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Sport

Der erste Meistertitel war der schönere, dieser der wertvollere

Der EV Zug sichert sich den zweiten Meistertitel in der Klubgeschichte. Beim Titelgewinn im Jahr 1998 war vieles anders – der Verein machte eine Veränderung durch.
EVZ-Fans bejubeln das 1:0 vor dem Stadion. 

(Bild: Matthias Jurt (Zug, 07. Mai 2021))

René Barmettler

Zwei Stunden vor Spielbeginn machen hunderte EVZ-Fans Lärm vor dem Stadion, die Stimmung ist gelöst, die Zuversicht spürbar. Vereinzelt waren Leute zu sehen, die man schon 1998 beim ersten Meistertitel des EVZ erblickt hatte. Jetzt ist die nächste Generation am Ruder – nicht minder begeisterungsfähig. Am Bier/Wurststand innerhalb des Stadionareals tigerte einer herum, sagte jedoch im Brustton der Überzeugung: «Die packen das heute!» Und das taten sie, nicht jedoch ohne Aufreger. Der Match stand nach dem 1:1 auf der Kippe. Doch dann schlug Zug nochmals zurück und wie. Der «Chöbu» gehört nun dem EVZ und seinem in Tränen aufgelösten Captain Raphael Diaz.

Dieser Meistertitel ist noch wertvoller als der erste. Der erste war schöner, weil es der erste war und die Spiele vor ausverkauften Rängen stattfanden. Doch nach der Titelpremiere ging eine Ära zu Ende. Präsident Fredy Egli war ein grosszügiger Mäzen, der den Klub an der kurzen Leine führte. Nach seinem Rücktritt 1999 hinterliess er ein Machtvakuum. Es folgten Ränkespiele, im Vorstand wurde gegeneinander gearbeitet. Es brauchte schliesslich eine Taskforce aus Zuger Persönlichkeiten, die dem unwürdigen Treiben ein Ende setzen konnten. Der EVZ stand 2001 am Abgrund, vor dem Nichts. Zum Glück für die Zentralschweizer: Der Neubeginn in ein neues Zeitalter gelang.

Ab 2008 und danach in der neuen Bossard-Arena (2010) spielte sich Zug regelmässig in die Top 4. Patrick Lengwiler, ab 2004 mit 25 Jahren jüngster Sportchef der Schweiz und seit 2012 CEO, machte aus dem EVZ eine Vorzeigeorganisation. Wieviel Akribie, Ausdauer und Nerven in diesen Meistertitel investiert worden sind – das ist sehr viel mehr im Vergleich zum ersten Titel. Nach dem Aufstieg 1987 brauchte Zug bloss elf Jahre, um Meister zu werden. Seit 1998 sind 23 Jahre vergangen. Die Zeiten sind vorbei, wo Titel bloss mit teuren Spielern erkauft werden. Heutzutage braucht es viel mehr, um bei der rasanten Entwicklung des Spitzeneishockeys mitzuhalten. Zug zeigte mit der Anstellung von Dan Tangnes Pioniergeist. Niemand zuvor schaffte es, so viele Nachwuchsspieler innert Kürze tauglich für die National League zu machen. Dank dieser Breite räumten die Zuger in dieser Spielzeit ganz gross ab.

Und diesmal muss niemand Angst vor einem grossen Absturz des EV Zug haben. Die Organisation steht auf gesunden Beinen, eine Gefahr lauert dennoch: Sie kommt aus Bern. Werden die laufenden Restriktionen nicht bald so gelockert, dass die Klubs wieder vernünftig ihren Tagesgeschäften nachgehen können, dürfte es auch für die EVZ-Organisation schwierig werden.

Allerdings gibt es sie, die Parallele zum ersten Meistertitel: Bereits 1995 mit dem inzwischen verstorbenen Trainer Jim Koleff hatte Zug Meisterambitionen. Der Kanadier wurde indes im Final gegen Kloten regelrecht von Alpo Suhonen ausgecoacht, auch 1997 scheiterte Zug, diesmal im Final an Bern. Erst Sean Simpson, zuvor EVZ-Assistenzcoach, verstand es 1998, die Balance zu finden. Er schreckte auch nicht davor zurück, im Playoff-Halbfinal nach dem 2:3-Rückstand gegen Ambri-Piotta den untauglichen Patrick Schöpf durch Ronnie Rüeger zu ersetzen. Der Goaliewechsel brachte die Wende, den Finaleinzug und schliesslich den Meistertitel. Eine solche Goalie-Übung brauchte der EVZ diesmal nicht. Nach den verlorenen Finals 2017 und 2019 mit Tobias Stephan im Tor, konnten die Zuger mit Leonardo Genoni den Branchenprimus nach Zug holen. Mit bloss zwei Gegentreffern in dieser Finalserie hat er dies eindrücklich bewiesen.

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