Die Zeit in der St. Galler Kantonsschule am Burggraben sei für ihn "eine unglaublich glückliche und positive, fast schon existenziell rettende Zeit" gewesen. Sein sechsseitiger Maturaaufsatz zur Interpretation eines sprachphilosophischen Gedankens von Marie von Ebner-Eschenbach sein damals als "überragende Arbeit" mit der Note 6 bewertet worden.
In seiner Biografie sehe er exemplarisch, "dass man in der Jugend intellektuell extrem weit sein kann, aber emotional, sozial und im Wissen über das Leben überhaupt nicht". Seine Eltern hätten sich sehr früh getrennt. Mit seiner Mutter und seinem zweiten Vater sei er elfmal umgezogen, bevor er im Alter von 12 Jahren nach St. Gallen gekommen sei. Er habe deshalb viele schulische Situationen erlebt und sei ein Aussenseiter gewesen.
Geprägt habe ihn sein Grossvater, der Schriftsteller Dino Larese (1914-2001). Er sei ein wenig dessen Sekretär gewesen und habe die Briefe gekannt, die dieser unter anderem Carl Orff, Martin Heidegger und dem Dalai Lama geschrieben habe. Der "lebendige Austausch" mit Larese sei für ihn enorm inspirierend gewesen. Durch intellektuelles Interesse hätten sich in seinem Leben denn auch alle seine Freundschaften ergeben, so Rau. Milo Rau ist seit 2018 Intendant am Niederländischen Theater im belgischen Gent und zusätzlich seit diesem Jahr Intendant der Wiener Festwochen. (sda)