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Baseball

Mehr als ein Sportduell: New York vs. Boston

New York Yankees gegen Boston Red Sox - mehr geht nicht im amerikanischen Profisport. Es ist das Duell der so unterschiedlichen Metropolen. Die amerikanische Version von Zürich gegen Basel.
Nichts ist süsser: Die Spieler der Boston Red Sox feiern ihren 16:1-Triumph letzte Nacht in New York
Bild: KEYSTONE/FR51951 AP/BILL KOSTROUN

Es ist der 12. April, die Saison in der Major League Baseball (MLB) ist gerade mal 13 (von 162!) Spieltage alt: Da leisten sich die Spieler der Boston Red Sox und der New York Yankees auf dem Platz eine veritable Keilerei. Und wenn die Footballer der New England Patriots nach einem ihrer vielen Super-Bowl-Triumphe ihre Parade durch Boston zelebrieren, kommt unweigerlich der Ruf: "Yankees suck" (Die Yankees sind Scheisse).

Die Rivalität zwischen den Yankees und den Red Sox reicht weit über die Baseball-Welt hinaus. Es ist auch die Geschichte einer Weltmetropole und einer - in der eigenen Wahrnehmung - immer etwas unterschätzten Grossstadt der B-Liga. Boston war zur Kolonialzeit und bis zur Staatsgründung der USA tonangebend. Die renommiertesten Universitäten (Harvard, MIT) sind dort beheimatet, und auch heute noch ist der Bundesstaat Massachusetts um Boston ein wirtschaftliches Schwergewicht, gerade in der Pharmaindustrie.

Der Fluch des Bösen

Und doch spielt Boston hinter New York längst nur noch die zweite Geige. Dass dies auch im Baseball lange Zeit der Fall war, hatten sich die Red Sox allerdings selbst zuzuschreiben. 1919 verkauften sie den legendären Blondschopf Babe Ruth an die Yankees, direkt nach dem fünften World-Series-Titel. Das war zum damaligen Zeitpunkt Rekord, doch bis zur nächsten Meisterschaft sollte es sagenhafte 86 Jahre dauern. Der Begriff des "Albino-Fluchs" für den Verkauf Babe Ruths ist in Amerika jedem Kind ein Begriff.

Mit Ruth stiegen stattdessen die Yankees in die Oberliga auf. Der zuvor sieglose Klub ist heute mit 27 Titeln der Rekordchampion und zusammen mit den Dallas Cowboys, Manchester United, Real Madrid und dem FC Barcelona einer von fünf Sportunternehmen weltweit mit einem Wert von 4 Milliarden Dollar und mehr. Als "Reich des Bösen" bezeichnete deshalb einmal ein früherer Red-Sox-Besitzer die Yankees.

Kein Mythos sind die zuweilen skurril anmutende Versuche von Boston-Fans, den vermeintlichen Fluch umzudrehen. Als die New York Yankees 2008 wenige hundert Meter vom alten Standort in der Bronx ein neues Stadion erstellten, deponierte ein Bauarbeiter ein Red-Sox-Shirt im Betonfundament. Als Gerüchte darüber die Runde machten, wurde das Leibchen tatsächlich gefunden und wieder herausgeholt. Der Umkehr-Fluch funktionierte denn auch nicht, die Yankees gewannen gleich im ersten Jahr im neuen Tempel wieder die World Series.

Es brauchte schon aussergewöhnliche - und vor allem tragische - Ereignisse, um den Hass der beiden Fanlager zu überwinden. Yankees-Coach Joe Torre erhielt 1999 in Boston eine Standing-Ovation, nachdem bekannt geworden war, dass er an Krebs erkrankt ist. Und im ersten Spiel nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 hielten die Fans im ehrwürdigen Bostoner Fenway Park Schilder mit der Aufschrift "Boston loves New York" in die Höhe.

Schlägereien und Polizeieinsätze

Schon wenig später brach die Rivalität aber wieder in aller Härte aus. 2003 verloren die Red Sox eine dramatische Halbfinalserie in sieben Spielen, nach einer Schlägerei mit Spielern und Stadionmitarbeitern musste sogar die Polizei einschreiten. Als Boston dann ein Jahr später den Fluch brach, drehten sie im Halbfinal als erstes MLB-Team überhaupt in einer Serie einen 0:3-Rückstand - natürlich gegen die Yankees. Der Final (ein 4:0 gegen St. Louis) war dann nur noch Formsache.

In anderen Sportarten (Football, Basketball, Eishockey) war Boston schon länger eine der erfolgreichsten Städte der USA. Aber erst der Baseball-Triumph von 2004 wirkte wie eine echte Erlösung. 2007 und 2013 kamen zwei weitere hinzu, während New York seit neun Jahren auf die 28. Trophäe wartet. Nun stehen sich die beiden Erzrivalen wieder gegenüber. Nach den ersten beiden Spielen der Best-of-5-Serie in Boston stand es 1:1, in Spiel 3 kassierte Mew York zuhause eine historische 1:16-Schlappe. Für den Baseballsport ist ein solches Duell jedenfalls ein Segen, hohe Einschaltquoten garantiert. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass es diese beiden Ikonen sind, die im Juni 2019 erstmals zwei MLB-Spiele in Europa austragen, im Londoner Olympiastadion. (sda)

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