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Kolumne

«Glamour, mon amour»: Die geheime Haut der Kaiserin

Unsere Kolumnistin Simone Meier erzählt diese Woche die Geschichte einer Pionierin der Arschgeweihgeschichte.

Kaiserin Sissi auf einem Porträt von Maler Franz Xaver Winterhalter im Jahr 1865. Ihren Körperschmuck sieht man nicht.
Bild: PD

An heissen Tagen wie diesen zeigen die Menschen naturgemäss viel Haut. Und die Haut zeigt ihrerseits viel. Sehr viel. Zu viel? Sie ahnen schon, ich meine Tattoos. Ich habe nichts gegen Tattoos, im Gegenteil, ich habe schon so oft behauptet, dass ich mir eins stechen lassen würde, wenn ich bloss nicht so wehleidig wäre, dass ich es mir schon beinahe selber glaube. Ich stelle mir unter meinem imaginären Tattoo etwas Kleines, Zartes, Abstraktes vor, aber nichts mit Zahlen, Gesichtern oder verstorbenen Haustieren.

Viele machen aus ihren Tattoos ja eine Art Logbuch ihres Lebens. Da steht das eigene Geburtsdatum neben einem oft erschreckend fratzenhaften Porträt des ersten Babys, und darunter begegnen sich das Lieblingsauto, der Name des Lieblingsmenschen und in Adlerschwingen über beide Schulterblätter gebreitet ein Motto wie «By changing nothing, nothing changes» oder «Mein Leben, meine Regeln». Sehr beliebt ist aktuell auch, sich die Zeichnungen der eigenen Kinder gut sichtbar auf Arme und Beine stechen zu lassen. Ich befürchte, die Kinder werden das in ein paar Jahren nicht mehr so gut finden. Und dann gibt es noch das Steissbeintattoos, auch bekannt als «Arschgeweih».

Wissen Sie, wer im 19. Jahrhundert Arschgeweihgeschichte geschrieben hat? Sie kennen sie alle. Kaiserin Elisabeth. Also Sissi. Die Frau, die sich am Hof zu Wien schon nach wenigen Jahren derart eingesperrt fühlte, dass sie sich ins Reisen flüchtete. Eine Ersatzheimat fand sie auf der griechischen Insel Korfu und bald konnte sie so gut Griechisch, dass sie begann, Shakespeare in ihre neue Lieblingssprache zu übersetzen. Tagelang war sie auf ihrer Jacht unterwegs, und bei Sturm liess sie sich wie Odysseus an den Mast binden und trotzte so den Gewalten. Ihre andere Leidenschaft neben der Freiheit war die Schönheit. Sie besass einen eigenen Turnsaal, hielt Diät, indem sie oft nur Eiswürfel mit Orangensaft zu sich nahm, machte sich Gesichtsmasken aus rohem Rindfleisch und Haarkuren aus Eiercognac.

Und dann wurde sie auch in Sachen Schönheit abenteuerlustig: Als sie schon 51 Jahre alt war, liess sie sich im Hinterzimmer einer Hafenkneipe einen Anker auf ihr linkes Schulterblatt stechen. Ihr Mann, Kaiser Franz Joseph, fand den neuen Körperschmuck «sehr originell und gar nicht so entsetzlich». Weniger bekannt als ihr Anker ist allerdings ihr Adler, der über dem schmalen kaiserlichen Gesäss gesessen haben soll. Der Legende nach hat ihn vor allem einer gesehen, nämlich Sissis heiss geliebter Cousin Ludwig II., der von Beruf bayrischer Kitschkönig war und Schloss Neuschwanstein baute.

Für seine Kamera habe Sissi gar samt gut sichtbarem Adler posiert und er soll das Bild der schönen Cousine stets in seiner Brusttasche getragen haben. Denken Sie daran, wenn Sie in der Badi das nächste Arschgeweih sehen.

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