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Popkultur-Glosse

Auf ins Minenfeld: Was dürfen Stars zum Nahost-Krieg sagen – oder sollten sie einfach die Klappe halten?

Ich wage mich an ein Thema, das so gar nicht zu meiner Expertise gehört. Aber manchmal verschwimmen die Grenzen zwischen Promis und Politik. Deshalb geht es auf zur grossen Palästina-Frage. Zum glück hilft Brad Pitt.

Ich habe zu vielen Dingen eine Meinung. Drücke ich sie jedem aufs Auge? Ja, eigentlich schon. Aber es interessiert nicht ganz so viele Menschen, wie wenn ein Promi fröhlich seinen Senf zu etwas gibt. So wie Hollywood-Star Susan Sarandon. Die «Bild» schreibt dazu: «Seit Jahren stand sie an der Seite von Menschen, denen Unrecht angetan wurde. Jetzt hat sie die Seiten gewechselt» und «verbreitet Hetze gegen Juden.» Wie bitte?!

Susan Sarandon bei einer Pro-Palästina-Demo in New York.
Bild: Bild: Screenshot

Die Schauspielerin, unter anderem bekannt aus «Thelma & Louise», hat an einer Pro-Palästina-Demonstrationen in New York gesagt: «Es gibt viele Leute, die gerade Angst haben, weil sie jüdisch sind. Sie bekommen gerade zu spüren, was es heisst, in diesem Land Moslem zu sein.» Ausserdem soll sie diverse Meldungen auf X (ehemals Twitter) geteilt haben, die sich teilweise als falsch herausstellten. Nun hat ihre Agentur «United Talent Agency» verkündet, dass die Schauspielerin nicht mehr länger eine Klientin sei.

Ich möchte wirklich niemandem auf die Füsse treten, denn wie gesagt, ich hab Ahnung von Promis, nicht von Politik. Diverse Stars, die sich zugunsten von Israel äusserten, haben sich ebenfalls schon im Ton vergriffen oder Fake News verbreitet. Von ihnen wurde aber keiner entlassen.

Im Gegensatz zu Melissa Barrera. Der Star der letzten beiden «Scream»-Filme wurde gerade aus dem nächsten Teil gestrichen, nachdem sie sich auf den sozialen Medien wiederholt zu Palästina geäussert hatte. «Gaza wird behandelt wie ein Konzentrationslager», schrieb sie in einer Instagramstory. «Alle werden in die Enge getrieben, ohne Ausweg, ohne Strom, ohne Wasser. Die Menschen haben nichts aus unserer Geschichte gelernt und beobachten immer noch alles stillschweigend. Das ist Völkermord und eine ethnische Säuberung.»

Schauspielerin Melissa Barrera ist ihre Rolle im siebten Teil von «Scream» los.
Bild: Bild: Keystone

Die Produktionsfirma «Spyglass» bezeichnet ihre Äusserungen als antisemitisch und hat die Schauspielerin gefeuert. In einem Statement heisst es, man habe «keine Toleranz für Aufstachelung zu Hass, inklusive falscher Behauptungen zu Holocaust-Verfälschungen und Hassrede.»

Viele Menschen finden die Entlassung nicht gerechtfertigt. Und das ist noch milde gesagt. Online schwirrt bereits der Ausdruck «Hollywoods palästinensische Säuberung» herum. Das finde ich zwar etwas gar übertrieben, aber die Emotionen sind offensichtlich am Kochen, denn das Thema ist hoch emotional! Auch für Promis. Was dürfen oder sollen sie also zum Nahost-Krieg sagen?

Mir fällt dazu ein Zitat von Brad Pitt ein. Vor über zwanzig Jahren wurde er in einem Interview zu seinem Film «Sieben Jahre in Tibet» vom «Time Magazine» zu seiner Haltung gegenüber China gefragt. Seine Antwort: «Man sollte nicht über etwas reden, bevor man weiss, wovon man redet. Wen interessiert, was ich über China denke? Ich bin ein verdammter Schauspieler! Ich bin zur Unterhaltung da.»

Ich stimme ihm teilweise zu. Man sollte nicht über etwas reden, von dem man keine Ahnung hat. Und ja, Schauspieler sollen unterhalten. Aber sie sind auch Menschen, und Menschen haben immer eine Meinung. Es kommt sehr darauf an, wie man sie äussert. Darum bastle ich hier an praktisch jedem Satz, als würde ich eine Bombe entschärfen, weil ich niemanden sauer machen will.

Doch wer etwas über Palästina sagt, scheint – zumindest in der Promiwelt – tatsächlich im Nachteil zu sein. Model Gigi Hadid, die palästinensische Wurzeln hat, schien sich viele Gedanken über ihr Statement gemacht zu haben und trennte die Menschen in Palästina explizit von den Hamas, als sie schrieb: «Die israelische Regierung zu verurteilen, ist nicht antisemitisch, und Palästinenser zu unterstützen, heisst nicht, die Hamas zu unterstützen.» Trotzdem hagelte es einen Shitstorm, und sie bekam sogar Morddrohungen.

Gigi Hadids Vater, Mohamed Anwar Hadid, ist Palästinenser.
Bild: Bild: Keystone

Natürlich ist Antisemitismus zu verurteilen, und für den schrecklichen Angriff der Hamas finde ich nicht mal Worte. Aber darf man nicht anerkennen, dass Menschen auf beiden Seiten leiden? Und ist irgendeine Regierung auf dieser Welt über Kritik erhaben? Oder sollten Promis einfach grundsätzlich ihre Klappe halten? Denn das tun bei diesem Thema überraschend viele.

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