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Weltranglisten

Profiteure und Verlierer im Ranking

Das Coronavirus wirft auch den Tenniskalender völlig durcheinander. Mit dem Einfrieren der Punkte wird eine vorläufige Lösung für die Weltranglisten gefunden. Der grösste Profiteur ist Roger Federer.
Novak Djokovic und Co. mussten Indian Wells unverrichteter Dinge verlassen
Bild: KEYSTONE/AP/Mark J. Terrill

Echte Gewinner gibt es in der Coronavirus-Krise in der gesamten Sportwelt keine. Die Tennisprofis gehören wohl zu den am stärksten betroffenen Sportlern, denn mit Ausnahme der Stars macht das Preisgeld einen wesentlichen Teil ihres Einkommens aus. Und dies fällt nun für mindestens drei Monate weg. Zudem sind auch Sponsorengelder häufig an Turnierresultate gekoppelt. Ein wichtiger Faktor sind die Weltranglistenpunkte, die über Setzungen und Turnierteilnahmen entscheiden. Wären jetzt bis Anfang Juni einfach alle Punkte aus der Wertung gefallen, hätte dies enorme Verschiebungen zur Folge gehabt.

Nun bleibt bis zur Wiederaufnahme alles beim Status quo, doch auch diese Lösung bringt "Gewinner" und Verlierer hervor.

Grösster Profiteur ist Roger Federer. Für ihn zahlt es sich nun doppelt aus, dass er im letzten Jahr in Indian Wells (Final) und Miami (Sieger) brilliert hat und dass er erstmals nach drei Jahren wieder auf Sand spielte - und das durchaus erfolgreich. Im Zeitraum von März bis Anfang Juni gewann der 38-jährige Basler 2680 ATP-Punkte - einzig Rafael Nadal holte mehr (4260). Federer hätte diese Punkte in diesem Jahr nach seiner Knieoperation nicht verteidigen können, er hätte sowieso bis zum Beginn der Rasensaison pausiert. Nun wird er diese als Nummer 4 der Welt in Angriff nehmen, ansonsten wäre er wahrscheinlich auf Platz 8 zurückgerutscht.

Rafael Nadal ist Gewinner und Verlierer zugleich. Rankingtechnisch bleibt der Weltranglistenzweite in Tuchfühlung mit Novak Djokovic und könnte diesen allenfalls bereits in Wimbledon - so denn Ende Juni in London gespielt wird- wieder als Nummer 1 ablösen. Gleichzeitig hatte Nadal im vergangenen Jahr für seine Verhältnisse eine relativ durchzogene Sandsaison. Der zwölffache French-Open-Sieger triumphierte "nur" in Rom und Paris, dazu verpasste er das Turnier in Miami verletzungshalber. Es ist alles andere als ausgeschlossen, dass er in diesem Frühling mehr Punkte hätte sammeln können als vor einem Jahr.

Novak Djokovic gehört zu den Verlierern. Er gewann vor einem Jahr verhältnismässig wenige Punkte. Angesichts seiner Dominanz zu Beginn dieser Saison (18:0 Siege) hätte er ohne Verletzung fast sicher mehr Zähler geholt und seinen Vorsprung an der Spitze der Weltrangliste ausgebaut. Einziger kleiner Trost: Er bleibt mindestens bis Anfang Juli die Nummer 1. Aktuell steht der 32-jährige Serbe bei 282 Wochen an der Spitze des ATP-Rankings. Federers Rekord von 310 Wochen würde er bereits im kommenden September erreichen. Es sei denn, die Statistiker würden entscheiden, dass die Wochen des Turnierstopps nicht zählen würden. Dann wäre Djokovic definitiv einer der grossen Verlierer.

Als solcher darf sich auch der Weltranglisten-Fünfte Daniil Medwedew fühlen. Der Aufsteiger der letzten acht Monate hätte nur gerade 525 ATP-Punkte zu verteidigen gehabt. Ein weiterer Vormarsch in der Weltrangliste wäre ihm praktisch sicher gewesen. Auch Stan Wawrinka spielte zum gleichen Zeitpunkt vor zwölf Monaten nicht überragend (650 Punkte), eine Verbesserung von ATP-Rang 17 wäre sicher dringelegen.

Vögele und Golubic doppelt gestraft

Bei den Frauen profitiert die Nummer 1 Ashleigh Barty am meisten. Sie gewann letztes Jahr in Miami und beim French Open und hätte mit Abstand am meisten WTA-Punkte zu ersetzen gehabt.

Die Australian-Open-Siegerin Sofia Kenin agierte damals hingegen auf einem wesentlich tieferen Niveau. Die Amerikanerin hätte gute Chancen gehabt, sich von Position 4 noch weiter nach oben zu arbeiten.

Zu den grössten Verliererinnen gehören aber zwei Schweizerinnen. Stefanie Vögele und Viktorija Golubic entgeht nicht nur dringend benötigtes Preisgeld, als Nummer 109 respektive 123 des WTA-Rankings liegen sie auch knapp ausserhalb der Plätze, die zur Teilnahme im Hauptfeld der Grand-Slam-Turniere berechtigen. Nun haben sie nicht die Chance, sich noch etwas zu verbessern, zumal dann - nach jetzigem provisorischem Turnierplan - im Sommer und Herbst drei Grand-Slam-Events kurz aufeinander folgen würden.

So oder so werden sich ATP und WTA noch vertiefte Gedanken machen müssen, wie mit diesem aussergewöhnlichen Tennisjahr - und der weiteren Verteilung der Punkte - verfahren wird. Weitere Diskussionen sind vorprogrammiert. (sda)

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