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Eingesandt:  Leserbrief

Es geht munter weiter

Zu den Strompreisen

Vor zwanzig Jahren lehnte die Bevölkerung die vielgepriesene, letztlich von der EU geforderte Strommarktliberalisierung mit 52,5 Prozent Nein-Stimmen ab. Bundesgericht, Bundesrat, Bundesparlament und Bundesverwaltung interessierte dieses Nein nicht. Das Volk wollte mehrheitlich Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen und keine «Liberalisierungsexperimente». Es wollte die seit hundert Jahren bewährte Versorgungssicherheit nicht aufs Spiel setzen und dem Zeitgeist opfern. Deshalb das Nein.

Bereits im März 2003 begann die Bundesverwaltung, die Sprache des Volkes im Keim zu ersticken, und beauftragte eine Expertenkommission, einen neuen Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Dieser Gesetzesentwurf wurde dann im Parlament als «Jahrhundertgesetz» gepriesen. Am 23. März 2007 nahmen der Nationalrat und der Ständerat das neue Stromversorgungsgesetz an. Die 27 Nein-Stimmen, welche damals weiterhin Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen wollten und bereits von Beginn an die Systemfehler sahen und kritisierten, wurden und werden ab diesem Zeitpunkt bis heute als wirtschaftsfeindlich abqualifiziert.

Und was ist nun passiert? Bundesrat und Parlament beschliessen Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft. Übersetzt heisst das: Gewinne privatisieren, Verluste verstaatlichen. Noch schlimmer. Es geht nicht um Private, sondern um Firmen, welche im Eigentum von Kantonen und Städten sind. Und mit diesen Finanzhilfen ist die Versorgungssicherheit nicht garantiert. Es ist in Bern kein Wille spürbar, die Systemfehler im Stromversorgungsgesetz zu korrigieren. Nach wie vor herrscht das Motto «Gewinne privatisieren, Verluste verstaatlichen». Und das mit Bundesgarantie! Das «Gewurstel» geht munter weiter.

Fazit: Noch grössere Sorgen als der Gletscherschwund macht mir der Schwund der kogniti­ven Fähigkeiten in der Politik, Fehler einzugestehen und Systemfehler sofort zu korrigieren.