notifications
ATP/WTA

Tennis-Neustart unter der Lupe

Auch nach Veröffentlichung des Turnierkalenders bis Anfang Oktober gibt es für den Neustart im Tennis viele offene Fragen.
Die ehemalige Wimbledon-Siegerin Petra Kvitova trägt vor einem Wohltätigkeits-Match Mundschutz
Bild: KEYSTONE/EPA/MARTIN DIVISEK

"Wenn wir nicht spielen, wird die ATP nicht überleben." Feliciano Lopez (ATP 56) machte diese Aussage am vergangenen Wochenende. Der 38-jährige Veteran aus Spanien äusserte sich nicht als immer noch aktiver Spieler, sondern als Rechtehalter an der ATP Tour. Lopez löste 2019 seinen Landsmann Manolo Santana als Turnierdirektor des Masters-1000-Turniers von Madrid ab.

Die ATP und WTA pfeifen finanziell offenbar nach der Coronavirus-Krise aus dem letzten Loch. Versichert gegen eine Pandemie war niemand. Fernsehgelder flossen keine mehr, den Abonnenten der eigenen Streaming-Kanäle muss Geld zurückbezahlt werden, Tour-Sponsoren (wie Emirates oder Peugeot) springen oder sprangen ab. Auch wegen all dieser Schwierigkeiten hinterliessen ATP und WTA zuletzt nicht mehr den souveränsten Eindruck.

Seit Mittwoch ist klar, dass ab August wieder Tennis gespielt wird. Die Frauen beginnen am 3. August in Palermo, die Männer am 14. August in Washington. Wie die Weltrangliste weitergeführt wird, steht noch nicht fest. Sowohl ATP wie WTA suchen die möglichst faire Lösung. Es ist nicht damit zu rechnen, dass ab August umgehend Punkte aus der Wertung fallen.

Das grosse Thema der letzten Wochen war, dass Aushängeschilder wie Novak Djokovic oder Rafael Nadal dem US Open fernbleiben könnten. Das US Open unternimmt alles, um diese Stars umzustimmen. Das USTA Billie Jean King National Tennis Centre in Flushing Meadows wird für einen Monat in ein Disneyland für Tennisprofis umgestaltet. Mittlerweile sind für Spieler drei Begleitpersonen erlaubt - und wer will, darf sich für die Zeit sogar ein Privathaus mieten und so der Abschottung in Hotels entgehen.

Die Akteure in den Hauptrollen wie Djokovic oder Nadal müssen sich trotzdem gut überlegen, wie sie an die Sache herangehen. In allen Mitteilungen und Communiqués von ATP, WTA und USTA (amerikanischer Tennisverband) wird das Wohl und die Gesundheit der Spieler hervorgehoben. Aber die Anforderungen an die Akteure sind immens und alles andere als gesund. Innerhalb von sieben Wochen stehen ohne eine Pause drei Masters-1000- (Cincinnati, Rom, Madrid) und zwei Grand-Slam-Turniere (US Open, French Open) auf dem Programm. Rafael Nadal müsste innerhalb von sechs Wochen am US Open (2000), in Rom (1000), Madrid (360) und Roland-Garros (2000) drei Turniersiege und 5360 Weltranglistenpunkte verteidigen. Ausserdem müssen alle Europäer zweimal den Jet-lag von sechs oder mehr Zeitzonen verkraften.

Nadal, Djokovic und Dominic Thiem müssen sich ernsthaft fragen - und nicht wegen der Einschränkungen in den USA -, auf welche Turniere sie setzen wollen. Wer am US Open weit kommt, für den kann eine Teilnahme in Madrid im Prinzip gar kein Thema mehr sein. Es dürfen viele unterschiedliche Turniersieger erwartet werden - und womöglich sogar endlich wieder einmal neue Grand-Slam-Sieger?

Nicht nur wegen der Überbelastung offenbart der neue Kalender viele ungeklärte Fragen. Das Turnier von Washington beispielsweise plant immer noch mit (einer reduzierten Anzahl) Zuschauern; der Vorverkauf auf der Turnier-Webseite läuft weiter. Am US Open wird es keine Zuschauer geben, hingegen hofft das French Open, vor Publikum spielen zu können. Die WTA-Tour plant ab Oktober zehn Turniere in Asien und auch ein Turnier im jetzt neuerlich abgeriegelten Peking, was man gut und gerne als Klumpenrisiko bezeichnen könnte. (sda)

Kommentare (0)