notifications
Obwalden

Zusammenschluss bringt Obwaldner First Responder in Zugzwang

Der Anschluss der Obwaldner Ersthelfer an die «First Responder Zentralschweiz» ab 1. März hat zahlreiche Auswirkungen. Mehr Ersthelfer, Ausrüstung, Ausbildung und Geld werden nötig.
Sandra Schallberger, Vorstand von Härz fir Obwaldä. (Bild: Marion Wannemacher)
Responder Plus im Training mit Einsatzrucksack. (Bild: PD)
Bei der Verleihung waren Rolf Langenbacher (links), Präsident Härz fir Obwaldä, Gaby Vogler, die durch Reanimation gerettet werden konnte, und Bruno Thürig, Direktor Obwaldner Kantonalbank zugegen.
(Marion Wannemacher, (Lungern, 17. September 2020))

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

Die Stimmung im Verein Härz fir Obwaldä ist positiv und gleichzeitig kritisch. «Wir sind gespannt auf Neues, aber auch verhalten. Wir wissen noch nicht, wie es laufen wird ab 1. März», sagt Sandra Schallberger aus dem Vorstand des Trägervereins der Obwaldner Responder Plus. Seit elf Jahren engagiert sich die 45-Jährige aus Lungern gemeinsam mit Rolf Langenbacher für den koordinierten Einsatz von Erstrettern vor dem Eintreffen der Ambulanz. Sandra Schallberger ist Rettungssanitäterin HF, ihr Partner war bis 2018 langjähriger Leiter des Rettungsdienstes in Obwalden.

Die «weissen Flecken» auf der Obwaldner Landkarte wurden weniger, bis zu 160 Ersthelfer waren bis vor kurzem in neun Postleitzahlenkreisen tätig und gewährleisteten Hilfe, wo der Rettungswagen nicht einfach in ein paar Minuten vor Ort ist. Im Schnitt ist ein Ersthelfer innerhalb von fünf Minuten am Einsatzort, Minuten, die über Leben und Tod entscheiden können. Insgesamt konnten die First Responder Leben von zehn Menschen mit einem Herzstillstand in den vergangenen zwölf Jahren in Obwalden retten.

Dankbar für die Politiker, die sich für das bewährte System einsetzten

Durch den Zusammenschluss der Zentralschweizer Rettungssysteme wurde im Juli 2019 ein neues System eingeführt: die «First Responder Zentralschweiz». Doch was sollte jetzt mit dem bestehenden bewährten System in Obwalden passieren? Sandra Schallberger sagt:

«Ich bin heute noch den Politikern dankbar, die sich so für uns eingesetzt haben.»

Eine Interpellation hatte sich für den Erhalt der Ersthelferwesens engagiert. Aus den bisher als First Responder registrierten Ersthelfern werden nun also neu ab 1. März die «Responder Plus» (wir berichteten). Es wird in Obwalden parallel beide Systeme geben.

Die bisherigen Ersthelfer können nach dem neuen System arbeiten. Wie bisher werden sie durch die Sanitätsnotrufzentrale 144 Zentralschweiz aufgeboten, allerdings auch an anderen Orten als ihrem Postleitzahlenkreis, wenn sie sich dort ebenfalls registriert haben. Und wie bisher absolvieren sie jährlich zwei Fortbildungen sowie alle zwei Jahre einen Auffrischungskurs rund um das Thema Reanimation. Umgekehrt sind aber neu registrierte First Responder in Obwalden nicht automatisch Responder Plus. Diese nehmen an einem Basiskurs und einer offiziellen Infoveranstaltung teil.

Früher vor Ort bedeutet Hilfe ohne Zeitvergeudung

Warum braucht es immer noch zwei Systeme? «Wir sind der Meinung, wir gehen nicht erst zum Patienten, wenn er einen Herzstillstand hat», hält Sandra Schallberger fest. Ihr geht es darum, dass die Responder Plus auch bereits bei Eskalationsstufen vor dem Herz-Kreislauf-Stillstand beim Patienten sind, um möglicherweise Schlimmeres zu verhindern. Dies kann bei einem Hirnschlag, Krampfanfall, akuter Atemnot oder Thoraxschmerzen passieren. Sie erklärt:

«Oft kann schon eine richtige Lagerung verhindern, dass der Patient reanimationspflichtig wird, und falls er dies doch wird, ist der Responder Plus bereits vor Ort und kann sofort ohne Zeitverzug eingreifen.»

Jede Minute zähle, um Leben zu retten.

Die Zahlen geben ihr recht: Schallberger weiss aus einer eigenen Statistik, dass in den vergangenen zehn Jahren in 20 Fällen im Kanton reanimiert werden musste, obwohl die Ersthelfer nicht für Reanimation aufgeboten worden waren. «Darum sind wir der Meinung, wir gehen doch ein kleines bisschen früher», sagt sie schlicht.

Die Umstellung hatte Konsequenzen. «Der Systemwechsel hat Mitglieder gekostet», bedauert Sandra Schallberger.

«40 bisherige First Responder sind ausgestiegen, weil ihnen der Wechsel zu kompliziert war. Darunter sind viele ältere.»

Momentan gebe es aber bei allen Postleitzahlenkreisen, die bisher abgedeckt waren, weiterhin Responder Plus, die auch als First Responder bei Herzstillstand ausrücken.

Der Vorteil des neuen Systems für die Obwaldner liegt darin, dass es nun plötzlich First Responder in Regionen gibt, in denen vorher nicht ausgerückt wurde. Vielleicht wohnt jemand in Melchtal, arbeitet aber in Sarnen. Dann kann er dort auch als Ersthelfer eingesetzt werden. Mittels App werden beim Alarm die schnellsten drei First Responder, die in der Nähe des Einsatzes sind, ausgewählt und anhand einer App-Karte dorthin geführt. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass jemand in der Nähe ist, der helfen kann.

Vorstand denkt über ein Crowdfunding nach

Dafür werden plötzlich aber auch weitere Responder Plus und Ausrüstung wie Einsatzrucksäcke mit Defibrillatoren und Sauerstoff gebraucht, wo es vorher keine Einsatz-Alarme gab, eben «weisse Flecken». «Das bringt uns in Zugzwang», erklärt Sandra Schallberger.

«Wir brauchen Freiwillige, die bei uns im Verein mitarbeiten wollen.»

Auch die Ausbildung kostet Geld. Zu den weissen Flecken auf der Landkarte in Obwalden zählen Sarnen/Wilen, Ramersberg, Stalden, Kägiswil, Alpnachstad, Engelberg und Grafenort.

«Der mit 20'000 Franken dotierte Förderpreis für soziales Engagement der Obwaldner Kantonalbank im vergangenen Jahr hat uns angespornt, dass wir das schaffen», sagt Sandra Schallberger zuversichtlich.

Insgesamt werden 65'000 Franken benötigt, um den höheren Standard der Responder Plus überall im Kantonsgebiet zu platzieren und weiterhin zu gewährleisten. Wenn möglich, sollen noch weitere öffentliche AED, Defibrillatoren, installiert werden. «Wenn nur jeder Einwohner in Obwalden zwei Franken zahlen würde, hätten wir das Geld zusammen», überlegt sie laut. Im Vorstand denke man über ein Crowdfunding nach.




Kommentare (0)