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tatort-Kolumne

Kiel hat Borderitis, und Borowski mit Dachschaden ist ein wilder Hund

So grenzwertig ging es im Kieler Norden lange nicht zu: «Borowoski und die grosse Wut» ist ein Borderliner zwischen Familiendrama und Medikamentenrausch. Dass man der Story nicht immer folgen kann, ist logisch. Klaus Borowski ist dieses Mal, wortwörtlich, behämmert.  

Tatort. Borowski und die grosse Wut. Sonntag, 20.05, SRF1.
Bild: Bild: Das Erste

Ein Fleischklopfer, wumm, landet auf Borowskis Schädel. Aus die Maus. Eine junge Frau im Hoodie, peng, stösst eine andere junge Frau auf dem Fahrrad unter einen Lastwagen. Erledigt. Eine Rentnerin, schlimm, liegt erstochen in ihrem Badezimmer. Und aus dem Handy flüstert eine feine Kinderstimme dem delirierenden Borowksi zu: «Bitte hilf mir. Sie hat mich eingesperrt.»

Die ersten Minuten von «Borowski und die grosse Wut», die wie ein D-Zug auf das Publikum losdonnern, sind auch eine versteckte Warnung: Glaub’ nur die Hälfe von dem, was du siehst. Bilder und Szenen mögen geträumt sein, Gerüche führen auf eine falsche Spur und eine gepfiffene Melodie möglicherweise auf die richtige. Denn der vorsätzlich behämmerte Klaus Borowski (Axel Wilberg) liegt mit einem Dachschaden im Krankenhaus – vernünftig ist nicht immer, was er tut.

Doch bockig, wie es seine Art ist, will er sich erinnern. Wie kommt er zum Hirnschädeltrauma und wie die kindliche Flüsterbotschaft an sein Bett? Und schon ist sein Krankenzimmer die Einsatzzentrale.

Dass der Kieler «Tatort» Schicht um Schicht ein monströses Familiendrama enthüllt, macht das anstrengende Drehbuch oft vergessen. Zu unserem Schaden ist das nicht, die interfamiliäre Drastik geht an die Nieren. Und es bleibt genügend zu tun, der Story zu folgen. Das aber lohnt! In Minute 60 setzt sich Borowski zum konspirativen Plausch mit der Verdächtigen in einem Blumengeschäft unter Gladiolen –, und spätestens jetzt schliesst man den irren Kerl unwiderruflich ins Herz.

«Tatort» aus Kiel: Borowski und die grosse Wut. SRF1, So, 20.05.
Wir geben zwei Sterne.

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