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Gestorben

Das verkannte Genie:
Pop-Mozart Burt Bacharach ist im Alter
von 94 Jahren gestorben

Er gehörte zu den ganz Grossen der Pop-Geschichte. Kaum ein Zweiter hat so viele Hits und Evergreens geschrieben. Und doch wurde er immer wieder belächelt und unterschätzt. 

Präsident Barack Obama applaudiert 2012 dem grossen US-Komponisten. 
Bild: Carolyn Kaster / AP

«Walk on By», «I Never Fall in Love Again», «The Look of Love», «Do You Know the Way to San Jose», «Raindrops Keep Fallin’ on My Head», «What the World Needs Now Is Love», «That’s What Friends Are For» oder «This Guy’s in Love with You» sind nur einige der unzähligen Hits, die der amerikanische Komponist Burt Bacharach geschrieben hat. Insgesamt sollen es 60 seiner Songs in die Top 40 geschafft haben.

Bacharach schrieb für Superstars wie Marlene Dietrich, Connie Francis, Aretha Franklin, Luther Vandross, Tom Jones, The Carpenters, Sérgio Mendes, Elvis Costello, Neil Diamond, Frank Sinatra, Dusty Springfield und vor allem Dionne Warwick, die perfekte Interpretin von Bacharachs Songs. Dazu konnte er sieben Grammys, davon zwei für sein Lebenswerk und zwei Oscars entgegennehmen.

Mehr als Fahrstuhl-Musik

Der am 12. Mai 1928 in Kansas City geborene Burt Bacharach war ein Gigant der Popmusik und überhaupt weltweit einer der erfolgreichsten Komponisten. Und doch wurden seine Songs immer wieder als Fahrstuhlmusik belächelt. Seine sanft arrangierte Musik wurde von manchen Kritikern als Easy Listening-Geseusel abgetan.

Tatsächlich war Bacharach ein unverbesserlicher Romantiker. Seine Songs waren weich gespült und widerspiegelten die Harmonieseligkeit des Urhebers. Der in einer jüdischen Familie geborene Amerikaner vermied auch jedes politische Statement. Doch die besten seiner Songs sind kleine Kunstwerke von ewigem Wert. Bacharach hatte ein unglaubliches Gespür für eingängige, wie von selbst fliessende Melodien. Sie waren unbedingt singbar, aber nie einfach oder sogar simpel. Wie kaum ein anderer schaffte er es, komplexe Strukturen, Harmonien und Rhythmen einfach klingen zu lassen.

Andere kritisierten die üppige Orchestrierung. Tatsächlich hat Bacharach in seinen Arrangements nie gegeizt. Streicher, warme Instrumente wie Klavier und Oboe gehörten wie selbstverständlich in seinen reichhaltigen Werkzeugkasten. Doch die Songs verströmten stets eine luftig-leichte Atmosphäre und vor allem schuf er einen Sound von hoher Wiedererkennung. Bacharach war ein Schüler von «ernsten», klassischen Komponisten wie Darius Milhaud, Bohuslav Martinů und Henry Cowell. Seine Orchestrierung mit für den Pop unüblichen Instrumenten wie Glockenspiel und Triangel war gemäss eigenen Angaben stark von Maurice Ravel und seinem Werk «Daphnis et Chloé» beeinflusst. Der Bacharach-Sound war verspielt, aber bekömmlich.

Er hat die Erwartungen an einen Popsong gesprengt

Zu seinen erstaunlichsten Anhängern gehört der radikale Jazzmusiker John Zorn, der sich intensiv mit dem Werk von Bacharach auseinandersetzte und ihm in seiner Reihe «Great Jewish Music» sogar ein Album widmete. Über Bacharach sagte er: «Bacharachs Songs sprengen die Erwartungen von dem, was ein Popsong sein sollte. Komplexe Harmonien und Akkordwechsel mit unerwarteten Wendungen und Modulationen, unübliche Tempi- und Rhythmus-Verschiebungen, in einer Vielzahl von Takten, aber bei ihm hört sich das Ganze so natürlich an, dass du es nicht mehr aus deinem Kopf herauskriegst und nicht aufhörst, es zu pfeifen. Das ist mehr als einfache Popmusik; da gibt es tiefschürfende Erforschungen des Musikmaterials, welches mit der gleichen Sorgfalt und Geduld studiert und bewahrt werden sollte wie manch andere grossen Kunstwerke.»

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