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Uri

Zwei Urner wollen mit einer politischen Fabel zum Nachdenken anregen

Peter Zgraggen und Werner Biermeier arbeiten zum ersten Mal gemeinsamen an einem Stück. Ein Besuch bei einer Probe in Zürich.
Peter Zgraggen und Werner Biermeier sind intensiv am Proben. Bild: Markus Zwyssig (Zürich, 14. Oktober 2019)
Peter Zgraggen schlüpft in die Rolle des Geheimagenten Tom Walker. (Bild: Markus Zwyssig, Zürich, 14. Oktober 2019)
Werner Biermeier spielt den knorrigen Briefschreiber Travis Pine. (Bild: Markus Zwyssig, Zürich, 20. Oktober 2019)
Peter Zgraggen und Werner Biermeier sind bei der Probe schon voll in ihrem Element. (Bild: Markus Zwyssig, Zürich, 20. Oktober 2019)

Markus Zwyssig

Markus Zwyssig

Markus Zwyssig

Markus Zwyssig

Sie brauchen nicht viele Requisiten. Auffällig ist die Türe, die mitten im Raum steht. Mit zur Grundausstattung gehören ein Tisch, ein paar Stühle und eine mechanische Schreibmaschine, welche allenfalls noch durch ein veraltetes Laptop ersetzt wird. In einem alten Industriegebäude in der Nähe des Albisriederplatzes und anschliessend in der Roten Fabrik mitten in Zürich sind Werner Biermeier und Peter Zgraggen am Proben. Bei unserem Besuch am ersten Probetag wird bereits intensiv gearbeitet. Es stehen zahlreiche Kaffeetassen auf dem Tisch und die beiden Schauspieler machen sich laufend Notizen zu einzelnen Textpassagen des Stücks.

Zwei gegensätzliche Figuren treffen aufeinander

Werner Biermeier spielt den arbeitslosen und desillusionierten Travis Pine. Auf seiner Schreibmaschine hämmert er Briefe. Ganz böse Worte schreibt er und zwar nicht irgend jemandem, sondern dem Präsidenten höchstpersönlich.

Es dauert nicht lange und da betritt Peter Zgraggen die Bühne. Er spielt den Geheimagenten Tom Walker, der dem unanständigen Schreiberling auf die Pelle rückt. Zgraggens Auftrag besteht darin, Biermeier mit jedem denkbaren Mittel der Macht von seiner Schreiberei abzubringen. Aber so leicht lässt sich der ungehobelte Briefeschreiber nicht einschüchtern.

Peter Zgraggen und Werner Biermeier leben beide von und für die Schauspielerei. Biermeier hat als freischaffender Schauspieler in verschiedenen Theater-, Film- und TV-Produktionen mitgearbeitet. Er spielte einen Kondukteur in Michael Steiners «Mein Name ist Eugen». Er war ein Schweizer Banker in David Finches «Girl with the Dragon Tattoo – Verblendung» und wurde als Milliardär in «Deadlocked» von Johannes Hartmann entführt. Bei der Fernsehserie «Der Bestatter» machte er mit und spielte einen Fabrikanten auf SRF im Sommer-Spezial anno 1914.

Peter Zgraggen hat sich mit verschiedenen Theater- und Musical-Produktionen einen Namen geschaffen. Er wirkte in der «Niederdorfoper», «Z wie Züri», «Ost Side Story» oder «Mein Name ist Eugen» mit. Bekannt sind die Gesichter der beiden Urner aber auch aus der Werbung. «Wer immer uns will und uns bezahlt, zu dem gehen wir», sagt Biermeier und schmunzelt. «Wichtig ist aber immer, dass es uns auch Spass macht», so Zgraggen.

Dank Sponsoren ist das erste Projekt gesichert

Mit der Ganggo Company wollen Peter Zgraggen, Samuel Eisenring und Oliver Gerlitz einen aktiven Beitrag zur Theaterlandschaft leisten. Der Theaterverein wurde Anfang 2019 von den beiden Schauspielern und dem Bühnenmeister gegründet. Mit der politischen Fabel «Travis Pine – ein Mann des Volkes» von Sam Bobrick kommt das erste Stück auf die Bühne.

