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Obwalden

Zwei Menzinger Schwestern schauen in Flüeli-Ranft zum Rechten

Seit 150 Jahren sind die Menzinger Schwestern in Flüeli-Ranft. Heute leben zwei Schwestern vor Ort – aber wie lange noch?
Schwester Lea Summermatter (links) und Schwester Ruth Walker. (Bild: Marion Wannemacher, Flüeli-Ranft, 25. Oktober 2019)

Marion Wannemacher

Sie gehören zur Geschichte von Flüeli-Ranft: Seit 150 Jahren dienen die Menzinger Schwestern im Bergdorf. 1869 übernahm die Ordensschwester Hermine Graf den Unterricht in der Kaplanei Flüeli. 30 weitere Schwestern folgten ihr, bis 1980 weltliche Lehrerinnen die Ordensfrauen ablösten. Menzinger Schwestern leben und arbeiten aber noch heute in Flüeli-Ranft.

Eben hat Schwester Lea Summermatter das Wohnhaus von Bruder Klaus aufgeschlossen. Die Nebelschwaden über den Melchtaler Bergen lösen sich auf, es verspricht ein klarer Herbsttag zu werden. «Es ist einfach wunderschön hier, von der Gegend her, den Einheimischen und der guten Nachbarschaft, ich habe spannende Aufgaben», erzählt Schwester Ruth Walker.

Gäste suchen Ruhe oder Orientierung

Sie lebt mit Schwester Lea Summermatter in einer Zweiergemeinschaft im ersten Stock der Alten Post. Beide sind in der Wallfahrt tätig, leisten ihren Dienst im Wohn- und im Geburtshaus von Bruder Klaus und nehmen auch Pilger oder andere Gäste in ihren zwei Gästezimmern auf. «Sie suchen für ein paar Tage Ruhe oder Orientierung, kommen bewusst wegen Bruder Klaus hierher oder wollen die Natur geniessen», erklärt Schwester Ruth. Es gebe ihr etwas, «wenn ich spüre, dass der Gast etwas findet, das ihm fürs Leben weiterhelfen kann».

Wie lange die beiden Schwestern noch in Flüeli-Ranft bleiben können, wissen sie nicht. Schwester Ruth Walker ist fast 75 Jahre alt, Schwester Lea Summermatter 83. «Solange es uns gesundheitlich gut geht und wir kräftemässig können», antwortet Schwester Ruth Walker.

Die aus Goldau stammende Schwester Ruth war von Schulzeit an von den Menzinger Schwestern, ihren Lehrerinnen, fasziniert und machte selbst eine Ausbildung als Lehrerin am Menzinger Seminar. Ihre Familie sei darüber wenig begeistert gewesen. «Mädchen heiraten doch sowieso» habe es geheissen. Nach sieben Jahren Tätigkeit «draussen» entschied sie sich dazu, in den Orden einzutreten. Die Lehrerin war unter anderem in der Erwachsenenbildung in Deutschland tätig und gehörte als Provinzrätin der Leitung ihres Ordens an. 2007 kam sie gemeinsam mit Schwester Lea nach Flüeli-Ranft. Abgesehen von der Laudes am Abend und am Morgen, dem liturgischen Gebet, leben sie keinen rituellen Klosteralltag. Sie tragen weltliche Kleidung und gelten als weltoffen. «Bei den Dorfanlässen sind wir dabei», erzählt Schwester Lea.

Beide werden noch immer von alten Flüelern auf Schwester Leonarda Helfenstein angesprochen, die von 1933 bis 1980 im Flüeli unterrichtete. «Sie war ein Urgestein», schmunzelt Schwester Lea. «Aber gelernt hat man schon etwas bei ihr», sagten viele. Die Lehrerinnen seien häufig als strenge Respektspersonen wahrgenommen worden.

Briefe von Bundesräten für Flüeler Dorfkinder

In den Kriegsjahren wurden die jüngeren Flüeler Kinder im Wohnhaus und die älteren im Geburtshaus unterrichtet, wie Tony Rohrer anlässlich eines Zeitungsberichts zum 100-Jahr-Jubiläum des Schulhauses gegenüber unserer Zeitung erzählte. Zimperlich mit disziplinarischen Massnahmen war man damals nicht. Für beide Schulhäuser zusammen habe es einen «Totzeschtäckä» für Schläge auf die ausgestreckten Hände gegeben. Den habe sich der Delinquent im Zweifelsfall selber holen müssen, erinnerte sich Rohrer.

Im Archiv sind auch zwei Dankesbriefe vom Sachseler alt Bundesrat Ludwig von Moos und dem ehemaligen Bundespräsidenten Philipp Etter an die Flüeler Schüler aufbewahrt. Diese hatten ihnen Grusskarten von ihrem Schulreisli aufs Rütli geschickt. «Und grüsst mir eure Lehrerinnen oder Lehrerin und macht ihnen so wenig Verdruss wie möglich. Wenn ich mal wieder nach Flüeli-Ranft komme und es ist grad Schulzeit, mache ich euch einen Schulbesuch», versprach Etter. Ob dieser je stattfand, ist nicht überliefert.

Zukunft des Ordens ist ungewiss

Diesen September feierte der Menzinger Orden sein 175-Jahr-Jubiläum. Viele Lehrerinnen wurden vom Kloster in abgelegene Gebiete der Innerschweiz gesendet. 1851 kam die erste Ordensfrau nach Giswil, 1852 eine weitere nach Sachseln. Die Zukunft des Ordens hängt von der Frage des Nachwuchses ab. Die jüngste Ordensschwester in der Schweiz ist 51 Jahre alt, Anwärterinnen nicht in Sicht.

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