notifications
Uri

Zum Schluss gab’s ein «Kafi avec»: So war der Chlaus in den 1970er-Jahren unterwegs

Der Samichlaus konnte schon 1918 keine Hausbesuche machen. In den 1970ern war er auch in Küchen unterwegs.
So präsentierten sich der Samichlaus und seine Schmutzli 1917. Ein Jahr später durfte er wegen der Grippe keine Hausbesuche vornehmen. (Bild: Verein Nächstenliebe / Staatsarchiv Uri)
Samichlaus und Schmutzli zu Besuch bei einer Urner Bauernfamilie im Jahr 1974. (Bild: Verein Nächstenliebe / Staatsarchiv Uri)

Felice Zenoni*

Felice Zenoni*

In Altdorf und Umgebung pflegen Mitglieder der «Nächstenliebe Altdorf» den Samichlausbrauch seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Aus bekannten Gründen dürfen der Samichlaus und seine Schmutzli die Kinder heuer nicht persönlich besuchen. Das war schon einmal der Fall: im Jahr 1918. Wegen der grassierenden Grippeepidemie konnten die Urner Kinder gar nicht oder nur in reduziertem Rahmen daheim besucht werden. Ein nostalgischer Blick zurück kann etwas über sein diesjähriges Ausbleiben in der warmen Stube hinwegtrösten.

Während der Recherchen zu meinem Dokumentarfilm über den Urner Künstler Heinrich Danioth habe ich mich vor einigen Jahren auch ausgiebig mit der Geschichte des Junggesellenvereins «Nächstenliebe Altdorf» und seinem Samichlaus-Brauch beschäftigt. Heinrich Danioth war in diesem Verein jahrelang eine treibende, kreative Kraft. 1929 entwarf er das blaue, noch heute für Altdorf typische Samichlausgewand. Die Skizze des Originalentwurfs wird heute im Staatsarchiv Uri gehütet, genauso wie weitere Dokumente und Fotos aus den Anfängen des 1901 gegründeten Männervereins.

Archivfoto erinnert an Gemälde Danioths

Bei der Durchsicht meiner Unterlagen, welche mir als Grundlage für den Dokumentarfilm über Heinrich Danioth dienten, bin ich dieser Tage auf ein Foto aus dem Jahr 1974 gestossen, das mich eigentümlich berührt hat und das es wert ist, einer breiten Leserschaft zugänglich gemacht zu werden. Es zeigt den Samichlaus mit Schmutzli in der Küche einer Urner Bauernfamilie. Die Utensilien an der Wand deuten klar auf den landwirtlichen Beruf hin. Der Hund und die Kleidung des Ehepaars sind dafür zwei weitere Indizien.

Die Kinder sind nicht mit auf dem Foto. So dürfte die Aufnahme wohl am Ende des Besuchs in der Küche bei einem «Kafi avec» entstanden sein. Die Kinder sind derweil vielleicht bereits im Bett, oder aber sie inspizieren für sich den Inhalt des erhaltenen «Samichläus-Päcklis». Das Fotodokument aus dem Urner Staatsarchiv erscheint wie ein Realität gewordenes Bild von Heinrich Danioth. Es erinnert etwa an die «Urner Bauernfamilie», ein Ölbild von 1939.

Erinnerung an den Geruch des Chlauses

Meine eigenen Kindheitserinnerungen an den Samichlaus beinhalten auch Gerüche. Der Duft des typischen, bedruckten «Chlaussäcklis», dessen Inhalt – vor allem die Erdnüsse und der Lebkuchen – mit ihm geruchlich wetteifert, kommen mir in den Sinn. Und auch der Duft des Nikolauses selbst: eine Mischung aus einem Gewand, das lange in einem Schrank oder Kasten gehangen haben muss, und Theaterschminke. Eine irdisch-himmlische Kombination.

*Hinweis: Felice Zenoni, geboren 1964 in Altdorf, ist Regisseur und Filmemacher.

Kommentare (0)