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Popkultur-Glosse

Absolute Perfektion oder Weltuntergang? So oder so: Ich habe Schiss vor KI

Künstliche Intelligenz sorgte schon oft für das Ende der Menschheit. Zumindest in Filmen. In der echten Welt schaffen wir das problemlos selbst, aber dank KI sieht auf dem Weg zur Apokalypse alles hübscher aus.

Ich gehöre zu der Sorte Mensch, die regelmässig ihren Laptop anschreit, weil er nicht macht, was ich will. Darum müsste mir künstliche Intelligenz eigentlich gefallen. Schliesslich kann ich ihr tatsächlich sagen, was ich will, und sie erledigt den Rest von selbst. Allerdings habe ich viel zu viele Filme gesehen, in denen genau deswegen alles bachab ging.

In «2001: Odyssee im Weltraum» tötet Computer «HAL 9000» die Raumschiffcrew. In «Alien» hintergeht Android Ash seine Mannschaft. In «Terminator» löscht die künstliche Intelligenz «Skynet» praktisch die ganze Menschheit mit Nuklearwaffen aus. Und in «Avengers: Age of Ultron» gelingt besagtem Ultron fast dasselbe. Ganz zu schweigen davon, dass die künstliche Intelligenz in Filmen praktisch immer zum Schluss kommt, dass die Menschheit schlecht ist und darum vernichtet werden muss. Na toll.

Künstliche Intelligenz ist in Filmen wie «2001: Odyssee im Weltraum», «Alien», «Terminator» oder «Avengers: Age of Ultron» meistens keine so gute Idee.
Bild: Bilder: Imago

Darum bin ich in Sachen KI eher skeptisch. Obwohl das natürlich nur fiktive Beispiele sind und, soweit ich weiss, aktuelle KIs (noch) nicht imstande sind, komplett selbstständig zu lernen. Macht nichts, denn wir schaffen es auch so, uns ein gewaltiges Ei damit zu legen. Weil wir ums Verrecken perfekt sein wollen.

Kürzlich hat ein Fotograf den Sony World Photography Award mit einem Bild gewonnen, das eine KI generiert hat .

Ein Duett von Drake und The Weeknd ging viral, obwohl keiner von beiden wirklich darin sang. Ein Tiktoker hat den Song mit KI produziert.

Auf dem Westschweizer Fernsehsender M Le Média moderiert ein Avatar das Wetter. «Sie hat kein Problem, früh am Morgen aufzustehen, spricht ruhig und gleichmässig, und ihr Make-up sitzt makellos», heisst es beim Sender stolz.

Und auf Tiktok erschien mit «Bold Glamour» der bisher «beste» Filter, der sich in Echtzeit anpasst. Messerscharfe Wangenknochen, pralle Lippen und eine Haut, die glatter ist als ein Babypo. Nichts glicht, alles bleibt perfekt – und kein bisschen menschlich.

Trotzdem bastle auch ich zumindest ein bisschen an den meisten Fotos von mir rum. Ich motze also nicht gegen die, die Filter benutzen. Perfektion ist verführerisch, auch wenn sie nur durch KI erreichbar ist.

Dank ihr können wir sogar unsterblich werden, – zumindest, wenn man ein Promi ist. 2012 performte erstmals ein Hologramm von Rapper Tupac am Coachella Festival, Audrey Hepburn wurde vor ein paar Jahren für eine Glace-Werbung wieder zum Leben erweckt und James Dean wurde über 60 Jahre nach seinem Tod für die Hauptrolle im Film «Finding Jack» gecastet. Ob er das gewollt hätte oder nicht, ist egal.

Aber wie gesagt: Ich bin kein Experte, ich kenne nur Filme. Und wenn die Menschheit darin nicht dank KI futsch geht, ist sie oft komplett unselbstständig. Warum soll man auch noch etwas selbst machen, wenn es jemand anderes – oder etwas anderes – perfekt kann? In «Wall-E» konnten sich die Menschen schlussendlich nicht mal mehr allein bewegen.

Ich hätte mich auch fröhlich zurück lehnen und diese Kolumne von ChatGPT schreiben lassen können. Was wäre wohl dabei herausgekommen? Andererseits bin ich nicht scharf darauf, meine (berufliche) Auslöschung selbst zu beschleunigen.

Ich will jetzt aber nicht einfach meinen Pessimismus über alles pieseln. KI ist weder gut noch schlecht, es kommt darauf an, wie man sie nutzt. Allerdings sind wir Menschen saumässig gut darin, etwas zu verhunzen.

Aber noch geht die Welt nicht unter. Auf Instagram gibt es sogar eine winzig kleine «Revolution» gegen die Perfektion. Gleich mehrere Accounts haben sich zum Beispiel dem Vergleich zwischen bearbeiteten Promi-Fotos und den echten Originalen verschrieben, die die Realität – und Poren! - zeigen.

Die Amerikanerin Emily Feret hat sich der «Normalisierung von Normalität» gewidmet und zeigt regelmässig fröhlich ihr komplett chaotisches Zuhause: Berge von Geschirr, irgendwelches Zeug in der Garage oder die Evolution von Toilettenpapier-Rollen mitten auf dem Badezimmer Boden. «Ich zeige euch mein Heim, damit ihr euch in eurem besser fühlt», flötet sie und ich liebe sie dafür!

Und last but not least: Drew Barrymore. Ein Hollywood-Star, der «einen Scheiss» auf Perfektion gibt und sich sogar dabei filmt, wenn sie nach drei Monaten endlich dazu kommt, ihre Beine zu rasieren, und mittendrin die Alarmanlage ihres Hauses abgeht. Das kann sich keine KI der Welt ausdenken.

Ich entspanne mich also noch etwas mit meiner unperfekten Haut in meinem unperfekten Zuhause und schreie weiterhin meinen Laptop an, wenn er nicht tut, was ich will. Bevor er zurückschreit.

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