Da waren es noch sechs. Und darunter ein Schweizer: Kim de l'Horizon steht auf der Shortlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises, wie die Jury am Dienstag mitteilt. Die Nominierten bildeten die thematische wie stilistische Vielfalt der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ab, sagte Jurysprecherin Miriam Zeh vor den Medien. Die sechs Titel der Shortlist hätten die Jury in ihrer ästhetischen Eigenheit überzeugt. Zeh: «Gemeinsam ist ihnen: eine künstlerische Unbedingtheit.»
Der Debutroman des 30-jährigen Absolventen des Bieler Literaturinstituts aus Bern handelt von Ressentiments, welche über die queere Community zirkulieren. In «Blutbuch» schildert de l'Horizon, wie es wirklich ist, in einem nonbinären Körper zu stecken.
Den Sprung ins Finale verpasst hat dagegen die Schweizer Schriftstellerin Yael Inokai. Die Autorin von «Ein simpler Eingriff» fehlt auf der sechs Personen respektive Buchtitel umfassenden Liste der möglichen Gewinnerinnen und Gewinner des Deutschen Buchpreises 2022:
Fatma Aydemir mit «Dschinns» (Carl Hanser Verlag)
Kristine Bilkau mit «Nebenan» (Luchterhand Literaturverlag)
Daniela Dröscher mit «Lügen über meine Mutter» (Verlag Kiepenheuer & Witsch)
Jan Faktor mit «Trottel» (Verlag Kiepenheuer & Witsch)
Kim de l’Horizon mit «Blutbuch» (DuMont Buchverlag)
Eckhart Nickel mit «Spitzweg» (Piper Verlag)
«Blutbuch» ist dabei weder ein queeres Bekenntnisbuch noch ein Coming-of-Age-Roman, weder ein Familienroman noch pure Autofiktion. Vielmehr, wie könnte es anders sein, etwas dazwischen respektive schliesst am ehesten an frühe feministische Befreiungsbücher an. Besonders die in dem Buch geschilderte Annäherung an die Grossmutter, die an Demenz leidet, gehört zum Behutsamsten und Zärtlichsten, was die Literatur der Schweiz zu bieten hat, schrieben die Titel von CH Media in der Buchrezension. Das sei darum besonders erstaunlich, da Kim de l'Horizon sich als Kind vor der Grossmutter fürchtet und oft aus einer rebellierenden Position schreibt.
Nicht weiter trotz besten Kritiken
Am Buchpreis-Finale fehlen wird derweil Yael Inokai, die 2018 auch schon mit einem Schweizer Literaturpreis vom Bundesamt für Kultur ausgezeichnet worden ist. Und damit ihre Seelen- und Gesellschaftsstudie über eine Krankenschwester, die an psychiatrischen Menschenversuchen beteiligt ist.
Der Roman «Ein simpler Eingriff» von Yael Inokai geht unter die Haut und erhält in Rezensionen beste Kritiken. Ja sogar auf die 20 Titel umfassende Longlist des Deutschen Buchpreises 2022 hat es die in Berlin wohnhafte Schweizer Schriftstellerin damit geschafft.
Der Deutsche Buchpreis gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen der Branche und wird seit 2005 verliehen. Für die aktuelle Ausgabe wurden laut Jury insgesamt 233 Titel gesichtet.
2021 ging er an die Schriftstellerin Antje Rávik Strubel für ihren Roman «Blaue Frau». Der Preis ist mit insgesamt 37'500 Euro dotiert: Der Sieger oder die Siegerin erhält 25'000 Euro, die übrigen Autoren der Shortlist jeweils 2500 Euro.