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Australian Open

Turnierbeginn im Januar unrealistisch

Es ist nicht realistisch, dass das Australian Open 2021 schon am 18. Januar beginnen kann. Quarantäne, TV-Rechteinhaber und der Kalender bereiten den Verantwortlichen in Melbourne Kopfzerbrechen.
Der Australian-Open-Champion vor der Skyline von Melbourne: für Januar 2021 ein unrealistisches Szenario
Bild: KEYSTONE/AP/DITA ALANGKARA

Vor einem Jahr bedrohten gigantische Waldbrände rund um die Fünf-Millionen-Metropole Melbourne kurzzeitig den Start des Australian Open. Das Feuer, das es nun zu löschen gilt, damit das Turnier stattfinden kann, ist noch deutlich unberechenbarer. Noch vor ein paar Wochen schien alles mehr oder weniger perfekt aufgegleist. Der Plan: Die Spieler treffen Mitte Dezember in Melbourne ein, absolvieren in einem erstklassigen Hotel die obligatorischen zwei Wochen Quarantäne, während der sie aber trainieren dürfen, spielen dann ein oder zwei Vorbereitungsturniere und sind am 18. Januar bereit für Best-of-5-Partien.

In einem Anflug von Arroganz hatten die Verantwortlichen von Tennis Australia aber nicht einberechnet, dass es unter Umständen noch andere Interessen geben könnte als ein Sportevent. Daniel Andrews, der Premierminister des Bundesstaats Victoria, hatte nämlich andere Vorstellungen. Er dürfte alarmiert sein über die hohen Infektionszahlen in Europa und den USA, während das isolierte Australien die Pandemie mittlerweile im Griff zu haben scheint.

Die Priorität von Andrews ist es, vor Weihnachten Australier im Ausland und Angehörige einreisen zu lassen und erst in zweiter Priorität, ab Januar, Tennisprofis. Immerhin würde es sich um einen über 1000-köpfigen Tross handeln. Und noch einschneidender: Während der 14-tägigen Quarantäne sollen diese, wie andere Einreisende auch, im Hotelzimmer bleiben müssen. So ist an einen Turnierstart am 18. Januar, oder wohl überhaupt im Januar, nicht zu denken.

Gefährlich für die Gesundheit

Daniil Medwedew, der frischgebackene Masters-Champion, sagte es klar: "Es ist undenkbar, dass wir zwei Wochen nicht trainieren können und dann gleich in ein Grand-Slam-Turnier einsteigen. Das würden die wenigsten auf sich nehmen und es wäre gefährlich für unsere Gesundheit." Vor allem würde es den Formaufbau, für den die Profis im Dezember jeweils schwitzen und schuften, praktisch wieder zunichte machen. Eine Verschiebung nach hinten - in den Februar oder sogar März oder April - wäre also naheliegend.

Dabei gibt es aber zwei Haken: Der Fernsehsender Nine, der die Rechte 2018 für fünf Jahre und 300 Millionen Dollar (gut 200 Mio. Franken) gekauft hat, hat in seinem Vertrag den Januar-Termin und will diesen unbedingt durchsetzen oder Geld zurückverlangen. Januar bedeutet in Australien: Sommerferien sowie die Zeit, in der die TV-Sender Werbetrailer für ihre neuen Serien schalten, die im Februar starten. Da ist das Australian Open mit seinen Millionen von Zuschauern jeweils die ideale Plattform.

Das zweite Problem ist der dicht gedrängte Tenniskalender. Normalerweise finden im Februar eine Fülle von ATP- und WTA-Turnieren statt, darunter 500er- respektive Premier-Events wie Rotterdam, Dubai oder Doha. Im März folgen dann die grossen, gemeinsamen Turniere in Indian Wells und Miami. Noch haben weder Männer- noch Frauentour einen Kalender für das nächste Jahr veröffentlicht. Angesichts wieder massiv gestiegener Corona-Zahlen in Europa und Nordamerika ist zu vieles unsicher. Könnte zum Beispiel in den USA nicht gespielt werden, wäre unter Umständen ein Programm mit den Turnieren im Nahen Osten im Februar und dem Australian Open im März denkbar. Aber eben, das weiss im Moment keiner, und das will in Australien auch kaum jemand.

Nadal cool, Djokovic ungeduldig

Entscheiden werden die Behörden des Bundesstaats Victoria. Noch laufen die Drähte zwischen den Tennisoberen und den politischen Entscheidungsträgern heiss. Am Sonntag meldete die grösste Melbourner Tageszeitung "The Age", ein Entscheid werde innerhalb von 48 Stunden fallen. Bis Dienstagabend war es aber noch nicht so weit. Die Zeit drängt allerdings.

Uneinigkeit herrscht im Übrigen auch unter den Topstars. Rafael Nadal zeigte sich in den letzten Tagen staatsmännisch. "Es steht uns nicht an, den lokalen Behörden zu diktieren, was sie zu tun haben", sagte die Nummer 2 der Welt. "Es liegt an ihnen zu entscheiden, was für ihre Bevölkerung am besten ist. Wir müssen geduldig und flexibel sein." Mit der Geduld hat es hingegen Novak Djokovic nicht so. Der Weltranglistenerste forderte die Behörden in Victoria eindringlich auf, für die Tennisstars eine Ausnahme zu machen.

Roger Federers Meinung ist nicht bekannt. Doch auch der Schweizer, der derzeit im Trainingsaufbau steckt und in Australien sein Comeback nach einem Jahr Pause geben will, wird so bald als möglich wissen wollen, wohin die Reise geht. (sda)

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