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Ski alpin

Ryding erster britischer Weltcup-Sieger

Dave Ryding gewinnt den turbulent verlaufenen Slalom in Kitzbühel. Der Engländer sorgt für den ersten Weltcup-Sieg eines Briten.
Dave Ryding sorgt für den ersten Sieg eines Briten im Weltcup
Bild: KEYSTONE/AP/Giovanni Auletta

Was haben die Weltcup-Slaloms in dieser Saison nicht schon für Furore gesorgt. Umstürze in den Ranglisten, Favoriten, die kurz vor dem Ziel ausscheiden, Aussenseiter, die ihre Chance beim Schopf packen. Alles dabei. Wirklich alles? Mitnichten. Es geht noch turbulenter, wie das Rennen am Samstag in Kitzbühel gezeigt hat.

Der Südtiroler Alex Vinatzer, Führender nach dem ersten Lauf: 18. Schlussrang. Der Franzose Clément Noël, Zweitschnellster im ersten Durchgang: 15. Schlussrang. Sebastian Foss-Solevaag, der Weltmeister aus Norwegen, und der Italiener Giuliano Razzoli, vor zwölf Jahren Olympiasieger, Dritt- und Viertbester nach dem ersten Lauf: Ausgeschieden. Sie alle trugen ungewollt dazu bei, dass der fünfte Slalom in diesem Winter nicht nur den fünften verschiedenen Gewinner hervorbrachte, sondern mit einem Ergebnis endete, das in die Geschichte eingeht.

Der Hauptdarsteller der Geschichte, Ryding, hatte nach halbem Pensum auf dem 6. Platz gelegen. Als er im zweiten Durchgang im Ziel abschwang, hatte er bestenfalls leise Hoffnungen gehegt, dass dies sein grosser Tag werden könnte. Zehn Minuten später hatte er Gewissheit: Es war sein grosser Tag. Grossbritannien hatte seinen ersten Sieger in einem alpinen Weltcup-Rennen.

Dreimal war Ryding im Weltcup schon unter die ersten drei gefahren, einmal ebenfalls in Kitzbühel. Vor fünf Jahren musste er sich lediglich von Marcel Hirscher bezwingen lassen. Schon damals hatte er Geschichtsträchtiges geschafft. Es war erst der zweite Podestplatz eines britischen Skirennfahrers gewesen. 35 Jahre zuvor hatte Konrad Bartelski in Val Gardena in der Abfahrt den 2. Platz belegt.

Der Beginn auf Kunststoff-Pisten

In Kitzbühel brachen am Ende alle Dämme. Die Emotionen gingen hoch. Ryding rang im Zielraum um Fassung, schaute ungläubig in die Runde, schüttelte immer wieder Kopf, als habe er das Unglaubliche noch nicht realisiert. Im Startgelände kämpfte sein Coach Jai Geyer mit den Tränen.

Spätestens nach der Siegerehrung, als die englische Hymne gespielt war, hatte Ryding Gewissheit. Er hatte gewonnen, vor den Norwegern Lucas Braathen und Henrik Kristoffersen. "Ich habe nie aufgehört zu kämpfen. Ich habe immer daran geglaubt, dass in diesem alten Hund noch Leben ist. Dieser Sieg bedeutet die Welt für mich." Alter Hund passt gut. Der im Dezember 35-jährig gewordene Ryding ist nunmehr auch der älteste Gewinner eines Weltcup-Slaloms.

Gekämpft hat Ryding von Kindsbeinen an. Ohne eisernen Willen und die Bereitschaft, seiner Leidenschaft Skifahren alles unterzuordnen, hätte er es nie geschafft, zumal als Athlet aus England, wo der alpine Rennsport selbstredend keine Basis hat. Bis zu seinem zwölften Lebensjahr ist er ausschliesslich auf Kunststoff-Anlagen gefahren. Erst dann hat er erste Rennen auf Schneepisten bestritten.

Das Etikett des Exoten streifte Ryding im Weltcup erst allmählich ab. Der Sprung unter die ersten 20 gelang ihm fünf Jahre nach seinem Debüt, ein erstes Mal für Aufsehen sorgte er knapp zwei Jahre danach mit einem 6. Rang im Slalom in Levi in Finnland.

Die zweimal verschobene Hochzeit

Wäre alles nach Plan verlaufen, hätte Ryding seinen Coup am Samstag als Ehemann gelandet. In Zeiten der Corona-Pandemie musste er die Hochzeit mit seiner langjährigen Freundin Mandy Dirkzwager aber zweimal verschieben. Auch ohne Trauschein sorgte er zusammen mit der Niederländerin, einst selber Skirennfahrerin mit einem Weltcup-Einsatz, für die Zeit nach der Karriere vor. Das Paar betreibt in Tarleton, in der Nähe von Rydings Heimatgemeinde Chorley in der Grafschaft Lancashire, ein Café.

Wann er hauptberuflich zum Gastwirt wird, weiss Ryding noch nicht. "Da ich spät mit dem Skifahren begonnen habe, ist mein Körper noch nicht so ausgelaugt wie bei vielen meiner Konkurrenten." Seine Gegner aus der Schweiz sind allesamt deutlich jünger als er. Am Samstag in Kitzbühel haben auch sie gleichwohl nicht mithalten können.

Loïc Meillard war auf dem 7. Platz der beste der Fahrer von Swiss-Ski, unmittelbar vor Marc Rochat, der sein zweitbestes Ergebnis im Weltcup ablieferte. Luca Aerni folgte im 13. Rang. Die weiteren vier Schweizer Finalisten, Daniel Yule, Ramon Zenhäusern, Sandro Simonet und Noel von Grünigen, schieden aus. Ihnen allen blieben nur Nebenrollen an diesem Samstag, an dem britische Ski-Geschichte geschrieben wurde. (sda)

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