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Eingesandt:  Leserbrief

Das Trauerspiel ist vorüber, die Trauer aber noch lange nicht – eine Sicht aus der Pflege

Zur Schliessung des Altersheims St. Anna in Steinerberg

Nun ist auch der letzte Bewohner gegangen. Das einst so beliebte Altersheim ist überraschend schnell zur Geschichte geworden. Warum, das versteht wohl niemand. In den Medien war zu lesen, wegen Fachkräftemangel aufgrund von Corona. Doch wenn man genauer hinschaut, begann vor gut drei Jahren eine Kündigungswelle in der Pflege, die nicht mehr aufzuhalten war. Da fragen wir uns schon länger, wieso das Kader über all die Jahre stillschweigend zugeschaut und nicht darauf reagiert hat. Ob sie die Gründe nie ernsthaft interessiert hat? Wir von der Pflege haben uns oft unverstanden gefühlt. Hätten wir mehr Unterstützung und Wertschätzung erfahren, wäre es wohl nicht zu dieser folgenschweren Kündigungswelle gekommen.

Als weiteres Problem sehen wir das Tarifsystem im Gesundheitswesen, das dazu führt, dass die Leitungen so unter einem ökonomischen Druck stehen, dass die Bedürfnisse von Pflegepersonal sowie Bewohnerinnen und Bewohnern nur ungenügend berücksichtigt werden können. Wir wünschen uns mehr Loyalität von den Leitungen und dass sie nicht einfach nur den Druck weitergeben, den sie von oben (Krankenkassen und Politik) erhalten, sondern sich endlich aktiv für bessere Bedingungen in der Pflege einsetzen.

Ein kleines Beispiel ist die gesetzliche Umsetzung des Urteils, mit dem festgehalten wurde, dass Umkleidezeit auch Arbeitszeit ist. Bei uns wurde entschieden, dass es einfach mit einer verlängerten Znünipause abgegolten wird. Das heisst, es ging einmal mehr auf Kosten unseres Arbeitsprozesses und auf Kosten der Bewohnerinnen und Bewohner, denen wir nochmals weniger Zeit widmen konnten. Da hätten wir uns gewünscht, dass die Leitung reagiert hätte, dass sie das Gespräch mit der Politik gesucht hätte, um eine faire Lösung zu finanzieren. Wenn die Umkleidezeit neu als Arbeitszeit gelten muss, dann muss das selbstverständlich auch finanziert werden.

Nun, ich hoffe, dieses Trauerspiel ist ein Mahnmal für alle anderen Pflegeinstitutionen und für die Politik. Tragt Sorge zu den Mitarbeitenden! Es lohnt sich unbedingt, in gutes Pflegepersonal zu investieren. Denkt daran, jeder von uns möchte im Alter doch auch mit Würde gepflegt und respektiert werden!

Im Namen von ehemaligen Mitarbeitenden des «St. Anna»