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Sing-Along

Das Merel Quartett lädt zur Singtour mit Ferrari

Für einmal gab’s Applaus fürs Publikum: In der Jazzkantine Luzern lud das Merel Quartett zum gemeinsamen Singen mit Bier, Tessiner Temperament und Streichquartett. Eine Empfehlung auch an Chöre.

Applaus fürs Publikum: Das Merel Quartett und die Dirigentin Anna Jelmorini in der Jazzkantine Luzern.
Bild: Bild: Urs Mattenberger (Luzern, 1. Dezember 2022)

Laienchorgesang, bei dem jeder mit nur seiner Stimme mitmachen kann, ist das Urmodell einer partizipativen Musizierform. Naheliegend also, dass Chöre gerade in der Vorweihnachtszeit mit Sing-along-Konzerten offenes Singen anbieten.

Einen Schritt weiter ging das Merel Quartett mit seinem Sing-along in Luzern und Zürich. Wie neu das Format war, zeigte sich bei der Premiere am Donnerstag in der Jazzkantine Luzern nach einem angeregten und vom Geiger Edouard Mätzener unterhaltsam moderierten Abend: Da nämlich erhob sich das vom Publikum international – und auch hier – gefeierte Quartett nicht nur, um den Applaus entgegenzunehmen, sondern seinerseits auch, um das Publikum zu beklatschen.

Tatsächlich war dieses viel mehr gefordert und damit engagiert als in üblichen Sing-along-Projekten. In diesen nämlich sind Chöre oder Chorsänger beteiligt, bei denen sich die Besucher mit ihrer Stimme anhängen können. In der Jazzkantine dirigierte zwar die Chorleiterin Anna Jelmorini die Einsätze. Aber singen mussten wir Besucher ganz allein. Einzige Orientierungshilfe boten die vier Instrumente des Merel-Streichquartetts.

Eine erste Überraschung war, dass sich rund 30 Menschen auf dieses Abenteuer einliessen. Sie sassen zwar in der Jazzkantine gemütlich bei einem Bier oder Glas Wein beisammen. Aber als es mit einem vierstimmigen Choral von Bach losging, wurde rasch klar, wie stark man sich beim Singen exponiert. Vor allem, als Jelmorini mit ihrem Tessiner Temperament uns aus der Reserve lockte und Männer und Frauen separat ihre Stimmen singen liess, nahm man die singenden Körper um einen herum – und auch den eigenen – auf eine geradezu intime Weise wahr.

Der Mut kommt nach einem halben Glas Bier

Die zweite Überraschung war, wie gut das klappte, selbst in Vivaldis rasantem «Gloria», bei dem man sich ein paar Aussetzer leisten konnte, weil das Quartett den Motor am Laufen hielt. Woher nehmen die Teilnehmer, von denen nur einzelne in einem Chor singen, den Mut dazu? «Der Mut kam etwa da», lacht ein 30-jähriger Arzt und zeigt auf sein halb volles Bierglas auf dem Tisch. «Weil wir Musik von Metallica bis zu Klassik im KKL hören, wollten wir das ausprobieren», sagt die Ärztin an seiner Seite. Und beide amüsierten sich zusammen mit allen anderen köstlich – auch wegen der pfiffigen Ansagen von Anna Jelmorini, die den Tenören ihre «Höhenangst» nahm und zeigte, wie man sogar das Wort «Arsch» (im berüchtigten Kanon von Mozart) anständig klingen lassen kann.

Ohne Leute wie jenen 33-jährigen Luftfahrtsingenieur, der im Gemischten Chor Beckenried singt, oder einen anderen, der jodelt, hätte das kaum so gut funktioniert. Der Erfolg dieses Sing-along lag so an der guten Durchmischung im Publikum wie im Programm, die Geselligkeit und Kunstanspruch zwanglos zusammenbrachte. Dass man die vierstimmige Klangwelt eines Streichquartetts am eigenen Leib erfuhr, dürfte manchen zum Besuch eines Konzerts des Merel Quartetts, eines «Ferraris» unter den Streichquartetten (Jelmorini), animieren. Aber diese Form des Sing-along – ohne Unterstützung durch Sänger – empfahl sich paradoxerweise auch Chören zur Nachahmung.

Mi, 1. Februar, 19.30, Marianischer Saal Luzern (Schubert, Hefti); www.merelquartet.com

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