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Playoff-Story

Seger - Mit Titel in den Ruhestand

Titel, Trophäen, Grandezza - Mathias Seger ist ein Mann der Rekorde und der grossen Gesten, ein Unikum im besten Sinne, einer der grössten Schweizer Hockey-Spieler.
Captain war er diese Saison nicht mehr (wie hier beim Titelgewinn 2014) - aber den Pokal durfte Mathias Seger zum Abschied nochmals stemmen
Bild: KEYSTONE/PATRICK B. KRAEMER

Nun ist der charismatische Ex-Captain der ZSC Lions in der Resega triumphal abgetreten. Die letzten Sekunden gehörten Mathias Seger. Nach dem 2:0 19,4 Sekunden vor Schluss durfte "Segi" doch auch noch aufs Eis. Und noch vor der Pott-Übergabe ehrten die Spieler ihren Ex-Captain mit Seger-Gesichtsmasken. Und wer Roman Wick in der Seger-Maske sah, der weiss: Segi hätte auch mit langen Haaren gute Figur gemacht.

Segers Eiszeit war während der letzten seiner 22 Saisons auf oberster Ebene knapper denn je, seine Rolle bei den Lions wurde kleiner, in der Finalserie gegen Lugano gewährte ihm Hans Kossmann nur noch ein paar wenige Abschiedsminuten. Aber das Monument bröckelte nicht, der Uzwiler wird als bedeutendste Figur in die ZSC-Geschichte eingehen. Der Verteidiger ist Rekordmann und Ikone zugleich, er verkörpert trotz persönlicher Bestmarken primär den perfekten Team-Player, den Leader mit dem nahezu lebenslänglichen Klub-Commitment - ein Wahrzeichen ohne Ablaufdatum.

Der Ostschweizer ist ein veritabler Hockey-Saurier. Von seiner Prägung gibt es nicht mehr viele. Nicht wenige Experten befürchten, dass Professionals seines Formats eher früher als später verschwinden werden. "Solche Figuren sind einmalig. Segi war immer ein natürlicher Anführer. Er ist einer, dem man in der Kabine zuhört. Er spürte die Chemie, er war immer ein Captain mit Tiefgang", sagt der langjährige Lions-CEO Peter Zahner über Seger, dem er die grösste Karriere attestiert von jenen, die nie in der NHL spielten.

Mit nackten Zahlen und Fakten wird nur ein Teil der Dimension Segers abgebildet - aber er allein ist in nationalen Rinks beispiellos: 1167 Partien in der höchsten Spielklasse, 21 Playoff-Teilnahmen, sechs Meistertitel, der Triumph in der Champions League, Steuermann der ersten Schweizer Equipe, die im Victoria-Cup eine NHL-Organisation (Chicago Blackhawks) besiegt hat, 16 WM-Teilnahmen, vier Olympia-Turniere, 305 Länderspiele.

Auf ein vergleichbares Palmarès kommt hierzulande niemand. Dabei besitzt Seger nicht den Hockey-Baukasten eines Genies. "Mathias war weder der Schnellste noch der Kräftigste und auch nicht jener mit dem härtesten Schuss. Er brachte ein anderes Paket mit. Er erreichte sehr viel dank seinem Willen, seiner Einstellung, seiner Demut, seiner Wertvorstellungen", bringt Zahner die Schlüsseleigenschaften Segers auf den Punkt.

"Kampf bis zum Gehtnichtmehr, pure Passion!" Mark Streit muss nicht lange überlegen, was sein Copain praktisch an jedem seiner unzähligen Abende im Sportdress geleistet hat. Seinen früheren Abwehrpartner und Freund lernte der der spätere NHL-Pionier in der U16-Auswahl kennen und schätzen. Seger liebe den Sport und lebe seine Begeisterung vor. "Er ist einer wie aus dem Lexikon für Teamspieler."

Streit, wie Seger im letzten Dezember 40-jährig geworden, beschritt zunächst einen ähnlichen Weg. Auch er lebte in der ersten Karrierephase vom Fleiss, Vorschusslorbeeren holten andere ab. Zusammen mit einem jungen, zähen Burschen aus Uzwil erklomm er den Gipfel und weiss haargenau, welche Efforts hinter Winner-Storys stecken: "Solche Erfolge sind nur möglich, wenn jeder seine Rolle akzeptiert. Er stellte immer die Mannschaft in den Vordergrund. Ihm war wichtig, dass es den Jungs gutgeht. Und er war ein Typ, einer, der sich nie versteckt hat."

Der Stanley-Cup-Sieger mit 820 Einsätzen in der National Hockey League verneigt sich vor Segers Lebenswerk: "Segi oder ein Ivo Rüthemann sind Figuren, die mich immer tief beeindruckt haben. Sie kann man nicht ersetzen, und das ist auch gut so. Jetzt müssen die Jungen nachstossen und Verantwortung übernehmen."

Leadership liege zwar etwas im Naturell, "aber man muss es auch wollen, man muss das Ziel haben, mal Captain zu werden", so Streit. Bei Seger zweifelte der Berner nie eine Sekunde daran, dass sein Weggefährte nicht alles aus seinem Körper pressen würde. Zahner teilt Streits Einschätzung. "Beide hatten diesen unglaublichen Biss schon als Teenager", erinnert er sich an seine Zeit als U18-Nationalcoach zurück - mit den beiden Energiespendern Seger und Streit als "Klassenbeste".

Wie Segers Zukunft nach seiner mehrmonatigen Australien-Rundreise verlaufen wird, ist unklar. Ein Commitment der ZSC-Führung für eine Zusammenarbeit in zu definierender Form liegt vor. Der Zeitpunkt hingegen ist offen. Zunächst wird Seger seine Energie vollumfänglich in seine Familie investieren. "Den Kontakt zum Eishockey und zu den Lions wird er weiterpflegen", ist Zahner überzeugt. "Die Türen stehen immer offen." (sda)

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