

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