notifications
Eingesandt:  Leserbrief

Abwahl wegen neuer Wahlordnung?

Zur Nichtbestätigung von Ständerat Othmar Reichmuth

Ständerat Othmar Reichmuth hat in seinem Statement am Sonntagabend unter anderem die Auswirkungen der neuen Wahlordnung auf seine Abwahl hinterfragt. Dies meines Erachtens zu Recht. Denn immerhin haben die Sozialdemokraten mit ihren gemeinsamen Listen 2019 nicht weniger als 40 Prozent im ersten und rund 25 Prozent im zweiten Wahlgang zum damaligen Wahlerfolg von Reichmuth beigetragen. Mit dem neuen Chrüzli-Wahlzettel ist eine solche Koalition nicht mehr möglich, ja nach dessen Befürwortern gar verpönt.

Zudem werden in unserem «Chrüzli»-Wahlsystem entgegen aller Logik und der Praxis anderer Kantone die leeren Stimmen bei der Ermittlung des absoluten Mehrs nicht mitgezählt. 2023 wurden im Zuge der neuen Wahlordnung 2,5-mal mehr leere Stimmen als noch 2019 eingelegt, indem rund ein Viertel der gültig Wählenden nur ein Kreuz auf dem Wahlzettel machten.

In der Folge fiel das absolute Mehr relativ tief aus, und alle drei Spitzenkandidaten übertrafen dieses auf Anhieb. Hätte man bei der Ermittlung des absoluten Mehrs die leeren Stimmen mitgezählt, wäre zwar die Überfliegerin Petra Gössi im ersten Wahlgang klar gewählt worden. Sowohl Pirmin Schwander wie auch Othmar Reichmuth hätten jedoch einen zweiten Wahlgang bestreiten müssen, und der abgewählte SR Reichmuth hätte eine zweite, nicht ganz aussichtslose Chance gehabt!

Ironie des Schicksals ist, dass ausgerechnet die Mitte-Partei und insbesondere Neo-Nationalrat Dominik Blunschy das neue Chrüzli-Wahlsystem als Meisterwerk anpriesen und alle Kritiker abqualifizierten. Doch nach den Wahlen ist vor den Wahlen! Vielleicht kommt ja nach der Chropfleerete die Einsicht, dass die neue Wahlordnung nicht das Gelbe vom Ei ist, vor allem auch, was das absolute Mehr anbetrifft. Denn bei unserer Parteienlandschaft begünstigt die praktizierte «Chrüzli»-Wahlordnung eindeutig die grösste Wählergruppe mit einem Wähleranteil von 40 Prozent und mehr.