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Langlauf

Den Schweizerinnen gelingt der Coup

Der wohl einzige Schweizer Medaillentrumpf an den nordischen Weltmeisterschaften in Oberstdorf sticht. Laurien van der Graaff und Nadine Fähndrich gewinnen im Team-Sprint Silber.
Geschafft: Nadine Fähndrich (links) und Laurien van der Graaff jubeln.
Bild: KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Die routinierte Davoserin Laurien van der Graaff und ihre Zentralschweizer Teamkollegin Nadine Fähndrich haben sich nicht versteckt. Eine Medaille, alles andere wäre eine Enttäuschung, kündigten sie an - und am Tag X liefern sie in Oberstdorf eindrücklich ab.

Van der Graaff schickt Fähndrich als Fünfte, in Tuchfühlung mit der Spitze und mit einem lauten "Du chasch das!" auf die letzte der sechs 1,2-km-Runden. Und wie die Luzernerin das kann. Sie schliesst als einzige die kleine Lücke zum Spitzen-Duo mit der schwedischen Topfavoritin und Einzelsprint-Weltmeisterin Jonna Sundling sowie der Russin Natalia Neprjajewa. Letztere fällt sogar noch auf den 4. Platz zurück, Fähndrich hingegen kämpft sogar bis zur Zielgeraden um Gold. Am Ende beträgt der Abstand zu den siegreichen Schwedinnen weniger als eine Sekunde, der Vorsprung auf die stark aufkommenden Sloweninnen ist aber über 2,5 Sekunden gross.

Während Laurien van der Graaff im Zielraum nervös auf und ab tänzelt, behält ihre Teamkollegin die Nerven und läuft souverän zur erst zweiten WM-Medaille der Schweizer Frauen nach Evi Kratzers Bronze über 5 km im Jahr 1987 (ebenfalls in Oberstdorf). "Die Erleichterung ist riesig", erklärt Nadine Fähndrich danach strahlend. "Es war schon etwas Druck da." Druck, den sich die Schweizerinnen hart erarbeitet haben, indem sie in den letzten beiden Saisons in allen vier Weltcuprennen auf das Podest stürmten. Nicht immer waren dabei die Besten am Start, zum Beispiel beim Sieg kurz vor Weihnachten in Dresden. Doch nun räumen sie auch auf höchster Ebene sämtliche Zweifel aus.

Starke Reaktion nach Sprint-Enttäuschung

Die Medaille ist deshalb besonders wertvoll, weil sie weder besonders günstigen Umständen geschuldet ist noch aus einem Exploit heraus geschafft wird. Van der Graaff und Fähndrich bestätigen in Oberstdorf nicht mehr und nicht weniger als ihren Platz in der Welt-Hierarchie. Was von aussen wie ein Rennen völlig nach Plan aussieht, ist es dennoch nicht einfach. Nicht zuletzt, weil Fähndrich nach dem völlig verpatzten Einsatz im Einzelsprint am Donnerstag, als sie es in der Qualifikation nicht einmal in die Viertelfinals der besten 30 schaffte, erst einmal moralischen Beistand braucht.

"Wir haben viele Spiele gespielt, gelacht, es lustig gehabt", nennt Van der Graaff das Erfolgsrezept. Die 33-jährige Davoserin spürte bereits im Halbfinal, dass ihre Teamkollegin noch nicht ganz befreit agierte, auch wenn die Finalqualifikation nie in Gefahr war. "Nadine hatte noch etwas Zweifel und fühlte sich noch nicht so gut." Danach hätten sie zusammen geredet. "Atmen, lachen und gehen", lautete dann das Motto. Als Fähndrich dann auf die Schlussrunde geht, ist wieder alles wie gewohnt.

"Ich kam wieder wie oft im Team-Sprint in den Flow", erzählt die 25-jährige Luzernerin aus Eigenthal am Fuss des Pilatus. "Ich hatte mir die Situation ein paar Mal im Kopf vorgestellt, dass mich Laurien in einem Dreikampf um Bronze losschickt. Ich weiss nicht, ob die anderen nicht konnten oder taktierten. Ich wusste, es ist ein Risiko, wenn ich jetzt gehe, doch ich wollte das." So wie es nicht ganz gefahrlos ist, vor der WM klar zu deklarieren, dass eine Medaille Pflicht sei, geht auch dieses Risiko auf.

Mit letzter Konsequenz

Auf der letzten Runde denkt Fähndrich aber kaum noch an die Medaille, "sondern nur noch an das, was ich tun musste. So hatte ich die Sicherheit, die mir im Halbfinal noch etwas fehlte. Diese Konsequenz brauchte es." Deshalb erfüllen sich die beiden Schweizerinnen den "Traum jedes Sportlers".

"Es ist mega schön, weil es auch eine Erleichterung für das ganze Team ist, das hart gearbeitet hat", betont Van der Graaff, die noch vor eineinhalb Jahren kurz vor dem Rücktritt stand. Und Fähndrich ergänzt: "Wir sind sehr stolz." Immerhin gewinnen sie erst die fünfte Schweizer Langlauf-Medaille bei Weltmeisterschaften (dazu kommen zwei bei Olympischen Spielen, die damals als WM zählten). (sda)

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