Am nun gestarteten ersten Projekt sind insgesamt zehn Personen beteiligt. Zu den wenigen eingangs beschriebenen Requisiten kommt bei den Auftritten denn auch noch einiges dazu. So gibt es Videos zu sehen und eigens für die Produktion komponierte Musik zu hören. Das alles geht ins Geld. Unterstützt wird das ehrgeizige Theaterprojekt unter anderem vom Kanton Uri, vom Kanton Zürich, vom Migros Kulturprozent und von verschiedenen weiteren Sponsoren.

«Wir freuen uns über das Interesse und die finanzielle Unterstützung», sagt Zgraggen. Seit Anfang Jahr sei das Team intensiv mit der Vorbereitung beschäftigt. Vieles sei Knochenarbeit. Doch nun kann er aufatmen: «Jetzt ist die Durchführbarkeit gesichert.» Nun beginne mit den Proben und dann mit den Aufführungen der schöne Teil der Arbeit: «Jetzt können wir kreativ werden.» Peter Zgraggen und Werner Biermeier sind denn auch schon voll in ihrem Element, auch wenn sie den Text noch aus dem Heft ablesen. «Mit unserem Theaterstück wollen wir Fragen aufwerfen und Diskussionen anregen», so Zgraggen. «Wir werden dann sehen, ob es dem Publikum gefällt oder nicht. Kalt lassen darf es sie aber keinesfalls.» Auch Biermeier hofft, dass das Stück bei den Zuschauern etwas auslöst: «Etwas ändern kann man beispielsweise, indem man wählen und abstimmen geht.»

Mit den notwendigen eher minimalistisch gehaltenen Mitteln will man beim Theaterspielen das Maximum herausholen. Werner Biermeier meint: «Reduced To The Max». Das Stück solle in den Köpfen der Menschen weiter drehen, so Zgraggen. Biermeier sagt: «Wir geben mit der Vorstellung der beiden Protagonisten für den Zuschauer den Rahmen. «Die Details kann sich jeder selber denken.» Es sei, wie wenn man ein Buch lese, da mache sich ja auch jeder seine eigenen Vorstellungen über die Menschen, die da vorkommen würden. «Eigene Gedanken sind auch bei uns durchaus erwünscht.»

Immer noch mit Urner Autonummern unterwegs

Der 39-jährige Peter Zgraggen wohnt in Zürich. Er bezeichnet sich aber nach wie vor als Heimweh-Urner. Der 58-jährige Werner Biermeier wohnt in Solothurn. Er sei ein Diaspora-Urner, sagt er von sich selbst, also einer, der in der Fremde lebt und immer noch mit dem Bergkanton verbunden ist. Beide haben heute denn auch nach wie vor eine Urner Nummer an ihrem Auto.

In sozialen Medien läuft es anders ab

«Das Stück ist zwar zwanzig Jahre alt, hat aber traurige Aktualität», sagt Regisseur Hansjörg Betschart. Heute würden die Diskussion über Facebook oder Twitter laufen. «In sozialen Medien etwas zu schreiben und jemandem den Stinkefinger zu zeigen, das ist eine ganz andere Situation, als wenn man dann plötzlich mit dem Auto unterwegs ist, unvermittelt nebeneinander am Rotlicht steht und einander ins Gesicht schaut», gibt sich Betschart überzeugt. «Travis Pine sagt, was er denkt. Doch manchmal wäre es besser nicht einmal zu denken, was er ausspricht.» Das politische Klima und der Umgangston würden uns alle betreffen. Gespielt wurde das Stück vor allem auch in der Türkei. In der Schweiz war es bisher noch nicht zu sehen. Die Ganggo Company sorgt nun dafür, dass sich das ändert.

Das Stück «Travis Pine – Ein Mann des Volkes» feiert am 15. November im «Turbine Theater» in Langnau am Albis (ZH) Premiere. Am 19. März 2020 kommen dann auch die Urner auf ihre Kosten mit einem Auftritt von Zgraggen und Biermeier im Theater Uri.

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